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Dermatologie

Entzündliche Bindegewebserkrankung

Zirkumskripte Sklerodermie – aktualisierte Leitlinie

Dr. med. Yuri Sankawa

7.5.2024

Seit Oktober vergangenen Jahres steht die aktualisierte S2k-Leitlinie der AWMF zu Diagnostik und Behandlung der zirkumskripten Sklerodermie zur Verfügung. Wichtige Neuerungen betreffen die Klassifikation und die Einordnung der Therapieoptionen im Sinne einer maßgeschneiderten Patientenversorgung.

Die zirkumskripte Sklerodermie (ZS, auch: „lokalisierte Sklerodermie“) ist als eine Gruppe von lokalisierten sklerotischen Erkrankungen der Haut definiert, die in Abhängigkeit von Subtyp und Lokalisation hautnahe Strukturen einbeziehen kann, jedoch keine Beteiligung innerer Organe oder einen Übergang in eine systemische Sklerodermie aufweist. Klinisch präsentiert sich die Erkrankung oft sehr heterogen, was die Diagnosestellung mitunter verzögern kann.

Für eine frühzeitige Therapieeinleitung ist jedoch die zügige Diagnosestellung unverzichtbar. Eine Kooperation mit in Diagnostik und Therapie der ZS erfahrenen Fachkolleginnen und -kollegen wird daher ähnlich wie in der vorhergehenden Leitlinienversion empfohlen. Dazu zählen z. B. Experten und Expertinnen aus dem Bereich der Kinderdermatologie/Dermatologie, Kinderrheumatologie und/oder Rheumatologie.

Nur noch 4 Hauptformen

Eine international einheitliche Klassifikation der Subgruppen, die sich bei der ZS vornehmlich auf die betroffenen anatomischen Lokalisationen und Strukturen beziehen, gibt es bislang nicht. Nach der jüngsten Übereinkunft in der vorliegenden S2k-Leitlinie lässt sich die ZS aber nunmehr 4 – statt bislang 5 – Hauptformen zuordnen, was differenzialtherapeutische Überlegungen weiter vereinfachen dürfte. Der aktualisierte Vorschlag umfasst eine limitierte, eine generalisierte, eine lineare und eine gemischte Form der ZS (Abb. 1). Zusätzlich werden Subtypen bzw. Varianten beschrieben, wonach die klassische Morphea (Plaque-Typ), die Morphea guttata und die Atrophodermia Pasini-Pierini nach wie vor den limitierten Formen zugeordnet werden. Einen extrakutanen Befall weisen Personen auf, die an der linearen Form der ZS erkranken. Hierzu wird jetzt auch die eosinophile Fasziitis (auch: Shulman-Syndrom) gezählt, die zuvor sowohl bei der generalisierten als auch bei der linearen Form eingruppiert war. Als mögliche Auslöser der fibrosierenden Reaktion der Faszien werden Traumata beschrieben. Die charakteristische Blut- oder Gewebseosinophilie tritt im ­initialen Stadium auf.

Generalisierte und lineare Formen werden mit einer längeren Verlaufsdauer (im Schnitt etwa 5,5 Jahre) assoziiert als die limitierte ZS (in ca. 50 % der Fälle Rückbildung nach etwa 2,5 Jahren). Gemischte Formen treten vor allem im Kindesalter auf – meist als Kombination der linearen Form mit einer Morphea bzw. generalisierten Form. Als häufigste Form der ZS gilt weiterhin die Plaque-Form, als seltenste Variante die tiefe Form der Morphea (< 1 %).

Hinweise zur Diagnostik

Bei der ZS sind spezifische serologische Marker bislang nicht verfügbar. Auch für die Verlaufsbeurteilung sind bis auf die Eosinophilen bei der eosinophilen Fasziitis keine spezifischen Parameter etabliert: Hier steht die klinische Beurteilung der Krankheitsaktivität im Vordergrund.

Labordiagnostik
Im Unterschied zur früheren Leitlinienversion hat die Bestimmung des Basislabors (Differenzialblutbild, ­klinische Chemie) und der antinukleären Antikörper (ANA) im Blut bei allen ZS-Formen eine starke Empfehlung („soll“) erhalten. Ein Screening auf extrahierbare nukleäre Antigene (ENA) sollte nur erfolgen, wenn der Verdacht auf eine komorbide Autoimmunerkrankung besteht. Eine Borrelien-Serologie soll bei fehlenden klinischen Anzeichen für eine Borrelien-Infektion unterbleiben. Eine abgeschwächte Empfehlung („sollte“) gilt für die Bestimmung von Rheumafaktor bzw. Antikörpern gegen zyklisches citrulliniertes ­Peptid (CCP) bei Vorliegen arthritischer Beschwerden.

