Seit 2020 zunächst bedingt zugelassen, hat Bulevirtid seit dem 18.07.2023 die Genehmigung der Europäischen Kommission für die Vollzulassung ohne spezifische Auflagen erhalten. Bulevirtid wird zur Behandlung einer chronischen Hepatitis-Delta-Virus(HDV)-Infektion bei erwachsenen Patienten mit kompensierter Lebererkrankung angewendet, die im Plasma oder Serum positiv auf HDV-RNA getestet wurden.
Das nun voll zugelassene Bulevirtid erweitert die Therapiemöglichkeiten bei chronischer Virushepatitis D: Zuvor kam meist eine Off-Label-Therapie mit pegyliertem Interferon-alpha (pegIFNα) zum Einsatz, die aber häufig schlecht vertragen wurde und oft zu nicht zufriedenstellenden Behandlungsergebnissen geführt hat [1]. Der ungedeckte medizinische Bedarf bei Hepatitis-D-Infektionen war entsprechend hoch – zumal die Erkrankung mit einem deutlich schnelleren Voranschreiten als eine alleinige Hepatitis-B-Virus(HBV)-Infektion assoziiert ist und ein erhöhtes Risiko für schwerwiegende Folgeerkrankungen wie Leberzirrhose und hepatozelluläres Karzinom mit sich bringt [1,2]. Auch die 5-Jahres-Mortalität ist bei Menschen mit einer chronischen Hepatitis-D-Erkrankung doppelt so hoch wie bei einer reinen chronischen Hepatitis-B-Infektion [2].
Daten aus den Zulassungsstudien für längeren Zeitraum bestätigt
Die Daten aus den Zulassungsstudien, MYR202 und MYR203, konnten nun in einer Interimsanalyse aus der laufenden Phase-III-Studie MYR301 über einen Zeitraum von 96 Wochen hinweg bestätigt werden [3]. Dabei waren 49 Patienten mit oder ohne kompensierte Zirrhose in den Behandlungsarm mit der zugelassenen Dosierung von einmal täglich 2mg Bulevirtid (s.c.) eingeschlossen. Über drei Viertel der Teilnehmenden erreichten nach 96 Wochen ein virologisches Ansprechen – definiert als HDV-RNA-Konzentration unterhalb der Nachweisgrenze oder als Reduktion der HDV-RNA-Konzentration um mindestens 2 log10IU/ml im Vergleich zum Ausgangswert. Zudem konnte bei 63% der Patienten eine Normalisierung der ALT-Konzentration gezeigt werden; 55% erreichten beide Endpunkte (kombiniertes Ansprechen).
Bulevirtid 2mg als leitliniengemäße Therapieoption
Bis zum Ende des beobachteten Zeitraums nach 96 Wochen traten weder schwerwiegende unerwünschte Ereignisse mit Bezug zur Therapie auf noch unerwünschte Ereignisse, die einen Abbruch der Therapie erforderlich machten. Infolgedessen verzeichnete die Leitlinie „Antivirale Therapie der chronischen Hepatitis-D-Virusinfektion“ Bulevirtid 2mg nun als Therapieoption bei Patienten mit chronischer HDV-Infektion und kompensierter Lebererkrankung. Die Leitlinie erscheint als Addendum zur bereits veröffentlichten S3-Leitlinie „Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Hepatitis-B-Virusinfektion“ der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS) [4].
1 Mentha N et al., J Adv Res 2019; 17: 3–15
2 Cornberg M et al., Z Gastroenterol 2021; 59: 691–776
3 Wedemeyer H et al., EASL 2023; Oral #OS–068, https://www.easlcongress.eu/abstract-updates/ (Stand: 29.08.2023)
4 Addendum „Antivirale Therapie der chronischen Hepatitis-D-Virusinfektion“ zur S3-Leitlinie „Prophylaxe, Diagnostik und Therapie der Hepatitis-B-Virusinfektion“ der Deutschen Gesellschaft für Gastroenterologie, Verdauungs- und Stoffwechselkrankheiten (DGVS)
Pressemitteilung „Europäische Kommission erteilt Vollzulassung für Bulevirtid (Hepcludex®)“, (Gilead Sciences), August 2023