Bei der Therapie starker akuter und chronischer Schmerzen sind Opioide unverzichtbar. Dabei gilt es, für jeden Patienten den passenden Wirkstoff zu ermitteln. Vieles spricht für Hydromorphon.
Auch im Zeitalter der modernen analgetischen Pharmakotherapie ist die sichere und effektive Schmerztherapie eine Herausforderung, wobei trotz gewisser Fortschritte vor allem in der Palliativmedizin noch immer eine große Diskrepanz zwischen Anspruch und Wirklichkeit besteht. Im klinischen Alltag stehen chronische Rückenschmerzen und Tumorschmerzen im Vordergrund.
Aktualisierte WHO-Leitlinie
Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) hat 2019 die Leitlinien für die Therapie von Tumorschmerzen aktualisiert. Danach stellen Opioide weiterhin die Basis der pharmakologischen Behandlung moderater bis starker Tumorschmerzen dar. Im Unterschied zu den Leitlinien aus dem Jahr 2016 findet sich das WHO-Stufenschema nur noch im Anhang wieder und die Unterscheidung zwischen WHO-2- und WHO-3-Opioiden entfällt. Analgetika werden in Nichtopioide (Paracetamol und NSAR – nicht steroidale Antirheumatika) und Opioide (schwach/stark) unterteilt, wobei neben Morphin Hydromorphon und Oxycodon empfohlen werden. Als weitere Substanzgruppen werden Steroide, Antidepressiva, Antikonvulsiva und Bisphosphonate aufgeführt.
Aber auch für Patienten mit persistierenden Nicht-Tumorschmerzen werden Opioide empfohlen, wenn sie auf andere Analgetika nicht ansprechen. Dazu gehören Rücken-, Gelenk- und neuropathische sowie evtl. auch viszerale Schmerzen. Es empfiehlt sich, in Abhängigkeit von der individuellen Schmerzstärke Opioide schon zu Beginn der Schmerztherapie einzusetzen.
Zur Verfügung stehen zahlreiche Opioide, die sich in ihrer analgetischen Potenz, Pharmakokinetik und ihren Applikationsformen unterscheiden. So muss beispielsweise bei Patienten mit eingeschränkter Nieren- und/oder Leberfunktion ein Opioid gewählt werden, das weitgehend unabhängig davon abgebaut wird oder keine aktiven Metabolite hat, da es sonst zu unerwünschten Arzneimittelwirkungen und Überdosierungen kommen kann. In der Regel erfolgt die Einstellung auf Opioide bei starken chronischen Schmerzen auf ein retardiertes orales Präparat. Schnellwirkende Opioide sollten hingegen wegen des hohen Suchtpotenzials nur in Ausnahmefällen bei akuten Schmerzzuständen eingesetzt werden.
Vorteile für Hydromorphon
In der Praxisleitlinie „Tumorschmerz“ wird aufgrund pharmakologischer Vorteile, auch im Hinblick auf die Verträglichkeit, Hydromorphon als Präferenzsubstanz empfohlen. Der Wirkstoff ist ein synthetisches Derivat von Morphin, das 5- bis 10-mal potenter ist als dieses. Die Substanz wirkt bei neuropathischen, nozizeptiven und viszeralen Schmerzen. Die kurze Halbwertszeit ermöglicht eine gute Steuerbarkeit mit schnellem Anstieg und einem geringen Kumulationsrisiko. Angesichts der niedrigen Plasmaproteinbindung ist das Interaktionspotenzial gering und die Substanz zudem auch dialysierbar. Bei der Metabolisierung werden keine aktiven Metabolite gebildet und der Abbau erfolgt in der Leber nicht über das Cytochrom-P450-System, sodass kein Risiko für eine Wirkverstärkung oder Wirkabschwächung durch Begleitmedikamente besteht. dps
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