Biopsie
Wie in den bisherigen Empfehlungen wird insbesondere bei klinisch uneindeutigen Befunden eine Biopsie zur histologischen Sicherung empfohlen – nun mit der Betonung auf „soll“. Dies gilt auch für die Empfehlung, bei Verdacht auf eine tiefe, generalisierte und/oder lineare Form sowie eine eosinophile Fasziitis eine Exzisionsbiopsie (unter Mitnahme von Subkutis und Fettgewebe bzw. unter Einschluss der Muskelfaszie) durchzuführen.

Bildgebung
Im Bereich der Bildgebung wird bei der linearen ZS vom „en coup de sabre“ sowie der progressiven fazialen Hemiatrophie eine starke Soll-Empfehlung für die Durchführung einer Magnetresonanztomografie des Schädels zum Ausschluss zerebraler Veränderungen ausgesprochen.

Bei den klinischen Hautscores stellt das „Localized Scleroderma Cutaneous Assessment Tool“ (LoSCAT) den bislang einzigen validierten Score, der die ­Entwicklung der Hautläsionen im Verlauf berücksichtigen kann – und folglich gerade bei wissenschaftlichen Fragestellungen herangezogen werden sollte. Je nach Krankheitsphase oder klinischer Ausprägung muss eine Vielzahl an Differenzialdiagnosen in Abgrenzung zu möglichen anderen fibrotischen Erkrankungen berücksichtigt werden. Aufgrund der bekannten Assoziation zu anderen bekannten Auto­immun­erkrankungen wird die Bedeutung der gezielten Anamnese und körperlichen Untersuchung hervorgehoben, um weitere Autoimmunerkrankungen bzw. rheumatische ­Erkrankungen nicht zu übersehen. Bestehen entsprechende Hinweise, sollen weiterführende Untersuchungen erfolgen.

Mit einer starken Soll-Empfehlung versehen wurde im Leitlinien-Update zudem die klinische Untersuchung der Genitoanalregion, um einen möglicherweise bestehenden Lichen sclerosus auszuschließen.

Therapie: Was ist neu?

Nach wie vor stehen keine kausalen Behandlungsansätze zur Verfügung. Auch im aktualisierten Therapiealgorithmus wird die Therapieentscheidung vom Subtyp, dem Ausmaß des Hautbefalls und der Schwere der Erkrankung abhängig gemacht: Bei einem ZS-Subtyp vom limitierten Befall kommen dem aktualisierten Therapiealgorithmus zufolge topische, steroidbasierte Therapieoptionen und/oder eine Phototherapie in Betracht (Abb. 2).

Wie schon in der vorhergehenden Leitlinienversion besteht die Option auf eine intensivierte okklusive Anwendung der topischen Therapeutika, um eine verstärkte Wirkung herbeiführen zu können. Noch eindeutiger als in den früheren Empfehlungen positioniert sich das Leitlinien-Update mit der Soll-Empfehlung, eine längere Glukokortikosteroidtherapie nur als Intervallbehandlung durchzu­führen. Tacrolimus ist jetzt zudem konkret als topische Alternative bei den Calcineurin-Inhibitoren aufgeführt.

Für den ZS-Subtyp mit schwerem und/oder muskuloskelettalem Befall ist von Anfang an eine Systemtherapie mit Methotrexat vorgesehen. In der aktiven Phase sollte zudem ergänzend eine systemische Glukokortikosteroidtherapie in Erwägung gezogen werden. Im Therapiealgorithmus verankert wurde aktuell auch die Option einer systemischen Zweitlinientherapie mit Mycophenolat-­Mofetil, Mycophenolsäure oder Abatacept, die bei therapierefraktären Verläufen, Kontraindikationen oder Unverträglichkeit zum Einsatz kommen sollten.

Erstmals hinzugekommene therapiebezogene Empfehlungen betreffen die autologe Fettstammzelltransplantation, die entweder zusätzlich zu einer laufenden systemischen Behandlung oder im Anschluss durchgeführt werden kann. Sie sollte insbesondere bei linearen Formen der ZS im Kopf- und Gesichtsbereich erwogen werden (Abb. 3). Dabei wird die gute Erfahrung mit Mikrofett hervorgehoben sowie das – nach mehrmaligen Sitzungen – offenbar länger als bei Hyaluron­injektionen anhaltende Ergebnis. Die zweite Neuerung betrifft die Berücksichtigung der Lasertherapie: Demnach können gepulste Farbstofflaser und fraktionierte Laser bei ZS-Formen mit limitiertem Hautbefall in Betracht gezogen werden, sofern gängige UV-basierte und topische Therapien versagt haben oder kontraindiziert sind. Erfahrungen mit gepulster Farbstofflasertherapie bzw. fraktioniertem CO2-Laser bestehen zum Teil zwar seit vielen Jahren, basieren aber bislang in erster Linie nur auf Fallberichten/-serien.

Kreuter A et al., S2k-Leitlinie „Diagnostik und Therapie der zirkumskripten Sklerodermie”, AWMF-Reg.-Nr. 013–066, 2023

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