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Diabetes / Neurologie

Hochdosiertes Capsaicbei diabetischer peripherer Neuropathie

1.7.2024

Ziel einer Studie der Arbeitsgruppe um PD Dr. med. Michael Überall (Nürnberg) ist die Analyse von anonymisierten Routinedaten einer Kohorte von Personen mit diabetische periphere Neuropathie (pDPN)pDPN aus dem PraxisRegister Schmerz, um den Effekt wiederholter Behandlungen mit hochkonzentriertem Capsaicin-Pflaster (HCCP, 179mg) über einen Zeitraum von bis zu 12 Monaten auf neuropathische Schmerzen, Einschränkung der Lebensqualität und Suizidalität zu evaluieren. Die jetzt bei dem Deutschen Diabeteskongress präsentierten Ergebnisse bestätigen die Wirksamkeit der HCCP-Behandlung in der klinischen Praxis.

Für die retrospektive Kohortenanalyse wurden die Daten von Personen mit bekannter pDPN ausgewählt, die mindestens eine HCCP-Behandlung erhielten und über 12 Monate nachbeobachtet wurden. Die Effektivitätsanalysen fokussieren sich auf Veränderungen bei jeder aufeinanderfolgenden Behandlung in Bezug auf 1.) die durchschnittliche maximale 24-Stunden-Schmerzintensität (HPI, 0-100 mm), 2.) die schmerzbezogene Lebensqualität gemäß dem Fragebogen zur Beeinträchtigung der Lebensqualität durch Schmerzen (QLIP) und 3.) das Ausmaß von Suizidgedanken.

Insgesamt wurden die Daten von 826 Patienten mit pDPN in die Studie aufgenommen und ausgewertet. Von diesen waren 51% weiblich, das mittlere Alter betrug 66,8 Jahre mit einer Schmerzdauer von durchschnittlich 5 Jahren. Alle 826 Patienten erhielten HCCP, 653, 464 bzw. 279 eine zweite, dritte oder vierte Behandlung im Abstand von durchschnittlich 12 Wochen. Nach der ersten bis vierten Behandlung sanken die HPI-Werte von anfänglich 76,6 jeweils auf 53,4, 52,1, 51,6 bzw. 51,7. Insgesamt erreichten 51,7%, 61,4%, 61,2% bzw. 60,9% der Patienten und Patientinnen eine Reduktion des mittleren HPI-Werts um ≥ 30% im Vergleich zum Ausgangswert. Der Anteil der Personen mit klinisch relevanten schmerzbedingten Einschränkungen (QLIP-Score<20) verringerte sich im Behandlungsverlauf von 82,7% zu Beginn auf 63,4%, 43,5%, 27,6% bzw. 16,8%. Gleichzeitig sank der Anteil der Personen mit Suizidgedanken von 31,7% auf 17,4%, 5,9%, 2,4% bzw. 0,7%. Alle Parameter zeigen eine signifikante Reduktion im Vergleich zum Ausgangswert (p<0,001).

Aus Sicht der Forschungsgruppe unterstützen diese Studienergebnisse die Wirksamkeit einer HCCP-Behandlung bei Patienten und Patientinnen mit pDPN in der klinischen Praxis. Die signifikante Verringerung von Schmerzintensität, schmerzbedingten Einschränkungen und Suizidgedanken legt nahe, dass HCCP nicht nur Schmerzen lindern, sondern auch die Lebensqualität und psychische Gesundheit verbessern kann. Die besten Ergebnisse wurden bei Personen beobachtet, die bis zu 4 Behandlungen innerhalb von 12 Monaten erhielten.

Hintergrund: Capsaicin bzw. 6-Nonenamid, N-[(4-Hydroxy-3-methoxyphenyl)methyl]-8-methyl, (6E) ist ein hochselektiver Agonist für den TRPV1-Rezeptor (transient receptor potential vanilloid 1). Der Ersteffekt von Capsaicin ist die Aktivierung von TRPV1-exprimierenden kutanen Nozizeptoren, was zu Stechen und Erythem durch Freisetzung von vasoaktiven Neuropeptiden führt. Nach der Capsaicin-Exposition werden die kutanen Nozizeptoren weniger empfindlich für verschiedene Reize. Diese späteren Wirkungsstadien von Capsaicin werden häufig als „Desensibilisierung“ bezeichnet und liegen vermutlich der Schmerzlinderung zugrunde. Es wird erwartet, dass Wahrnehmungen von nicht-TRPV1-exprimierenden Hautnerven unverändert bleiben, einschließlich der Fähigkeit, mechanische Reize und Vibrationsreize wahrzunehmen. Die durch Capsaicin induzierten Veränderungen in den kutanen Nozizeptoren sind reversibel, und es ist berichtet und beobachtet worden, dass die normale Funktion (die Wahrnehmung von schädlichen Empfindungen) bei gesunden Probanden innerhalb weniger Wochen wiederkehrt (nach EMA-Informationen).

Michael A. Überall et al.: Wirkung des hochkonzentrierten (179 mg) Capsaicin-Pflasters (HCCP) auf neuropathische Schmerzen, Lebensqualität und Suizidalität bei Patienten mit schmerzhafter diabetischer peripherer Neuropathie: Ergebnisse einer 12-monatigen retrospektiven Kohortenstudie in Deutschland (DOI: 10.1055/s-0044-1785398). Posterpräsentation beim Diabetes Kongress 2024, Motto „Diabetes. Umwelt. Leben. Perspektiven aus allen Blickwinkeln“, Berlin 8.-11. Mai 2024. Veranstalter: Deutsche Diabetes Gesellschaft (DDG), Berlin.

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