Die Immunthrombozytopenie (ITP, Morbus Werlhof) ist eine seltene, potenziell lebensbedrohliche Autoimmunerkrankung. Gekennzeichnet ist sie durch eine isolierte Thrombozytopenie (< 100 000/µl), was zu einem erhöhten Blutungsrisiko führt. Etwa 80 % der ITP-Erkrankungen sind primär, d.h. ohne erkennbare auslösende Ursache. Dem zugrunde liegt eine Autoantikörperbildung gegen körpereigene Thrombozyten und Megakaryozyten vor, was zu einem vermehrten Thrombozytenabbau und einer gestörten Thrombozytopoese führt. Halten die Symptome länger als 12 Monate nach Diagnosestellung an, gilt die Erkrankung als chronisch. Zur leitliniengerechten First-line-Therapie bei Erwachsenen zählen systemische Glukokortikoide, im Notfall i.v.-Immunglobuline. Zu der Zweit- und Drittlinientherapie gehören u.a. TPO-RA, Immunsuppressiva sowie die Splenektomie. In vielen Fällen ist eine Zweitlinientherapie erforderlich. Obwohl durch die Einführung der TPO-RA der ersten Generation eine Behandlungsverbesserung stattgefunden hat, bestand weiterhin ein ungedeckter medizinischer Bedarf.
Auch Patienten mit einer chronischen Lebererkrankung (CLD) leiden häufig an Thrombozytopenie. Bei einer nicht effektiven Behandlung können unkontrollierte Blutungen auftreten. Lange Zeit waren Thrombozytenkonzentrate die einzige Möglichkeit, die Thrombozytenzahl kurzfristig anzuheben und das Blutungsrisiko zu senken.
Seit Anfang April steht für die Zweitlinientherapie der ITP von erwachsenen Patienten Avatrombopag (Doptelet®) zur Verfügung. Das Präparat steht auch für erwachsenen Patienten mit chronischer Lebererkrankung (CLD) vor einem invasiven Eingriff als Blutungsprophylaxe bereit.
Bei dem neuen Thrombopoetin-Rezeptor-Agonist (TPO-RA), der zweiten Generation, handelt es sich um Thrombozyten-Wachstumsfaktoren, die die Wirkung von endogenem Thrombopoetin (TPO) nachahmen, wodurch die Plättchenproduktion gesteigert werden kann bzw. einer verminderten Thrombozytenproduktion entgegengewirkt wird. Er ist oral anwendbar, wirksam und gut verträglich. Die Tabletteneinnahme erfolgt einmal täglich, und es treten keine Wechselwirkungen mit Nahrungsmitteln auf.
Die Zulassung zur Behandlung der primären chronischen ITP fand aufgrund folgender Ergebnisse statt: In einer randomisierten, doppelblinden, Placebo-kontrollierten Phase-III-Studie wiesen 66 % der mit Avatrombopag behandelten Patienten am achten Tag Thrombozytenwerte von ≥ 50 000/µl im Vergleich zur Placebo-Gruppe auf (0 %; p < 0,0001). Auch erzielten 34 % der Patienten (0 % unter Placebo; p = 0,009) unter Avatrombopag ein stabiles Ansprechen. Dies war als Plättchenzahl von ≥ 50 000/µl über mindestens sechs Wochen während der letzten acht Wochen der Behandlung festgelegt. Insgesamt führte Avatrombopag mit 12,4 Wochen zu einer signifikanten Zunahme (p < 0,0001) der Ansprechdauer im Vergleich zu Placebo mit 0 Wochen.