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Abrechnung

Abrechnen nach GOÄ

Diagnose der Migräne mittels Ausschlussverfahren

Dr. med. Dr. rer. nat. Peter Schlüter

Migräne ist eine komplexe Erkrankung, die neben den bekannten Symptomen wie Übelkeit und Lichtempfindlichkeit auch mit Angststörungen und Depressionen einhergeht. Die Berechnung psychotherapeutischer Maßnahmen stellt hier kein Problem dar.

Trotz intensiver Forschungen herrscht bislang keine Klarheit bezüglich der Ursachen der Migräne. Diskutiert werden spezielle – individuell unterschiedliche – Trigger. Solche inneren oder äußeren Reize können beispielsweise bestimmte Nahrungsmittel oder Alkoholika, Stressfaktoren, Änderungen im Tagesablauf, Schlafmangel, Lärm, Wetterveränderungen, Medikamente oder auch hormonelle Schwankungen (z. B. Regelblutungen) sein. Weitere Vermutungen beziehen sich auf Störungen neurologischer Art: Die Blutgefäße im Gehirn können sich nicht richtig der jeweiligen Situation anpassen oder Neurotransmitter, wie z. B. Serotonin, können durch Funktionsstörungen der Nervenzellen im Bereich des Hirnstamms zu Überreaktionen führen. Andere Überlegungen gehen davon aus, dass der Migräne funktionelle Störungen im vegetativen/hormonellen System des Menschen zugrunde liegen.


Diagnostisches Vorgehen

Differenzialdiagnostisch ist zu unterscheiden zwischen dem Spannungskopfschmerz, dem Clusterkopfschmerz, dem Migränekopfschmerz und sonstigen Kopfschmerzen. Die Geschlechterverteilung liegt bei diesen Beschwerden bei etwa 4:1 zugunsten der Frauen. Schon alleine aufgrund der Häufigkeit dieses Symptoms ist weder der Kopfschmerz an sich noch die Migräne im Besonderen als Bagatelle abzutun. Leider ist das Vorurteil, dass Migräne bei Patientinnen eine harmlose „Unpässlichkeit“ sei, immer noch sehr stark verbreitet. Der Migränekopfschmerz bzw. die Migräneattacke ist von hemikranieller (seltener holokranieller), heftiger, pulsierender bis stechender Qualität. Typisch für die Migräneattacke sind Begleitsymptome wie Übelkeit, Erbrechen, Licht- und Lärmempfindlichkeit etc.


Therapieoptionen

Die Therapie der Migräne umfasst zum einen die Behandlung des akuten Migräneanfalls und zum anderen die dauerhafte Prophylaxe. Letztere besteht in der Vermeidung der Auslösefaktoren sowie in der Reduktion der Anfallsbereitschaft durch Verhaltensänderung und/oder Medikamente. Die verhaltensmedizinische Vorbeugung der Migräne ist für alle Betroffenen die Basis der Behandlung. Sie zielt auf die Beseitigung von aggravierenden Faktoren (psychosozialer Stress, häufiger Alkoholkonsum oder Umweltfaktoren) und von Triggerfaktoren. Bei der überwiegenden Zahl der Patienten sind Migräneattacken ausschließlich mit Analgetika und Antiemetika erfolgreich zu bekämpfen. Ein kleinerer Teil der Patienten mit definitionsgemäß schweren Attacken benötigt hingegen regelmäßige medikamentöse wie auch Gesprächstherapien.


DER FALL: Massive, einseitige Kopfschmerzen und erbrechen

58-jähriger, leicht übergewichtiger Patient (178 cm, 91 kg) stellt sich mit massiven, schläfenbetonten, einseitigen Kopfschmerzen notfallmäßig am Samstag gegen 10:30 Uhr vor. Lichtempfindlichkeit und leichte Übelkeit mit einmaligem Erbrechen werden angegeben. Der Patient berichtet über beruflichen Stress und damit verbundene Schlafstörungen sowie physische und psychische Belastung. Bekannt sind eine Hypercholesterinämie und eine Hypertonie, die stabil eingestellt ist. Die Diagnostik beginnt mit einer differenzierten Anamnese und einer speziellen Schmerzanam­nese, um symptomatische bzw. andere Kopfschmerzen abgrenzen zu können. Differenzial-­diagnostisch sollen eine Depression, psychische oder physische Belastungssituationen mit Konversionssymptomatik sowie eine vertebragene Ursache ausgeschlossen werden. Die körperliche Untersuchung und die Erhebung des neurologischen Status erhärten die anamnestisch erhobenen Befunde. Die Migräne ist bei dem Patienten schon seit Jahren bekannt, sodass bei der Intensität des offensichtlichen Migräneanfalles auf einen weiterführenden Untersuchungsgang verzichtet wird. Nach dem explorativen Gespräch wird mit dem Patienten eine Infusions­therapie mit entsprechenden medikamentösen Zusätzen zur Anfallskupierung besprochen und durchgeführt. Am Montag soll die Wiedervorstellung erfolgen.



Der Patient berichtet beim zweiten Termin über eine spürbare Besserung. Die Migräneanfälle seien nicht so heftig gewesen und er habe auch weniger Anfälle gehabt. Mit dem Patienten wird ein intensives therapeutisches Gespräch geführt. Er soll lernen, die Anzeichen eines Anfalles zu erkennen, um rechtzeitig reagieren zu können. Darüber hinaus zielen solche therapeutischen Gespräche grundsätzlich darauf ab, dass Patienten ein besseres Verständnis für ihre Erkrankung entwickeln.

Da der Patient sehr positiv auf das Gespräch reagierte, wurden weitere Gesprächstermine vereinbart. Für die Diagnostik und Therapie von psychischen bzw. psychosomatischen Ursachen der Migräne stehen in der GOÄ die Leistungen nach den GO-Nrn. 801, 804, 806 und 849 zur Berechnung zur Verfügung. Im Gegensatz zur Abrechnung im Rahmen der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV) nach dem einheitlichen Bewertungsmaßstab (EBM) bedarf es bei Privatpatienten keiner gesonderten Genehmigung für die Berechnung der psychotherapeutischen Behandlung.

Der Autor

Dr. med. Dr. rer. nat. Peter Schlüter
Arzt für Allgemeinmedizin
Arzt für Naturheilverfahren
76684 Tiefenbach
schlueter@vital-arzt-praxis.de
www.vital-arzt-praxis.de

Dr. Dr. Peter Schlüter ist promo­vierter Naturwissenschaftler und ­Mediziner. Seit 1982 ist er als Arzt für Allgemein­medizin mit betriebs­­wirtschaftlich ­opti­mierter Praxis nieder­gelassen. Als Berater zu allen ­Fragen der Praxisorganisation, Praxis­manage­­ment und ­Abrechnung ist er seit 1987 tätig.

Bildnachweis: privat

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