Eine Infektion mit Helicobacter pylori könnte das Risiko, an Alzheimer-Demenz zu erkranken, deutlich erhöhen: Bei Menschen über 50 Jahren kann das Risiko nach einer Infektion mit Symptomen um durchschnittlich 11 Prozent erhöht sein, rund 10 Jahre nach der Infektion sogar um 24 Prozent. Das legen die Ergebnisse einer Studie von Forschern der Charité – Universitätsmedizin Berlin und der McGill University (Kanada) nahe, die jetzt in „Alzheimer‘s & Dementia“ publiziert wurden.
Als einen möglichen Risikofaktor für Demenz hat die Forschung schon länger den Magenkeim Helicobacter pylori (Hp) im Blick. Mit diesem Bakterium ist knapp ein Drittel aller Menschen in Deutschland infiziert. Eine Infektion kann symptomlos verlaufen, aber auch Magenschleimhautentzündungen und Magenkarzinome verursachen. Auch ein Zusammenhang zwischen einer Hp-Infektion und dem zentralen Nervensystem ließ sich in zahlreichen Laborstudien finden. „Wir wissen, dass das Bakterium über verschiedene Wege das Gehirn erreichen kann und dort unter Umständen zu Entzündungen, Schädigungen und dem Verfall von Nervenzellen führt“, erklärt Prof. Dr. med. Antonios Douros, Pharmakoepidemiologe an der Charité und Erstautor der Studie. Außerdem kann ein durch den Keim geschädigter Magen Vitamin B12 und Eisen nicht mehr gut aufnehmen, was ebenfalls das Demenz-Risiko erhöht.
Viele der bisher vorgelegten Studien zum Zusammenhang zwischen einer Helicobacter-pylori-Infektion und Alzheimer hatten methodische Schwächen – zum Beispiel, weil die Anzahl der Menschen, die in der Studie berücksichtigt wurden, zu klein war. Das führte auch dazu, dass man bisher nicht genau sagen konnte, wie stark der statistsche Zusammenhang zwischen einer Infektion mit Hp und Alzheimer-Demenz ist. Solche Schwächen konnten Douros zusammen mit Prof. Dr. Paul Brassard von der McGill University in Montreal (Kanada) und ihren Kollegen mit ihrer Studie nun vermeiden: Sie berücksichtigten mit über 4 Millionen Menschen nicht nur sehr viele Personen, sondern auch den zeitlichen Abstand zwischen einer Hp-Infektion und einer möglichen Erhöhung des Alzheimer-Risikos. Anhand der Daten aus elektronischen Patientenakten aus Großbritannien konnten sie den Zusammenhang zwischen dem Magenkeim Helicobacter pylori und Alzheimer-Demenz im Verlauf eines Lebens quantifizieren.
Weitere randomisierte Studien sind nötig
„Unsere Studie zeigt, dass symptomatische Infektionen mit Helicobacter pylori nach dem 50. Lebensjahr mit einem um 11 Prozent erhöhten Risiko für Alzheimer-Demenz einhergehen können. Die Risikoerhöhung erreicht ihren Maximalwert von 24 Prozent etwa ein Jahrzehnt nach der Hp-Infektion“, sagt Douros. Das bedeutet aber nicht, dass jeder Mensch nach einer symptomatischen Hp-Infektion zwangsläufig an Alzheimer erkranken wird. Bei den Berechnungen handelt es sich um eine Erhöhung des relativen Risikos im Vergleich zu Personen, die keine symptomatische Hp-Infektion nach dem 50. Lebensjahr hatten.
„Für uns bekräftigt dieses Ergebnis die Annahme, dass eine Helicobacter-pylori-Infektion ein beeinflussbarer Risikofaktor für Alzheimer-Demenz sein könnte“, so Douros. Ob und in welchem Maß die konsequente, flächendeckende Bekämpfung dieses Magenkeims durch Eradikationsprogramme die Entwicklung von Alzheimer tatsächlich beeinflusst, muss allerdings erst in groß angelegten randomisierten Studien getestet werden.
Pressemitteilung „Forschende von Charité und McGill University quantifizieren Zusammenhang zwischen Helicobacter pylori und Alzheimer-Demenz“. Charité - Universitätsmedizin Berlin, 13.12.2023 (https://www.charite.de/service/pressemitteilung/artikel/detail/infektion_mit_magenkeim_koennte_alzheimer_risiko_erhoehen/).Douros A et al.: Clinically apparent Helicobacter pylori infection and the risk of incident Alzheimer‘s disease: A population-based nested case-control study. Alzheimers Dement. 2023 Dec 13 (DOI 10.1002/alz.13561).