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Psychiatrie

Übertragung psychiatrischer Erkrankungen in Netzwerken

11.7.2024

Das Diagnoserisiko einer psychiatrischen Erkrankung im Lebensverlauf hängt offenbar auch davon ab, ob es schon in der neunten Klasse Klassenkameraden oder -kameradinnen mit einer psychiatrischen Erkrankung gegeben hat, wie jetzt eine bevölkerungsbasierte Registerstudie aus Finnland mit über 700.000 Kohortenmitgliedern und -mitgliederinnen zeigt.

Frühere Forschungsarbeiten hatten bereits angedeutet, dass psychiatrische Erkrankungen in sozialen Netzwerken von einer Person auf eine andere übertragen werden können. Es fehlten jedoch bevölkerungsbasierte epidemiologische Ergebnisse, die sich auf das gesamte Spektrum dieser Erkrankungen beziehen.

In die bevölkerungsbasierte Registerstudie wurden Daten aller finnischen Bürger einbezogen, die zwischen dem 1. Januar 1985 und dem 31. Dezember 1997 geboren wurden und deren demografische, gesundheitliche und schulische Informationen aus landesweiten Registern miteinander verknüpft waren. Die Kohortenmitglieder wurden vom 1. August des Jahres, in dem sie die neunte Klasse abschlossen (ungefähr im Alter von 16 Jahren), bis zur Diagnose einer psychiatrischen Erkrankung, Auswanderung, Tod oder dem 31. Dezember 2019, je nachdem, was zuerst eintrat, nachbeobachtet. Die Datenanalyse wurde vom 15. Mai 2023 bis zum 8. Februar 2024 durchgeführt. Die „Exposition“ bestand aus einem oder mehreren Klassenkameraden bzw. -kameradinnen, bei denen in der neunten Klasse in derselben Schulklasse eine psychiatrischen Erkrankung diagnostiziert wurde. Das primäre Studienergebnis betraf die Diagnose einer psychiatrischen Erkrankung während der Nachbeobachtung.

Es zeigte sich, dass von den 713.809 Kohortenmitgliedern und -mitgliederinnen (mittleres Alter zu Beginn der Nachbeobachtung 16,1 Jahre; IQR 15,9-16,4; 50,4 % männlich) 47.433 Personen bis zur neunten Klasse die Diagnose einer psychiatrischen Erkrankung hatten. Der mittlere Nachbeobachtungszeitraum betrug 11,4 Jahre. Von den verbleibenden 666.376 Kohortenmitgliedern und -mitgliederinnen bekamen 167.227 Personen (25,1 %) während der Nachbeobachtung eine psychiatrische Diagnose (7,3 Millionen Personenjahre). Es wurde eine Dosis-Wirkungs-Beziehung festgestellt, wobei es bei nur einem diagnostizierten Klassenkameraden und -kameradinnen zu keiner signifikanten Erhöhung des späteren Risikos kam (HR 1,01; 95 % KI 1,00-1,02), bei mehr als einem diagnostizierten Klassenkameraden jedoch zu einer Erhöhung um 5 % (HR 1,05; 95 % KI 1,04-1,06). Das Risiko verlief im Zeitverlauf allerdings nicht proportional und erwies sich im ersten Jahr der Nachbeobachtung mit einer Erhöhung um 9 % bei einem diagnostizierten Klassenkameraden oder einer -kameradin (HR 1,09; 95 % KI 1,04-1,14) am höchsten resp. um 18 % bei mehr als einem diagnostizierten Klassenkameraden oder einer -kameradin (HR 1,18; 95 % KI 1,13-1,24). Bei den untersuchten psychiatrischen Erkrankungen war das Risiko für Stimmungs- (F30-F39 nach ICD10), Angst- (F40-F48) und Essstörungen (F50) am höchsten. Das erhöhte Risiko zeigte sich auch nach Datenanpassung hinsichtlich verschiedener Confounder wie Eltern, Schule oder Lebensumfeld.

Die Autoren und Autorinnen kommen zu dem Schluss, dass psychiatrische Erkrankungen innerhalb von Netzwerken jugendlicher Peers übertragen werden könnten, wobei die möglichen Mechanismen dieser sozialen Übertragung noch zu erforschen seien.

Alho J et al.: Transmission of Mental Disorders in Adolescent Peer Networks. JAMA Psychiatry. 2024 May 22:e241126 (DOI 10.1001/jamapsychiatry.2024.1126).

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