Die falsche Einstellung der kindlichen Schultern ins Becken der Mutter unter der Entbindung kann den weiteren Verlauf der Geburt verzögern und birgt Gefahren für Mutter und Kind. Ein aktueller Beitrag liefert einen praktischen Algorithmus zum Vorgehen bei Schulterdystokie.
Bei einem Geburtsgewicht von mehr als 4 000 g kommt es durchschnittlich in 3 % der Fälle, und bei einem Gewicht von mehr als 5 000 g in 40 % der Fälle zu einer Schulterdystokie (SD). Letzterer Wert bedeutet gegenüber einem Geburtsgewicht von 3 000 g ein 200-fach erhöhtes Risiko. Daher ist die Abschätzung des Geburtsgewichts vor der Entbindung wichtig. Eine aktuelle Untersuchung der Universität Graz (Österreich) zeigt jetzt aber, dass ab einem Geburtsgewicht von 4 500 g der Messfehler besonders groß ist, und dies unabhängig vom Ausgang (SD/keine SD). Ab diesem Geburtsgewicht trat bei einer Analyse aller Entbindungen der Jahre 2009–2019 in über 60 % der Fälle ein Messfehler ≥ 10 % auf [1]. Bei Auftreten der folgenden Kriterien kann von einer Schulterdystokie ausgegangen werden – dann sollte das Notfallteam bereitstehen:
• verzögerte Schultergeburt
• Schildkrötenhalszeichen („turtle-neck-sign“)
• spontane Kopfdrehung zur Seite
• Schulter im hohen Geradstand im Beckeneingang
Wie im Fall einer SD vorgegangen werden sollte, beschreibt ein aktueller Beitrag aus der Juli-Ausgabe der Zeitschrift „Der Gynäkologe“ mithilfe eines detaillierten Algorithmus [2]. Dabei wird betont: Die Wahl ist ausschließlich abhängig von der klinischen Situation und Erfahrung des Geburtshelfers. Die Ausführungen enden mit dem Hinweis: „Um die Wahrscheinlichkeit einer Klage der Eltern gegen das Krankenhaus zu vermindern, hat es sich aus Erfahrung bewährt, mit dem Elternpaar am ersten oder zweiten postpartalen Tag ein sachbezogenes Gespräch über den Geburtsverlauf zu führen.“
1 Lakovcheck IC et al., Geburtshilfe Frauenheilkd 2021; 81(06): e18, DOI 10.1055/s-0041-1730488
2 Krause M, Gynäkologe 2021; 54: 512–514, DOI 10.1007/s00129-021-04814-4