Die Ergebnisse einer kontrollierten Studie aus Hongkong legen nahe, dass Akupunktur eine wirksame Therapieoption bei Chemotherapie-assoziierter Schlaflosigkeit sein kann. Zudem, so meinen die Autoren, könnte Akupunktur beim Management der Schlafstörungen auch helfen, die Verwendung von Schlafmitteln bei Brustkrebspatientinnen zu reduzieren oder sogar zu ersetzen.
Die Teilnehmerinnen der verblindeten, randomisiert durchgeführten und mittels Scheinakupunktur kontrollierten Studie wurden von ihren Onkologen aus zwei Krankenhäusern in Hongkong überwiesen. Alle studienbezogenen Untersuchungen und Interventionen wurden in der Ambulanz der School of Chinese Medicine der University of Hongkong durchgeführt. Die 138 Brustkrebspatientinnen (>Mammakarzinom) mit Chemotherapie-assoziierter Schlaflosigkeit erhielten randomisiert entweder 15 Sitzungen mit aktiver Akupunkturbehandlung aus einer Kombination von Akupunkturnadelung in Körperakupunkturpunkte und Akupressur von Ohrakupunkturpunkten, jeweils nach den Regeln der Traditionellen Chinesischen Medizin (TCM) (> Naturmedizin), oder in der Kontrollgruppe Scheinakupunktur (jeweils 69 Patientinnen) für 18 Wochen, gefolgt von 24 Wochen Nachbeobachtung. Als primärer Endpunkt wurde das Ergebnis des etablierten Insomnia Severity-Index (ISI) gewertet. Sekundäre Endpunkte waren Schlafparameter, Depressionen und Angstzustände, Müdigkeit und Schmerzen sowie Lebensqualität, die mit dem Pittsburgh Sleep Quality-Index, einem Miniatur-Aktigraphen resp. einem Schlaftagebuch erfasst wurden.
Signifikant häufigeres Absetzen der Schlafmittel
87,7% (121/138) der Teilnehmer erreichten den primären Endpunkt (Woche 6). Das aktive Akupunkturschema war gegenüber der Scheinakupunktur hinsichtlich der Reduktion des ISI-Scores statistisch nicht signifikant überlegen (mittlere Differenz: -0,4 [95%-KI 1,8-1,1; p=0,609). Allerdings verbesserte die Verumbehandlung sekundäre Endpunkte wie Einschlaflatenz, Gesamtschlafzeit, Schlafeffizienz, Angst, Depression und Lebensqualität, sowohl hinsichtlich der Kurzzeit- als auch der Langzeitergebnisse im Follow-up. Die Teilnehmer der Gruppe mit aktiver Akupunktur setzten zudem deutlich häufiger ihre Schlafmittel ab als die Patientinnen in der Scheinakupunkturkontrollgruppe (56,5% vs. 14,3%, p=0,011). Alle behandlungsbedingten Nebenwirkungen wurden als mild eingeschätzt, zu Behandlungsabbrüchen wegen Nebenwirkungen kam es nicht.
Hinweis: Entsprechend der aktuellen S3-Leitlinie zu Komplementärmedizin in der Onkologie kann die Anwendung von Akupunktur zur Reduktion von Ein- und Durchschlafstörungen (> Schlafstörungen) erwogen werden, wenn eine gezielte Verhaltenstherapie aufgrund mangelnder Verfügbarkeit nicht angeboten werden kann oder die Krebspatienten diese ablehnen. Der Empfehlungsgrad liegt bei 0 („kann“), der Oxford-Evidenzgrad bei 2a.
Zhang J et al.: Acupuncture for chemotherapy-associated insomnia in breast cancer patients: an assessor-participant blinded, randomized, sham-controlled trial. Breast Cancer Res. 2023 Apr 26;25(1):49 (DOI 10.1186/s13058-023-01645-0).
Leitlinienprogramm Onkologie (Deutsche Krebsgesellschaft, Deutsche Krebshilfe, AWMF) (2020) Komplementärmedizin in der Behandlung von onkologischen PatientInnen, Langversion 1.1, 2021, AWMF Registernummer: 032/055OL, https://www.leitlinienprogramm-onkologie.de/leitlinien/komplementaermedizin/. Zugegriffen: 4.5.2023.