Die erste deutsche Leitlinie zum Thema Handekzem wurde im Jahr 2008 veröffentlicht. Basierend auf dem aktuellen Update der 2014 erschienenen europäischen Leitlinie im Jahr 2022 folgte nun 2023 auch das Update der deutschsprachigen AWMF-Leitlinie mit aktualisierten Empfehlungen zu Diagnostik, Prävention und Therapie [1].
Mit einer 1-Jahres-Prävalenz von 9,1 % in der Gesamtbevölkerung handelt es sich beim Handekzem (HE) um ein häufiges Krankheitsbild [2]. Zu den Risikofaktoren gehören atopische Dermatitis, Handekzem in der Eigenanamnese, Kontaktallergien, Feuchtarbeiten (dosisabhängig), Kälte und niedrige Luftfeuchtigkeit [1,3,4]. Mit einer Punkt-Prävalenz von bis zu 40 % in Risikoberufen (z. B. Friseurwesen, Reinigungs- und Baugewerbe, Lebensmittelindustrie) stellt das HE die häufigste berufsbedingte Hauterkrankung dar [5] – mit Folgen wie häufigen, oft lang dauernden Krankschreibungen, Arbeitsplatzwechsel oder Vorruhestand, aber auch einem erhöhten Auftreten von Depressionen und Angststörungen [1,6,7], woraus sich eine erhebliche sozioökonomische Bedeutung ergibt.
Einteilung weiterhin eine Herausforderung
Da es sich beim Handekzem um eine multifaktorielle Erkrankung mit polymorphem Erscheinungsbild (zahlreiche Differenzialdiagnosen!) handelt und die Auslöser nicht immer bekannt sind, gibt es bisher keine einheitliche Einteilung. Im Leitlinien-Update wird sie daher v. a. nach Ätiologie empfohlen, also in irritatives, allergisches oder atopisches HE bzw. Proteinkontaktdermatitis und – falls diese nicht bekannt ist – nach dem klinischen Erscheinungsbild, in hyperkeratotisches, akutes rezidivierendes vesikuläres oder nummuläres HE oder Fingerkuppen-Ekzem. Zur Diagnostik gehören v. a. Anamnese (z. B. berufliche Exposition), körperliche Untersuchung sowie Hauttestungen (v. a. Epikutantest). In speziellen Fällen können Prick-Tests, mikrobiologische Tests und Hautbiopsien zum Einsatz kommen. Neu ist die Möglichkeit, die Biopsate für die molekulare Diagnostik zu nutzen. Dies bietet die Möglichkeit, anhand des Genexpressionsmusters klinisch und histologisch nicht gut voneinander abgrenzbare Befunde wie Handekzem und Psoriasis palmaris zu unterscheiden [1,8]. Ebenfalls zu beachten: bei bis zu 20 % der HE-Patienten liegt auch eine Beteiligung der Füße vor [9] und beim allergischen HE muss an eine genitale Beteiligung gedacht werden [1].
Prävention
Einen wichtigen Bestandteil der Maßnahmen gegen HE stellt die Prävention dar (Tab.). Die Therapie richtet sich u. a. nach dem Schweregrad, der anhand des Hand Eczema Severity Index Score bestimmt wird [10]. Die aktuelle Leitlinie bietet ein darauf basierendes dreistufiges Therapieschema. Das Meiden von Auslösern, Hautschutzmaßnahmen, Hautpflegemittel, topische Glukokortikoide (z. B. Mometasonfuroat, Prednicarbat) sowie topische Calcineurin-Inhibitoren (z. B. Tacrolimus, CAVE: off-label außer beim atopischen HE) stellen unabhängig vom Schweregrad die therapeutische Grundlage dar. Bei mittelschweren/schweren bzw. therapieresistenten Verläufen besteht die Möglichkeit einer kurzzeitigen UV-Therapie. Führen die genannten Maßnahmen nicht zum gewünschten Ergebnis, kommen Systemtherapeutika wie Alitretinoin oder Glukokortikoide sowie off-label Ciclosporin (außer beim atopischen HE), Azathioprin oder Methotrexat zum Einsatz [1].
Neue Therapiestrategien entstehen auf Basis klinischer Studien, die einerseits neue Substanzklassen für den Einsatz beim HE aufzeigen, andererseits eine individualisierte Therapie ermöglichen sollen, wenn besser verstanden wird, welche Medikamente bei welchen HE-Subtypen am besten ihre Wirksamkeit entfalten. So zeichnet sich ab, dass der Anti-IL-4-Antikörper Dupilumab zu einer deutlichen Verbesserung des Th2-assoziierten atopischen HE führt, topisch angewendetes Delgocitinib (JAK-Inhibitor) hingegen scheint eine Therapieoption für das chronische HE darzustellen [1].
Am 1. Januar 2021 traten verschiedene Änderungen im Berufskrankheitenrecht in Kraft. Die wohl wichtigste Änderung: Der Unterlassungszwang fällt weg, also die Verpflichtung für die Betroffenen, die krankmachende Arbeit aufzugeben, damit eine Berufskrankheit überhaupt anerkannt werden kann. Somit besteht auch für Patienten mit HE die Möglichkeit der Weiterführung ihrer beruflichen Tätigkeit unter entsprechenden sekundär- und tertiärprophylaktischen Maßnahmen bei gleichzeitiger Anerkennung der HE als BK-Nr. 5001.
Das Handekzem stellt die häufigste berufsbedingte Hauterkrankung dar und hat daher eine hohe gesundheitsökonomische Bedeutung. Pfeiler der Diagnostik sind die gründliche Anamnese, klinische Untersuchungen sowie Hauttestung. Unbekannte Auslöser, Ähnlichkeiten mit anderen Erkrankungen und uneinheitliche Klassifikationssysteme erschweren Diagnostik, Therapie und den Vergleich wissenschaftlicher Daten. Ein besseres Verständnis der einzelnen Subtypen und ihrer Pathophysiologie sind daher erforderlich, um die Therapiestrategien zu optimieren und zu individualisieren.
Der Autor
PD Dr. med. Ulrich Kisser
Universitätsklinik und Poliklinik für Hals-Nasen-Ohren-Heilkunde,
Kopf- und Hals-Chirurgie
Universitätsmedizin Halle (Saale)
1 Bauer A et al., S2k-Leitlinie Diagnostik, Prävention und Therapie des Handekzems, AWMF-Reg-Nr.: 013-053, 2023
2 Thyssen JP et al., Contact Dermatitis 2010; 62: 75–87
3 Lerbaek A et al., J Invest Dermatol 2007; 127: 1632–40
4 Heede NG et al., Br J Dermatol 2016; 175: 287–95
5 Alfonso JH et al., J Eur Acad Dermatol Venereol 2017; 31 Suppl 4: 31–43
6 Cvetkovski RS et al., Arch Dermatol 2006; 142: 305–11
7 Agner T et al., Contact Dermatitis 2008; 59: 43–7
8 Quaranta M et al., Sci Transl Med 2014; 6: 244ra90
9 Agner T et al., J Eur Acad Dermatol Venereol 2017; 31: 828–32
10 Held E et al., Br J Dermatol 2005; 152: 302–7