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Allgemeinmedizin

Alopezie

Zukünftiges Therapieziel Mikrobiom?

Dr. rer. nat. Christine Reinecke

18.10.2021

Bei der Alopezie dominieren bakterielle Mikroinflammationen, wobei auch die Haut-Darm-Achse beteiligt ist. Interventionen, die auf das Mikrobiom abzielen, könnten zu innovativen Therapien führen, so das Fazit einer narrativen Übersichtsarbeit.

Eine Dysbiose des Mikrobioms wirkt sich auf die regulatorischen T-Zellen aus und kann lokale Erkrankungen verursachen. So auch beim follikulären Mikrobiom: hier induzieren pathogene Antigene über Epitop-Ähnlichkeit eine Alopezie. Das normale Mikrobiom der Kopfhaut wird von Aktinobacteria, Firmicutes and Proteobacteria geprägt, am häufigsten sind Cutibacterium acnes und Staphylococcus epidermidis. Bei den Pilzen dominieren Malassezia-Arten.
Das Bild bei der Alopecia areata stellt sich wie folgt dar: Der Anteil der Aktinobacteria und Firmicutes betrug Studien zufolge rund 57 % bzw. 29 %, bei den gesunden Kontrollen waren es rund 56 % bzw. 35 %. Propionibakterien und Staphylokokken lagen zu rund 55 % bzw. 27 % vor, bei den Kontrollen zu 47 % bzw. 33 %. Möglicherweise tragen auch die Superantigene, Proteasen und Toxine von Staphylococcus aureus sowie direkte Interaktionen zwischen Immunzellen und Bakterien zu Entzündungen und veränderter Hautfunktion in der Follikelregion bei. Diskutiert wird außerdem eine Beteiligung von Helicobacter pylori, Cytomegalie-Virus und Pilzen der Spezies Alternaria. Und auch dem Darm-Mikrobiom, das über die Bildung kurzkettiger Fettsäuren positiv auf die Kopfhaut einwirkt, wird eine Rolle zugeschrieben. Denn bei einer Dysbiose nach faserarmer Kost verändert sich die intestinale Barriere [1].
Bei Patienten mit androgenetischer Alopezie bzw. Haarverlust wurde eine höhere Rate an kolonisierenden Bakterien gefunden als bei Gesunden (60 % vs. 40 %). Cutibakterien im Follikel kamen dabei bei 58 % derer mit andogenetischer Alopezie vor, aber nur bei 12 % der Gesunden. Die Bakterien sezernieren Porphyrine, die die Komplementaktivierung stimulieren [1]. Unter den Pilzen machten Ascomycota (35 %) und Basidiomycota (61 %) die größte Gruppe aus. Ursächlich können auch Mikroinflammationen im Haarfollikel sein.
Bei der Follikulitis decalvans sind die Haarbälge entzündet, es kommt zu Haarverlust und Narbenbildung. Bei 80 % der Betroffenen waren sowohl die Läsionen als auch die gesunde Haut von Staphylococcus aureus besiedelt. In Biopsien wurde festgestellt, dass Cutibacterium acnes biofilmartige Strukturen bildet, die eine Quelle für chronische Infektionen sein können[1].

Fortschritte in der Therapie

In Fallberichten zeigten drei Männer mit Alopecia areata nach Stuhltransplantationen ein anhaltendes Follikelwachstum, die Therapie mit Darm-Mikrobiota könnte damit bei der Alopecia areata eine wichtige Rolle spielen. Postbiotika, also lösliche, von Bakterien produzierte Bestandteile, wurden in einer doppelt verblindeten, placebokontrollierten Studie bei 160 Patienten (SALT-Scores S2–S5) eingesetzt – in einer Zubereitung aus Plantaricin A, Lactobacillus kunkeei und einem Extrakt aus Tropaeolum majus. In der Verum-Gruppe verschwanden die Symptome bei 47,50 % vollständig, bei 13,75 % partiell; 6,25 % zeigten keine Antwort. In der Kontrollgruppe kam es nur bei 5 % zu einem vollständigen Verschwinden [2]. Als weitere mögliche Anwendungen bei der Alopezie kommen Finasterid sowie die Naturstoffe Propionat, Polyphenol, Terpen und Lindera strychnifolia in Betracht.

1 https://www.actasdermo.org/en-alopecia-microbiome-a-future-therapeutic-articulo-S1578219021001487 (Stand 15.10.2021)


2 Rinaldi F et al., Dermatol Ther 2020; 10: 483–493; doi: 10.1007/s13555-020-00369-9

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