Diagnostik und Therapie der Endometriose sind nach wie vor komplex. Doch von der Grundlagenforschung über Künstliche Intelligenz bei der Diagnostik bis hin zu operativen, medikamentösen und komplementären Therapieformen gibt es Fortschritte. Dieses Update fasst den Status quo zusammen.
Die Endometriose ist eine der häufigsten benignen gynäkologischen Erkrankungen und betrifft Frauen in der reproduktiven Phase. Geschätzt werden mehr als 40 000 Neuerkrankungen pro Jahr, die Dunkelziffer dürfte deutlich höher liegen. Es besteht die zwingende Notwendigkeit einer noch früheren Diagnostik – und das betrifft heute nicht mehr ausschließlich die Laparoskopie, die viele Jahre als Goldstandard zur Diagnostik der Endometriose galt.
Anamnese
Bei einer Endometriosepatientin ist eine gezielte Anamnese extrem wichtig. Das fängt mit der Familienanamnese an. Hier ist zu erfassen, ob bereits Endometrioseerkrankungen bekannt sind, da es hier doch eine familiäre Häufung gibt. Mütter, die an Endometriose erkranken, sollten bei ihren Töchtern, die eine Symptomatik entwickeln, an eine Endometriose denken und damit eine frühere Diagnostik ermöglichen. Junge Patientinnen sollten das aktiv bei ihren Müttern erfragen.
Auch die klinischen Symptome sind genauestens zu hinterfragen. Hierzu können die Patientinnen inzwischen entsprechende Fragebögen auf den Webseiten der Selbsthilfegruppen oder Fachgesellschaften nutzen. Im Patientinnengespräch sollte dann gezielt nach den 4 „D“s der Endometriose gefragt werden – Dysmenorrhoe, Dysurie, Dyschezie und Dyspareunie.
Oft entwickeln die Patientinnen im weiteren Verlauf auch azyklische Unterbauchbeschwerden. Blasen- und Darmbeschwerden bis hin zur Hämaturie und Hämatochezie sind ein Hinweis für eine fortgeschrittene Endometriose mit Befall der Nachbarorgane. Die Schmerzintensität sollte immer dokumentiert werden, am besten mithilfe von Schmerz-Skalen. Typischerweise berichten Patientinnen dann über 4–7 Tage starke Schmerzen, die analgetikapflichtig sind (VAS 10 bzw. NRS 10).
Vorausgegangene hormonelle Therapien sind ein weiterer Hinweis. Oft haben Patientinnen unter der Verdachtsdiagnose primäre Dysmenorrhoe kombinierte orale Kontrazeptiva angewendet, was vorübergehend zu einer Reduktion der Schmerzen geführt hat. Längerfristig treten die Schmerzen dann oft erneut wieder auf. Des Weiteren gibt es Patientinnen, die wegen Nebenwirkungen der kombinierten oralen Kontrazeptiva oder auch wegen einer Hormonphobie, die ja allgemein zunimmt, die Therapie beendet haben, und sich dann die Schmerzsituation wieder verschlechtert.
Diagnostik
Während vor vielen Jahren in jedem Fall die Laparoskopie der Goldstandard war, ist es heute eher üblich, zunächst eine nicht invasive Diagnostik durchzuführen, da in vielen Fällen zunächst auch eine medikamentöse Therapie erfolgen kann. Nur in wenigen Situationen ist eine invasive Diagnostik mit gleichzeitiger operativer Therapie erforderlich.
Klinische Untersuchungen
Bei der klinischen Untersuchung ist zu beachten, dass bei der Spiegeleinstellung zweiblättrige Spekula benutzt werden. Dies wird explizit auch in den Leitlinien so hervorgehoben, um auch rektovaginale Knoten in der Scheide zu erkennen. Die Palpation ist für die Patientinnen oft schmerzhaft. Hier sollte neben der Beweglichkeit des Uterus auch gezielt das Blasendach und der Douglas palpiert werden. Häufig finden sich sehr narbige und hochdolente Sakrouterinligamente. Dies korreliert meist mit den klinischen Beschwerden der Patientin (Dyspareunie und Dyschezie). Eine rektale Untersuchung ist insbesondere bei Patientinnen, die über Dyspareunien und Dysurien klagen, zwingend notwendig. Ein palpatorischer Ovarialtumor kann ein Hinweis auf ein Endometriom sein.
