Ein jetzt vorgelegter aktueller Cochrane-Review zur Wirksamkeit von Bewegungsangeboten für Patienten mit Morbus Parkinson, spricht für günstige Auswirkungen solcher Angebote auf den Schweregrad von Bewegungssymptomen und die Lebensqualität. Die Art der Bewegung scheint zweitrangig zu sein.
Die Autoren des Reviews werteten 156 randomisierte kontrollierte Studien (RCTs) aus, die ein Bewegungsangebot mit keiner Bewegung oder mit anderen Bewegungsangeboten verglichen. Insgesamt wurden 7.939 Personen aus der ganzen Welt in die Übersichtsarbeit eingeschlossen. Damit wurde die Arbeit zum aktuell größten und umfassendsten systematischen Review über die Auswirkungen verschiedener Bewegungsangebote bei Patienten mit Morbus Parkinson. Die Auswertung der verfügbaren Evidenz aus RCTs ergab, dass strukturierte Bewegungsangebote - von Tanzen, Bewegung im Wasser (z. B. Gangtraining oder Wassergymnastik), Krafttraining und Ausdauertraining bis hin zu Tai Chi, Yoga und Physiotherapie - leichte bis starke Verbesserungen des Schweregrads von Bewegungssymptomen und der Lebensqualität bewirken.
Studienleiterin Prof. Dr. rer. nat. Elke Kalbe (Köln) sagt: „Parkinson kann zwar nicht geheilt, die Symptome können aber gelindert werden, wobei auch Physiotherapie oder andere Bewegungsangebote helfen können. Bislang war unklar, ob bestimmte Arten von Bewegung besser wirken als andere. Wir wollten herausfinden, welche Bewegungsangebote am besten geeignet sind, um den Schweregrad der Bewegungssymptome und die Lebensqualität zu verbessern.“
Verbesserungen bei den meisten Bewegungsangeboten
Das Durchschnittsalter der Studien-Teilnehmer lag zwischen 60 und 74 Jahren. Die meisten von ihnen waren leicht bis mittelschwer erkrankt und hatten keine schweren kognitiven Beeinträchtigungen. Die statistische Auswertung der Studienergebnisse ergab, dass den Teilnehmern die meisten Bewegungsangebote im Vergleich zu keiner Bewegung halfen.
Erstautor des Reviews Moritz Ernst (Köln) berichtet: „Wir beobachteten klinisch bedeutsame Verbesserungen im Schweregrad motorischer Symptome für die meisten Bewegungsangebote. Dazu gehörten Tanzen, Gang-, Gleichgewichts- und Funktionstraining, multimodales Training, also eine Kombination mehrerer Bewegungsformen, und Körper-Geist-Training wie z. B. Tai Chi oder Yoga.“ Ähnliche Verbesserungen beim Schweregrad der Bewegungssymptome erzielten Bewegung im Wasser, Krafttraining und Ausdauertraining. Aber: Die Datenlage reiche nicht aus, um das genaue Ausmaß der Symptomverbesserungen zu bestimmen. Somit sei auch nicht gesichert, inwieweit diese Verbesserungen klinisch bedeutsam seien.
„Was die Lebensqualität betrifft, beobachteten wir klinisch bedeutsame positive Effekte für Bewegung im Wasser und wahrscheinlich auch für andere Arten von Übungen, wie Ausdauertraining, Körper-Geist-Training, Gang-, Gleichgewichts- und Funktionstraining sowie multimodales Training. Auch hier reichte die Datenlage jedoch nicht, um das genaue Ausmaß der Verbesserungen zu bestimmen“, so Ernst weiter.
Kaum Unterschiede zwischen den verschiedenen Übungsarten
Die Autoren räumen ein, dass die Vertrauenswürdigkeit der Evidenz für die Ergebnisse in vielen Fällen nicht groß sei. Dies liege vor allem daran, dass viele Studien sehr klein waren und häufig nicht alle Informationen über den Schweregrad motorischer Symptome und die Lebensqualität aller Teilnehmer berichtet waren. In ihrem Fazit betonen die Autoren, dass die Daten dennoch darauf hinweisen, dass die meisten Bewegungsangebote zu bedeutenden Verbesserungen führen, und dass es dabei kaum Anzeichen von Unterschieden zwischen den verschiedenen Übungsarten gibt.
Kalbe weist darauf hin, dass die vorgelegten Ergebnisse nicht ausschließen, dass bestimmte motorische Symptome am wirksamsten durch speziell für Menschen mit Parkinson konzipierte Programme z. B. aus der Physiotherapie behandelt werden können.
Hinweis: Die seit 2020 abgelaufene und seit mehr als fünf Jahren nicht mehr aktualisierte S3-Leitlinie zum idiopathischen Parkinson-Syndrom (AWMF Registernr. 030-010) verwendet eine Definition von Physiotherapie, die auch sportliches Training umfasst. Ähnlich wie bei dem aktuellen Cochrane-Review werden aus den vorgelegten, oft signifikanten Wirksamkeitsevidenzen keine spezifischen Sportempfehlungen für den Versorgungsalltag formuliert, wodurch „Therapeuten „auf ein ‚Menü‘ klinisch geprüfter Techniken zugreifen und ein den Bedürfnissen, Interessen und Präferenzen des Betroffenen angepasstes Programm auswählen können.“
*Pressemitteilung „Cochrane Review: Bewegung hilft, die Schwere vonBewegungssymptomen bei Parkinson zu lindern“. Cochrane Deutschland, Freiburg,15.3.2023 (https://idw-online.de/de/news810854).
* Ernst M et al.: Physical exercise for peoplewith Parkinson's disease: a systematic review and network meta-analysis.Cochrane Database Syst Rev. 2023 Jan 5;1(1):CD013856 (DOI10.1002/14651858.CD013856.pub2).