Obwohl zu beiden Präparaten zahlreiche Erkenntnisse aus randomisierten klinischen Studien zur Gewichtsreduzierung vorliegen, gab es bislang noch keine Daten aus direkten Vergleichen bei erwachsenen Patienten mit Übergewicht oder Adipositas. Genau diese Lücke sollte die jetzt im Fachblatt „JAMA Internal Medicine“ vorgestellte Studie schließen, und zudem die Häufigkeit gastrointestinaler Nebenwirkungen unter Tirzepatid oder Semaglutid erfassen.

In der jetzt vorgelegten Kohortenstudie wurden Erwachsene mit Übergewicht oder Adipositas, die zwischen Mai 2022 und September 2023 Semaglutid oder Tirzepatid erhielten, anhand von Daten aus elektronischen Gesundheitsakten (EHR) identifiziert, die mit Arzneimittel-Abgabeinformationen aus einem Kollektiv verschiedener US-Gesundheitsversorger verknüpft waren. Zudem wurden die Gewichtsergebnisse während der Behandlung bis zum 3. November 2023 erfasst. Eingeschlossen wurden Erwachsene mit Übergewicht oder Adipositas, einer regelmäßigen medizinischen Behandlung im Jahr vor Beginn der gewichtsreduktiven Therapie mit einem der beiden Präparate, keiner vorherigen Einnahme von GLP-1-Rezeptoragonisten, einem Rezept höchstens 60 Tagen vor Beginn des Studieneinschlusses sowie einem dokumentierten Ausgangsgewicht. Abgeschlossen wurde die Analyse am 3. April 2024. Die verwendeten Tirzepatid- oder Semaglutid-Präparate zur Behandlung bei Typ-2-Diabetes wurden on- oder off-label verwendet.

‍

Weitere Studien erforderlich

Die wichtigsten Endpunkte waren die Gewichtsveränderung während der Behandlung in der mit Propensity-Score gematchten Patientengruppe - bewertet als die Zielgröße, einen Gewichtsverlust von 5 % oder mehr, 10 % oder mehr und 15 % oder mehr zu erreichen, sowie die prozentualen Gewichtsveränderung nach 3, 6 und 12 Monaten. Zudem wurden die Häufigkeit gastrointestinaler Nebenwirkungen verglichen.

Von den 41 222 Erwachsenen, die die Studienkriterien erfüllten (Semaglutid: 32.029; Tirzepatid: 9.193), blieben nach dem Propensity-Score-Matching 18.386 übrig. Das mittlere Alter (SD) betrug 52,0 (12,9) Jahre, 12.970 waren weiblich (70,5 %), 14.182 waren weiß (77,1 %), 2.171 schwarz (11,8 %), 354 asiatisch (1,9 %), die übrigen Personen konnten keiner Ethnie zugeordnet werden. 9.563 Patientinnen und Patienten (52,0 %) hatten Typ 2 Diabetes. Das mittlere (SD) Ausgangsgewicht betrug 110 (25,8) kg.

Die Nachbeobachtung endete bei immerhin 5 140 Patienten (55,9 %) unter Tirzepatid und bei 4 823 (52,5 %) unter Semaglutid durch ein Absetzen der Behandlung. Bei Personen, die Tirzepatid erhielten, war die Wahrscheinlichkeit einer Gewichtsabnahme signifikant höher (≥5 %; Hazard Ratio [HR] 1,76, 95%-KI 1,68-1,84; ≥10 %; HR 2,54; 95%-KI 2,37-2,73 und ≥15 %; HR 3,24; 95%-KI 2,91-3,61). Bei Personen unter Tirzepatid waren die Gewichtsveränderungen während der Behandlung nach 3 Monaten (Differenz -2,4 %; 95%-KI -2,5 % bis -2,2 %), nach 6 Monaten (Differenz -4,3 %; 95%-KI -4,7 % bis -4,0 %) und nach 12 Monaten (Differenz -6,9 %; 95%-KI -7,9 % bis -5,8 %) größer. Die Häufigkeit gastrointestinaler Nebenwirkungen war in beiden Gruppen ähnlich.

Die Forschergruppe resümiert, dass die Verwendung des Twinkretins Tirzepatid in dieser Population von Erwachsenen mit Übergewicht oder Adipositas mit einem signifikant größeren Gewichtsverlust verbunden war als die Behandlung mit Semaglutid. In Untergruppen mit und ohne Typ-2-Diabetes wurden konsistente Effektstärken bei der Behandlungswirkung beobachtet. Jetzt seien weitere Studien erforderlich, um die Wirkung der untersuchten Präparate auf andere wichtige Endpunkte zu vergleichen (z. B. Verringerung schwerer unerwünschter kardiovaskulärer Ereignisse).