Sonografie
Die Vaginalsonografie ist ein unerlässliches diagnostisches Tool. Hier gibt es vielfältige Möglichkeiten, die sich in den vergangenen Jahren verbessert haben. Nicht zuletzt bietet deshalb auch die Arbeitsgemeinschaft Endometriose aktuell entsprechende Sonografiekurse, die sich speziell mit der sonografischen Diagnostik der Endometriose und Adenomyosis beschäftigen, an. Allerdings gibt es hier Einschränkungen. Die Peritonealendometriose ist sonografisch nicht darzustellen.
Am Ovar zeigen sich sonografisch oft typische Befunde von Schokoladenzysten. Hier ist darauf zu achten, inwieweit suspekte Strukturen bestehen, vor allem bei perimenopausalen Patientinnen. Des Weiteren lassen sich auch rektovaginale Knoten darstellen, insbesondere wenn man zuvor schon ein palpatorisches Korrelat festgestellt hat.
Ausgedehntere Herde, die die Blase betreffen, sind vaginalsonografisch ebenfalls gut darzustellen (Abb. 1). Des Weiteren gibt es typische Befunde bei einer Adenomyosis, die sich bei bis zu 80 % der Endometriosepatientinnen findet. Die präoperative Diagnostik der Adenomyosis ist auch relevant für eine Therapieplanung (z. B. intraoperative Einlage eines 52-mg-LNG-IUS).
Weiterführende Untersuchungen
Besteht der Verdacht auf eine Blasenendometriose, ist eine Zystoskopie hilfreich. Für die Diagnose der tief infiltrierenden Endometriose, z. B. rektovaginal, ist die transrektale Sonografie hilfreich. Bei Patientinnen mit einem fortgeschrittenen Befund ist auch die Rekto- bzw. Koloskopie erforderlich, wobei die Endometriose nur bei einem Befall der Mukosa darstellbar ist.
Die MRT-Untersuchung sollte immer mit einer konkreten Fragestellung indiziert werden, weil sie auch von den Patientinnen häufig kritisch hinterfragt wird. Eine Peritonealendometriose ist auch im MRT nicht darstellbar. Ausgedehnte infiltrative Herde (rektovaginale Knoten, Blasenendometriose) sind dagegen jedoch gut darstellbar.
Für die Diagnostik der Adenomyosis hatte das MRT bislang einen hohen Stellenwert. Allerdings ist das mit den Verbesserungen in der Sonografie, einschließlich 3D-Sonografie, heute auch gut sonografisch möglich. Das MRT ist nur noch bei ausgewählten Situationen erforderlich, etwa wenn es um die Differenzialdiagnostik von Adenomyosis oder Myome vor der Planung ausgedehnter organerhaltender Operation bei einer Adenomyosis (Osada-Plastiken) geht.
Weitere diagnostische Parameter
Serologische Parameter haben in der Diagnostik leider keine Relevanz. Auch die Bestimmung von Tumormarkern wie CA-125 sollte nur mit einer gezielten Fragestellung erfolgen, z. B. bei sonografisch suspekten Ovarialbefunden. Das führt sonst zu einer Verunsicherung der Patientinnen, da diese Werte (CA-125) auch bei Vorliegen einer Endometriose oder einer Adenomyosis moderat erhöht sein können.
Der Endometriumspeicheltest nährte insbesondere bei den Patientinnen die Hoffnung, mit einer sehr einfachen Methode eine sichere Diagnostik durchzuführen. In Deutschland wird der Test aktuell nicht von den Krankenkassen übernommen und ist daher nur in ausgewählten Situationen als eine ergänzende Untersuchung zu empfehlen. Eine ausführliche Darstellung dazu finden Sie in diesem Heft im Beitrag von Dr. Olmes auf den Seiten 16–17.
Therapie
In den meisten Fällen kann zunächst eine medikamentöse Therapie eingeleitet werden. Ausgenommen sind Patientinnen, bei denen ein aktueller Kinderwunsch besteht. Hier ist dann eher zu entscheiden, inwieweit eine operative Therapie erfolgen muss oder direkt reproduktionsmedizinische Maßnahmen sinnvoll sind. Dies ist von weiteren Faktoren wie Alter der Patientin, Vorgeschichte usw. abhängig. Bei Patientinnen mit Obstruktionen von Blase, Darm oder Ureter ist eine primäre Operation meist unumgänglich, ebenso wenn hormonelle Therapien bereits ausgereizt wurden (Abb. 2 und 3).
