Die typischen Symptome einer diabetischen Neuropathie wie Missempfinden und Schmerzen in den Extremitäten schränken die Lebensqualität oft erheblich ein. Zudem erhöht die Erkrankung das Risiko für Komplikationen sowie die Mortalität. Eine Schmerztherapie hat nicht immer den gewünschten Effekt.
Jeder dritte Diabetiker entwickelt im Verlauf der Erkrankung eine diabetische Neuropathie. Diese ist keineswegs eine Spätkomplikation des Diabetes mellitus. Denn zum Zeitpunkt der Diagnose besteht bei einigen Typ-2-Diabetespatienten schon jahrelang eine Hyperglykämie bzw. eine gestörte Glucosetoleranz. Deshalb kann bei Erkennen des Diabetes die diabetische Neuropathie bereits präsent sein.
So wurde z. B. in einer deutschen Studie bei jeder vierten älteren Person mit Prädiabetes eine sensomotorische Polyneuropathie (DSPN) nachgewiesen [1]. Vor allem bei einem gleichzeitigen Bestehen einer gestörten Nüchternglucose und Glucosetoleranz ist die Prävalenz einer DSPN und einer kardiovaskulären autonomen diabetischen Neuropathie (KADN) erhöht [2]. Die Deutsche Diabetes Gesellschaft empfiehlt ein Screening auf eine DSPN und/oder KADN bei Patienten mit Typ-2-Diabetes bei der Diabeteserstdiagnose und bei Patienten mit Typ-1-Diabetes spätestens fünf Jahre nach Diagnosestellung [3]. Zum Screening auf DSPN gehören eine Anamnese, Inspektion und klinische Untersuchung der Füße, Erfassung der neuropatischen Symptome und Defizite sowie einfache neurologische Tests. Generell gilt, dass neuropathische Schmerzen während der Nacht zunehmen und so den Schlaf, aber auch die Tagesaktivitäten beeinträchtigen können. Um die Intensität zu beurteilen, kann die numerische 11-Punkte-Likert-Skala oder eine visuelle Analogskala verwendet werden.
Reparatur geschädigter Nerven
Abhängig von der Intensität der Schmerzen und vom individuellen Risikoprofil sollte das am besten für den Patienten geeignete Medikament ausgewählt werden. Zur symptomatischen Schmerzbehandlung werden als Analgetika der ersten Wahl, beispielsweise Antikonvulsiva (u. a. Gabapentin) und Antidepressiva (u. a. Duloxetin), verwendet. Außerdem kommen Tramadol und stärkere Opioide infrage. Zudem können topische Analgetika eingesetzt werden; herkömmliche Analgetika wie nicht steroidale Antirheumatika (NSAR) sind bei neuropathischen Schmerzen nicht geeignet. Da eine symptomatische Schmerztherapie mitunter nicht die gewünschte Wirkung erzielt, aber Nebenwirkungen haben kann, erwägen viele Patienten Alternativen wie die ergänzende Einnahme von Mikronährstoffen. Hierbei kommt dem Vitamin B12 eine tragende Rolle zu, denn nicht selten besteht ein Mangel an Cobalamin. So beeinflusst das bei vielen Typ-2-Diabetikern verordnete Standarddiabetikum Metformin nicht nur den Glucose-Stoffwechsel, sondern erhöht bei Langzeiteinnahme das Risiko für einen Vitamin-B12-Mangel [4]. Eine hochdosierte orale Vitamin-B12-Supplementation kann mit Folsäure und Uridinmonophosphat ergänzt werden. In dieser Kombination bieten die Nährstoffe das passende Umfeld für körpereigene Reparaturvorgänge geschädigter Nerven.
1 Bongaerts BW et al., Diabetes Care 2013; 36: 1141–6
2 Ziegler D et al., Diabetologia 2015; 58: 1118–28
3 Neu A et al., DDG-Praxisempfehlung Diabetologie und Stoffwechsel. Aktualisierte Version 2020
4 Chapman et al., Diabetes metab 2016; DOI 10.1016/j.diabet.2016.03.008