Knieprobleme bzw. Knieschmerzen treten häufig auf und können in vielen Fällen Folge eines Knorpelverschleißes sein. „Wer rastet, der rostet“ – das gilt insbesondere bei Erkrankungen der Gelenke. Am häufigsten betroffen ist der Knorpel am Knie. Die Behandlung richtet sich nach Art und Schwere der Verletzung.
Das Kniegelenk benötigt Bewegung, damit sich möglichst viele Nährstoffe mit der Gelenkflüssigkeit austauschen. Fehlt Bewegung, wird der vorhandene Knorpel nicht mehr ausreichend trainiert. Doch welche Sportarten sind bei Knorpelschäden sinnvoll? Generell lässt sich sagen, dass Sportarten, die fließende und keine stoßartigen Bewegungen beinhalten, eher zu empfehlen sind. Darunter fallen z. B. Radfahren, Wandern, Schwimmen (hier ist jedoch die Technik entscheidend), Spazierengehen, Koordinationstraining oder Gymnastik, etwa Pilates. Im Gegensatz dazu sind Ballsportarten wie Fußball oder Handball und auch Squash, die Springen und schnelle Richtungswechsel erfordern, häufig mit Scherbewegungen im Kniegelenk verbunden, die zu Knorpelschäden führen können. Ein begleitendes Krafttraining kann zur Stabilisierung der Gelenkkinematik beitragen und sollte immer zusätzlich zu Ballsportarten betrieben werden. Bei Krafttraining ist zu bedenken, dass die Übungen technisch richtig ausgeführt werden müssen und besser mit vielen Wiederholungen und weniger mit Gewicht gearbeitet wird. Als Beispiel sei hier die Beinpresse genannt, bei der ein niedriges Startgewicht wichtig ist. Zudem sollte auch mehr auf die Belastung der Ferse geachtet werden. Nicht zuletzt ist eine Einführung in den Gerätepark von einem erfahrenen Trainer unbedingt anzuraten. Und grundsätzlich spielt ein passendes Schuhwerk, ggf. mit individuellen Einlagen, eine wichtige Rolle.
Mittlerweile wird versucht, Knorpelschäden möglichst frühzeitig zu behandeln. Die erste Diagnose erfolgt meistens bei einem niedergelassenen Allgemeinmediziner. Angaben der Patienten, wie ein Druckgefühl nach Belastung, und eine einfache klinische Untersuchung zum Ausschluss von Meniskusschäden und Bandinstabilität, liefern den ersten Hinweis. Die weitere MRT-Untersuchung, ggf. mit einem speziellen Mapping, vermittelt einen genaueren Eindruck über die Schwere des Knorpelschadens (ICRS-Score). Als erstes könnte der Hausarzt hier eine intraartikuläre Hyaluronsäure-Therapie einleiten. Die spezialisierte Weiterbehandlung bei einem kooperierenden Orthopäden ist bei zusätzlichen Krankheitsbildern wie Bandinstabilitäten oder bei Operationswunsch des Patienten angezeigt. In Frühphasen der Knorpelschädigung muss dringend darauf geachtet werden, dass das Gelenk ausreichend muskulär stabilisiert wird und in einer möglichst optimalen Achse steht. Sind Knorpelschäden aufgetreten, können diese primär mit einem Stammzellen und Wachstumsfaktoren enthaltenden plättchenreichen Plasma (PRP) therapiert werden. Damit kann auch der weitere Fortgang der Knorpelschäden positiv beeinflusst werden. Sind die konservativen bzw. nicht operativen Behandlungsmethoden ausgeschöpft, können fokale, also kleine Knorpelschäden, die einen höhergradigen Defekt aufweisen (ICRS-Stadium 3–4), mit einer Mikrofrakturierung behandelt werden. Diese beinhaltet ein durch kleinste Verletzungen der Knochenlamelle ausgelöstes Ausströmen von Stammzellen aus dem Knochenmark, die dann eine Art „Ersatzknorpel“ in dem betroffenen Areal bilden. Sind jedoch die Knorpelschäden großflächiger, wird heute nach der bestehenden Studienlage eine autologe Chondrozyten-Transplantation (ACT) empfohlen. Hier werden in einer Voroperation dem Patienten gesunde Knorpelstückchen entnommen und danach in einem Labor gezüchtet. Nach sechs bis acht Wochen wird der neu gewonnene Knorpel dem Patienten wieder transplantiert. Dies kann rein arthroskopisch oder durch einen kleinen offenen Zugang erfolgen. Die ACT erfordert allerdings eine Spezialisierung des behandelnden Orthopäden und eine aufwendige Logistik, um die jeweiligen Eingriffe mit dem Patienten zu koordinieren. Im Vorfeld jeglicher Art von chirurgischer Knorpelbehandlung muss grundsätzlich beachtet werden, dass eine längere Zeit nach der Operation, meistens sechs Wochen, die jeweilig betroffene Extremität nur teilbelastet werden kann.
FAZIT:
Der Allgemeinmediziner ist i. d. R. der erste Ansprechpartner bei Knorpelschäden und kann nach Anamnese, körperlicher Untersuchung und ggf. einer MRT erste Maßnahmen einleiten. Wünschenswert ist jedoch eine frühzeitige Kooperation mit einem spezialisierten Orthopäden, um mit gezielten Behandlungsoptionen das betroffene Gelenk und seine Funktion zu erhalten.
Der Autor
Dr. med. Jens Herresthal
Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, spezielle orthopädische Chirurgie, Sportmedizin Holzhausenstraße 81, 60322 Frankfurt
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