Therapie der Peritonealendometriose
Bei der Peritonealendometriose ist, wie erwähnt, die Diagnostik schwierig. Wenn aber typische anamnestische oder klinische Hinweiszeichen bestehen, sollte zunächst eine primäre hormonelle Therapie erfolgen. Hier sind die Gestagene, bevorzugt Dienogest, auch in den Leitlinien aufgrund der Datenlage, die 1. Wahl. Andere Gestagene wie Drospirenon können alternativ eingesetzt werden, auch wenn es sich um einen Off-Label-Use handelt. Treten gestagenbedingte Nebenwirkungen auf, ist zu überlegen, ob ein kombiniertes orales Kontrazeptivum angewendet werden könnte. Nur wenn unter der hormonellen Therapie die Beschwerden persistieren oder Nebenwirkungen eine Langzeitanwendung limitieren, ist eine laparoskopische Abklärung notwendig, um ggf. andere Ursachen der Beschwerden mitzubehandeln, wie Adhäsionen als Folge der Endometriose.
Therapie der ovariellen Endometriose
Bei der ovariellen Endometriose ist zunächst eine Malignität sonografisch auszuschließen, welche aber in der Perimenopause relativ selten ist. Insbesondere bei jungen Patientinnen sollte eine Operation zunächst vermieden werden. Bei Patientinnen, die keinen Kinderwunsch und keine Schmerzen haben und deren Endometriome nicht zu groß sind – ein definiertes Größenlimit gibt es leider nicht –, kann auch konservativ behandelt werden. Die Daten zeigen, dass es durch eine Dienogest-Anwendung zu einer Reduktion sogar von bilateralen Endometriomen kommt.
In Fällen, in denen eine Therapieresistenz besteht, die Endometriome sehr groß sind und die Patientinnen starke Schmerzen haben, muss operiert werden. Allerdings sollte hier möglichst schonend operiert werden, da es doch zur Destruktion von funktionstüchtigem Ovargewebe kommen kann und nachfolgend das AMH abfällt. Vor allem bei jungen Patientinnen sollten Endometrioseoperationen an Ovarien deshalb erfahrenen Operateuren vorbehalten sein.
Neuere Techniken versuchen, die Gefahr der Ovardestruktionen zu reduzieren. So ist die Sklerotherapie mit Alkoholinstillation eine wiederentdeckte Methode. Es sollte jedoch immer eine adjuvante hormonelle Therapie nach solchen Operationen angeschlossen werden, um ein Rezidiv zu vermeiden. In großen Metaanalysen zeigte sich, dass das Rezidivrisiko bei der adjuvanten Anwendung von Dienogest nach Endometriomentfernung nur im Bereich von 2–4 % innerhalb von 5 Jahren liegt.
Therapie der tief infiltrierenden Endometriose
Solange keine Obstruktion vorliegt, kann eine Reduktion der Schmerzsymptomatik durch eine hormonelle Therapie versucht werden. Bei der Blasenendometriose können durch Dienogest die Herde teilweise oder komplett behandelt werden. Wenn doch eine Operation durchgeführt werden muss (Blasenteilresektion), ist dies dann oft in einem deutlich geringeren Umfang erforderlich (Abb. 4). Bei tief infiltrierenden Endometriosen kommt es in den ersten Monaten oft zu keiner Reduktion der Größe des Knotens, aber zu einer Reduktion der Symptomatik. Bei der medikamentösen Therapie einer tief infiltrierenden Endometriose sollten regelmäßige Nierensonografien vermeiden, dass es zu einer Progredienz kommt, die mit einer Ureterstenosierung und Nierenstau einhergehen kann.
Therapie der extragenitalen Endometriose
Die extragenitale Endometriose ist eher selten (z. B. Endometriose in Sectionarben oder auch in Trokareinstichstellen). Hier ist eine medikamentöse Therapie wenig Erfolg versprechend, sodass hier eine Exzision der Herde erfolgen sollte. Mitunter ist es schwierig, die Herde aufzufinden. Deswegen ist eine präoperative Markierung gelegentlich sinnvoll sowie eine optimale Wahl des Operationszeitpunktes – z. B. während der Menstruation, wenn die Knoten gut zu lokalisieren sind.
