Im März 2023 erschien die erste S1-Leitlinie zu superfiziellen Leiomyosarkomen (SLMS), die mit einem Anteil von 2–3 % an allen kutanen Sarkomen eine seltene und spezielle Gruppe darstellen [1,2]. Trotz spärlicher Evidenz wird ein erster Überblick über Subgruppen, therapeutische Möglichkeiten und Prognosekriterien gegeben.
SLMS treten bevorzugt bei älteren Menschen auf. Sie kommen sporadisch oder selten im Zuge von Syndromen (z. B. Reed-Syndrom) vor [1,3,4]. Ihren Ursprung haben sie in glatten Muskelzellen (Wände subkutaner Blutgefäße, dermale Haarbälge, Tunica dartos im Genitalbereich). Man unterscheidet dermale (kutane) und subkutane SLMS. Während der dermale Subtyp häufiger bei Männern auftritt (m : w = 3 : 1), zeigt der subkutane sich bei beiden Geschlechtern gleich häufig.
Histopathologie als Diagnostik-Standard
Klinisch imponieren SLMS als schmerzhafte, erythematöse bis bräunliche, bis 3 cm große Tumorknoten (Abb. 1 a), v. a. an Kopfhaut, Rumpf und unteren Extremitäten. Subkutane SLMS können auch größer sein. Eine sichere Abgrenzung zu gutartigen Leiomyomen der Haut ist nur histopathologisch möglich. Subkutane SLMS weisen dabei häufiger eine stärkere Entdifferenzierung (G2/G3) auf als dermale (meist G1). Seltene Varianten können für den Pathologen eine Herausforderung darstellen (z. B. myxoide SLMS) [1,2]. Zur In-vivo-Bildgebung liegen nur wenige Daten vor. Die Dermatoskopie kann bei der Diagnosestellung hilfreich sein, ist aber nicht hinreichend spezifisch (Abb. 1 b). Zu den Eigenschaften von SLMS bei Sonografie, in-vivo-mikroskopischen Techniken oder optischer Kohärenztomografie ist wenig bekannt. Inwieweit Schnittbildverfahren (CT, PET-CT, MRT) im Zuge des Stagings zum Einsatz kommen sollten, bleibt in der Leitlinie unbeantwortet. Die wenigen Daten aus der Literatur weisen aber darauf hin, dass diese v. a. bei den stärker zur Metastasierung neigenden subkutanen SLMS standardmäßig sinnvoll seien [1-3].
Subtypen zeigen unterschiedliche Prognose
Eine befriedigende Einteilung im Sinne einer TNM-Klassifikation existiert für SLMS nicht. Sie erfolgt in Anlehnung an andere Weichteilsarkome, was hinsichtlich der Unterschiede der SLMS-Subtypen mit völlig verschiedener Prognose jedoch als inadäquat bezeichnet werden muss. Die höhere Gefährlichkeit der subkutanen SLMS spiegelt sich in der schlechteren 10-Jahres-Überlebensrate im Vergleich zu den dermalen SLMS wider (81 % vs. 100 % krankheitsspezifisches Überleben). Metastasen wurden in Studien praktisch ausschließlich bei subkutanen SLMS beobachtet. Registerstudien aus Skandinavien deuten darauf hin, dass ein geringer Differenzierungsgrad (G3/4), ein größerer Lokalbefund und eine höhere Eindringtiefe (auch bei dermalen SLMS, v. a. bei Infiltration der Subkutis) signifikant häufiger mit einer Metastasierung einhergehen und im Falle der geringen Differenzierung auch mit einem geringeren Gesamtüberleben. Fernmetastasen treten selten auf, dann bevorzugt in Lunge und Haut [1-3,5-7].
Therapeutische Optionen
Die Therapie der Wahl ist die mikroskopisch kontrollierte, vollständige operative Entfernung mit einem Sicherheitsabstand von mindestens 1 cm bei dermalen und 2 cm bei subkutanen Befunden. Dermale SLMS nach vollständiger Resektion (R0) mit ausreichendem Sicherheitsabstand weisen ein sehr geringes Risiko für Rezidiv oder Metastasen auf. Etwas höher liegt es bei subkutanen SLMS [1,6,7]. Dementsprechend kommt die adjuvante Bestrahlung bei Letztgenannten deutlich häufiger zum Einsatz. Die Datenlage zur Effektivität der adjuvanten Therapie ist jedoch insgesamt dürftig und basiert auf Fallserien. Prospektive, kontrollierte, randomisierte Studien fehlen. Somit erfolgt die adjuvante Bestrahlung derzeit v. a. bei einer R1-/R2-Situation sowie bei sehr großen Tumoren (> 5 cm) vorwiegend bei Patienten mit subkutanem SLMS [1]. Aufgrund fehlender Daten konnte in der Leitlinie keine Aussage zur definitiven oder neoadjuvanten Bestrahlung, z. B. bei primärer Inoperabilität, gemacht werden.
Bei Inoperabilität oder Metastasierung kommt optional eine medikamentöse Therapie in Betracht, zu den verwendeten Medikamenten sind jedoch kaum Daten vorhanden. Die bisherigen Schemata orientieren sich an Studiendaten zu anderen Weichteilsarkomen und sind daher keineswegs spezifisch für die SLMS. Eine Option ist Doxorubicin, ggf. in Kombination mit Dacarbazin [1,8,9]. Von PD-(L)1-Checkpoint-Inhibitoren raten die Leitlinienautoren klar ab, da SLMS immunologisch wenig aktiv seien und eine geringe Infiltration mit T-Zellen aufwiesen [1,10]. Es besteht derzeit die Möglichkeit, Patienten für eine molekularpathologische Diagnostik und daraus bioinformatisch abgeleitete Therapievorschläge in das MASTER-Programm (Molecularly Aided Stratification for Tumor Eradication) des Nationalen Zentrums für Tumorerkrankungen und des Deutschen Konsortiums für Translationale Krebsforschung des Deutschen Krebsforschungszentrums einzuschließen [1].
Der Autor
PD Dr. med. Ulrich Kisser
Universitätsklinik und Poliklinik für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde,
Kopf- und Hals-Chirurgie
Universitätsmedizin Halle (Saale)
1 Helbig D et al., S1 -Leitlinie Dermales und subkutanes Leiomyosarkom. AWMF-Reg.-Nr.: 032-060, 2023
2 Rouhani P et al., Cancer 2008; 113: 616–27
3 Kazlouskaya V et al., Int J Dermatol 2020; 59: 165–72
4 Wang C et al., JAAD Case Rep 2015; 1: 150–2
5 Fauth CT et al., J Cutan Pathol 2010; 37: 269–76
6 Winchester DS et al., JAAD 2014; 71: 919–25
7 Deneve JL et al., Cancer Control 2013; 20: 307–12
8 Zacher M et al., Med Oncol 2018; 35: 135
9 Bitz UPD et al., J Clin Oncol 2011; 29: 10094
10 Saerens M et al., Eur J Cancer 2021; 152: 165–82
Bildnachweis: Prof. Dr. med. Cord Sunderkötter, Universitätsmedizin Halle (Saale)