Die Ergebnisse einer jetzt im ‚New England Journal of Medicine‘ publizierten Studie definiert eine neue Erstlinientherapie des Multiplen Myeloms. Die praxisverändernde Vierfach-Therapie aus einer Standard-Dreifachkombination plus dem monoklonalem CD38-Antikörper Daratumumab zeigt eine bisher noch nie bei Patienten mit Multiplem Myelom gesehene Krankheitskontrolle – so waren mehr als 84 % der Behandelten nach 4 Jahren noch krankheitsfrei.
Daratumumab ist ein spezifischer, künstlich hergestellter Antikörper, der an das Glykoprotein CD38 auf Tumorzellen bindet, wodurch über verschiedene Mechanismen ein Zelltod ausgelöst wird. Der Wirkstoff ist bereits für die Standardtherapie des Multiplen Myeloms zugelassen.
Die jetzt vorgelegten Ergebnisse der internationalen Phase-3-Studie PERSEUS (NCT 03710603) untersuchte die Wirksamkeit und Sicherheit von subkutan verabreichtem Daratumumab bei der Behandlung von Patienten mit neu diagnostiziertem Multiplem Myelom, die für eine Transplantation in Frage kommen. An der Studie nahmen insgesamt 709 Patienten teil, die randomisiert in 2 Gruppen eingeteilt wurden. Eine Gruppe erhielt zusätzlich zur Induktions-, Konsolidierungs- und Erhaltungstherapie mit Bortezomib, Lenalidomid und Dexamethason (kurz: VRd-Therapie) den Wirkstoff Daratumumab subkutan. Die andere Gruppe erhielt nur die VRd-Therapie.
„Die subkutane Verabreichung von Daratumumab, also die Injektion in das Fettgewebe unter der Haut, ist genauso wirksam wie die intravenöse Verabreichung und hat ähnliche Auswirkungen auf den Körper. Beide Verabreichungsformen sind sicher, aber die subkutane Form hat weniger Nebenwirkungen. Außerdem kann sie schneller verabreicht werden – in nur 2 bis 5 Minuten. Das bedeutet, dass unsere Patientinnen und Patienten das Medikament in einer einzigen Dosis erhalten können, was bequem ist und weniger Zeit in Anspruch nimmt“, erklärt Prof. Dr. med. Hermann Einsele, Direktor der Medizinischen Klinik und Poliklinik II des Universitätsklinikums Würzburg (UKW), Sprecher des Nationalen Tumorzentrums NCT WERA und Mitglied des European Myeloma Network.
Vollständigeres und besseres Ansprechen auf die Behandlung
Im Fokus der Studie stand das progressionsfreie Überleben, also die Zeit, in der die Krankheit ohne Fortschreiten oder Tod kontrolliert werden konnte. Die Ergebnisse zeigten, dass die Gruppe, die zusätzlich Daratumumab erhielt, einen signifikanten Vorteil beim progressionsfreien Überleben hatte. Generell sind, sagt Einsele, bei der Erkrankung, bei der in den vergangenen 10 Jahren 14 neue Medikamente zugelassen wurden, enorme Fortschritte in der Therapie erreicht worden. Vor 20 Jahren lag die mittlere Überlebenszeit der Betroffenen bei 2-3 Jahren. In der aktuellen Studie waren nach 48 Monaten 84,3 % der Patienten und Patientinnen ohne Fortschreiten der Erkrankung, verglichen mit 67,7 % in der Gruppe ohne Daratumumab. Weitere wichtige Ergebnisse waren, dass in der Daratumumab-Gruppe mehr Studienteilnehmer und-teilnehmerinnen ein vollständiges oder besseres Ansprechen auf die Behandlung zeigten, und auch der Anteil der Betroffenen mit einem negativen Status für eine minimale Resterkrankung höher war als in der Kontrollgruppe. Unerwünschte Ereignisse, insbesondere schwere, traten in beiden Gruppen auf, aber die Zugabe von Daratumumab führte nicht zu einem erhöhten Risiko für schwerwiegende Nebenwirkungen.
Einsele resümiert: „Unsere Studie zeigt, dass die Zugabe von subkutan verabreichtem Daratumumab zu einer 3er-Kombinationstherapie bei Patientinnen und Patienten mit neu diagnostiziertem Multiplen Myelom, die für eine Transplantation in Frage kommen, einen signifikanten Vorteil im Hinblick auf das progressionsfreie Überleben bringt. Damit haben wir eine neue Erstlinientherapie für das Multiple Myelom definiert. Die Studie verändert die Praxis“.
Pressemitteilung „Praxisverändernde Studie zur Therapie beim Multiplen Myelom“. Universitätsklinikum Würzburg (UKW), 21.12.2023 (https://www.ukw.de/aktuelle-meldungen/detail/news/praxisveraendernde-studie-zur-therapie-beim-multiplen-myelom/).
* Sonneveld P et al.: Daratumumab, Bortezomib, Lenalidomide, and Dexamethasone for Multiple Myeloma. N Engl J Med. 2023 Dec 12 (DOI 10.1056/NEJMoa2312054).