Therapie der Adenomyosis
Auch die Adenomyosis kann mit oralen Gestagenen behandelt werden. Allerdings ist es in der klinischen Praxis oft so, dass die Blutungsstörungen die Anwendung dann limitieren und ggf. mit einer etwas höher dosierten Dienogest-Therapie begonnen werden muss. Als Alternative sollte hier bei Patientinnen, die eine längere Therapie brauchen, ein 52-mg-LNG-IUS (Mirena® oder Levosert®) als Therapieoption in Betracht gezogen werden. Bei einem therapeutischen Einsatz sind diese den niedriger dosierten IUS vorzuziehen. In ausgewählten Fällen, wenn eine ausgeprägte Adenomyosis und eine ausgedehnte Peritonealendometriose vorliegen, kann auch eine Kombination des 52-mg-LNG-IUS mit einem Gestagen (bevorzugt Dienogest) sinnvoll sein.
Neue Therapieoptionen
Orale GnRH-Antagonisten werden in Zukunft eine größere Rolle in der Endometriosetherapie spielen. In den USA ist mit Elagolix bereits seit Längerem ein entsprechendes Präparat zugelassen. In Deutschland gibt es seit mittlerweile 2 Jahren Erfahrungen mit der Relugolix-Kombinationstherapie (Relugolix-CT) in der Therapie symptomatischer Myome. Inzwischen hat die Europäische Arzneimittel-Agentur für Relugolix eine Zulassungserweiterung bestätigt, sodass im nächsten Jahr auch mit einer Zulassungserweiterung in Deutschland zu rechnen ist.
Relugolix-CT dürfte dann als Zweitlinien-Medikament in der Therapie der Endometriose einen hohen Stellenwert haben. In zwei größeren Studien (Spirit-Studien) konnte nachgewiesen werden, dass es hier zu einer signifikanten Reduktion der Dysmenorrhoe, aber auch von nicht menstruellen Unterbauchbeschwerden kommt. Durch die integrierte Add-back-Therapie (1 mg Estradiol und 0,5 mg Norethisteronacetat) ist eine Langzeitanwendung möglich, und die Nebenwirkungsrate ist auch in den Studien gering, wie wir dies schon von der Myomtherapie kennen.
Somit dürfte ein Medikament zur Verfügung stehen, das insbesondere dann eine neue Option darstellt, wenn eine Gestagen-Therapie mit Dienogest nicht erfolgreich ist. Einen besonderen Stellenwert dürfte das Medikament auch dann haben, wenn eine Ko-Inzidenz von Erkrankungen vorliegt, etwa wenn sowohl eine Adenomyosis als auch eine Endometriose bestehen, oder bei Patientinnen, bei denen sowohl Myome als auch eine Endometriose diagnostiziert wurden. Somit wird Relugolix-CT weitere medikamentöse Therapieoptionen eröffnen. Auch ein weiteres Gestagen, Drospirenon, befindet sich in der klinischen Testung zur Therapie der Endometriose. Oft wird es schon off-label in der Praxis angewandt.
Die Diagnostik der Endometriose mit einer umfassenden klinischen und bildgebenden Untersuchung ist heute oft zielführend, sodass es in den meisten Fällen keiner primären Laparoskopie mehr bedarf. Medikamentöse Therapien sind in der Erstlinie sehr erfolgreich. Nur bei Versagen von medikamentösen Therapien oder speziellen Indikationen (Organdestruktion, extragenitale Endometriose) ist eine Operation erforderlich, ebenso bei Kinderwunschpatientinnen. Neue Therapieoptionen wie die GnRH-Antagonisten-Kombinationstherapie werden die Möglichkeiten weiter optimieren, um die Zahl von Eingriffen bei Endometriosepatientinnen weiter zu reduzieren.
Der Autor
Prof. Dr. med. Thomas Römer
Chefarzt der Frauenklinik in Köln-Weyertal
Herausgeber des Journals DER PRIVATARZT GYNÄKOLOGIE
Literatur beim Autor
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