Der oft mit Knötchen- und Narbenbildung verbundene Prurigo nodularis ist mehr als eine Variante der Neurodermitis: Die neue deutsche S2k-Leitlinie zu chronischem Pruritus führt Therapieoptionen für die schmerzhafte Hauterkrankung auf.
„Schon vor 150 Jahren wurde die Prurigo nodularis erstmals beschrieben. Und noch immer ist die Therapie der Patienten eine Herausforderung“, erklärte Prof. Dr. med. Sonja Ständer (Münster). „Nur 5 % der Patienten sind zufrieden mit dem, was wir tun.“ Dies zeigte eine europäische Querschnittsstudie aus 11 Ländern: nur 5 % der Patienten waren sehr zufrieden, 66,7 % waren unzufrieden mit ihrer aktuellen Therapie. In einer Vergleichsstudie zu Patienten mit Pruritus und Prurigo nodularis dauerte es im Median 182 Tage, bis bei Prurigo nodularis eine Verbesserung des Juckreizes von ≥ 70 % verzeichnet werden konnte. Die Leitsymptome der Prurigo nodularis sind ein chronischer Pruritus (≥ 6 Wochen), eine passende Anamnese und/oder Hinweise auf wiederholtes Kratzen (sichtbar beispielsweise an Exkoriationen und Narben) sowie lokalisierte oder generalisierte pruriginöse Läsionen. Pathogenetisch zeigen sich Anzeichen einer Typ-2-Inflammation, aber zusätzlich weitere Aspekte, erläuterte Ständer. Denn die konstante Aktivierung des neuronalen Interleukin-Rezeptors (IL-4Rα) und des JAK1-Signalwegs führt zu einer neuronalen Sensibilisierung und einem chronischen Pruritus. Der Teufelskreis aus Kratzen und Inflammation mündet in einer Neuropathie.
Zusammenarbeit und individuelle Therapieansätze sind gefragt.
Daneben kommt es zu einer zentralen Sensibilisierung mit gestörter deszendierender Inhibition, da im Rückenmark Filtermechanismen gestört werden, was den höheren Schmerz und Juckreiz erklärt. „Das ist mehr als eine Variation der Neurodermitis, es ist eine eigenständige Erkrankung“, so Ständer.
Neue Leitlinie Pruritus 2022
Die aktuelle S2k-Leitlinie zur Diagnostik und Therapie des chronischen Pruritus gibt einen Überblick zu den verfügbaren Therapien. Mitautorin Ständer gab an, dass Antihistaminika in der deutschen Leitlinie aufgrund ihrer mangelnden Wirksamkeit nicht mehr aufgenommen wurden, während sie in der europäischen Leitlinie nach Konsens-Verfahren noch genannt werden. Topische Steroide, Calcineurin-Inhibitoren und Capsaicin bilden die erste Behandlungsstufe, gefolgt von systemischen Optionen. Studiendaten zu dem monoklonalen IgG4-Antikörper Dupilumab führten dazu, dass diese Therapieoption – aktuell „off label“ bei Prurigo nodularis angewendet – schon in der deutschen Leitlinie aufgeführt wird. Positive Ergebnisse einer Phase-III-Studie zur Prurigo nodularis bestätigen den potenziellen Nutzen einer gezielten Rezeptorblockade von Interleukin(IL)-4 und IL-13, Treibern der Typ-2-Inflammation, zur Behandlung von Pruritus und Hautläsionen. Nicht vergessen werden sollte die regelmäßige Basistherapie, durch die die Barrierestörung der Haut angegangen werden kann, erinnerte Ständer.
Pressefrühstück „Prurigo nodularis – trotz hoher Krankheitslast oft unzureichend behandelt“ (Veranstalter: Sanofi-Aventis Deutschland GmbH)