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Onkologie

Optimierte Krebstherapie durch Berücksichtigen der inneren Uhr von Krebszellen

17.10.2024

Wie gut Medikamente wirken, hängt auch davon ab, zu welcher Tageszeit sie eingenommen werden. Da der zirkadiane Rhythmus bei jedem Menschen verschieden ist und von vielen Faktoren abhängt, ist es schwierig, die Medikamenteneinnahme individuell darauf abzustimmen. Eine Forschungsgruppe der Charité – Universitätsmedizin Berlin hat nun am Beispiel bestimmter Brustkrebs-Zelllinien eine Methode entwickelt, mit der der optimale Zeitpunkt für eine Krebsbehandlung bestimmt werden kann.

Die innere Uhr steuert den Rhythmus vieler Körperfunktionen und Stoffwechselprozesse: Schlaf und Verdauung zum Beispiel. Doch nicht nur die Organe sind zu verschiedenen Tageszeiten mehr oder weniger aktiv. Auch die einzelnen Zellen folgen dem Takt der inneren Uhr und reagieren zu verschiedenen Zeitpunkten unterschiedlich auf äußere Einflüsse. Das ist für die Chemotherapie bei Krebs von großer Bedeutung. Aus früheren Studien ist bekannt, dass die Wirkung einer Chemotherapie dann am effektivsten ist, wenn die Tumorzellen sich gerade teilen. In der klinischen Behandlung wird diese Erkenntnis jedoch bisher kaum genutzt.

Deshalb hatte sich das interdisziplinäre Charité-Team unter der Leitung von Dr. rer. nat. Adrián Enrique Granada vom Charité Comprehensive Cancer Center zum Ziel gesetzt, diese Lücke zu schließen. Das Team machte sich auf die Suche nach dem optimalen Zeitpunkt für die Medikamentenverabreichung basierend auf den individuellen zirkadianen Rhythmen der Tumoren.

Beispiel triple-negativer Brustkrebs

„Wir haben Zellen von Patientinnen mit triple-negativem Brustkrebs kultiviert, um zu beobachten, wie sie zu unterschiedlichen Tageszeiten auf die verabreichten Medikamente reagieren“, erläutert Carolin Ector, wissenschaftliche Mitarbeiterin in der Arbeitsgruppe von Granada. „Mit Live-Imaging, einer Technik zur kontinuierlichen Beobachtung lebender Zellen, und komplexen Datenanalysetechniken konnten wir die zirkadianen Rhythmen, Wachstumszyklen und Medikamentenreaktionen dieser Krebszellen genau überwachen und bewerten.“

Auf diese Weise konnten bestimmte Tageszeiten identifiziert werden, zu denen Krebszellen am anfälligsten für Medikamentenbehandlungen sind. So stellte sich zum Beispiel heraus, dass bei einer bestimmten Krebszelllinie das Chemotherapeutikum 5-Fluorouracil zwischen 8 und 10 Uhr morgens am besten wirkte. Maßgeblich dafür – das zeigt die Studie ebenfalls – sind bestimmte zelluläre und genetische Faktoren. Die Wissenschaftler:innen konnten sogar herausfinden, welche Gene ausschlaggebend für die zirkadiane Wirkung bestimmter Medikamente sind. „Wir nennen diese Gene ‚core clock genes‘, also zentrale Uhren-Gene. Sie beeinflussen die Empfindlichkeit von Krebszellen gegenüber Behandlungen zu verschiedenen Tageszeiten erheblich“, so Granada.

Profile zeigen Reaktionen von Krebszelltypen auf Medikamente

Mit diesem Ansatz lassen sich nun detaillierte Profile erstellen, die zeigen, wie verschiedene Krebszelltypen zu verschiedenen Zeiten auf verschiedene Medikamente reagieren. „Das kann helfen, die effektivsten Medikamentenkombinationen zu identifizieren“, sagt Granada und resümiert, dass „unsere Ergebnisse insgesamt darauf hindeuten, dass personalisierte Behandlungspläne basierend auf den individuellen zirkadianen Rhythmen die Wirksamkeit von Krebstherapien erheblich verbessern könnten“. Auch unerwünschte Nebenwirkungen ließen sich damit reduzieren.

Damit diese Erkenntnisse bald Eingang in die klinische Praxis finden, sollen die Ergebnisse in Studien jetzt mit einer größeren Patientinnengruppe überprüft werden. „Darüber hinaus planen wir, die molekularen Mechanismen hinter den zirkadianen Einflüssen auf die Medikamentensensitivität zu untersuchen, um die Behandlungszeitpunkte weiter zu optimieren und neue therapeutische Ziele zu identifizieren“, sagt Granada.

Pressemitteilung „Forschende der Charité entwickeln neue Methode, um die innere Uhr von Tumorzellen für die Optimierung von Krebstherapien zu nutzen“. Charité – Universitätsmedizin Berlin, 23.8.2024 (https://www.charite.de/service/pressemitteilung/artikel/detail/wann_ist_die_beste_tageszeit_fuer_eine_krebsbehandlung/).

* Ector C et al.: Time-of-day effects of cancer drugs revealed by high-throughput deep phenotyping. Nat Commun. 2024 Aug 22;15(1):7205 (DOI 10.1038/s41467-024-51611-3).

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