Wird die Chemotherapie schon bald durch Antikörper-Drug-Konjugate (ADC) abgelöst? Dieser Frage gingen gleich mehrere Sessions auf dem DKK nach.Prof. Dr. med. Achim Rody (Lübeck) warf in der Plenarsitzung zum metastasierten Mammakarzinom zuerst einen Blick zurück:
„Paul Ehrlich hatte schon vor rund einem Jahrhundert den Begriff des Magic Bullet definiert und so langsam kommen wir diesem Magic Bullet näher.“ In der Gynonkologie ist das Jahr 2013 zur Geburtsstunde geworden, als T-DM1 in der metastasierten Situation beim HER2-positiven Mammakarzinom zugelassen wurde. Seitdem kamen eine ganze Reihe von Zulassungen hinzu, v. a. für die beiden ADC Trastuzumab-Deruxtecan (T-Dx) und Sacituzumab Govitecan (SG).
Prof. Dr. med. Florian Lordick (Leipzig) wies im Satellitensymposium „ADCs auf dem Vormarsch“ darauf hin, dass es durchaus noch Expertenstreit gibt, wie zielgerichtet ADC denn wirklich sind. Er schaut aber optimistisch nach vorn: „Wir sind sehr weit auf dem Weg, entsprechende Zielstrukturen bei soliden Tumoren zu identifizieren.“
Bei den meisten Organen existieren mittlerweile entsprechende Zielstrukturen und bei vielen Indikationen sind ADC bereits im klinischen Einsatz. PD Dr. med. Antonia Busse (Berlin) stellte den Status quo beim Mammakarzinom vor. T-Dx ist seit März 2023 auch als Monotherapie zur Behandlung von Patientinnen mit inoperablem oder metastasiertem HER2-low-Brustkrebs zugelassen, die in diesem Krankheitsstadium bereits eine Chemotherapie erhalten haben oder bei denen frühzeitig nach adjuvanter Chemotherapie ein Rezidiv aufgetreten ist. SG ist beim rezidivierten oder refraktären metastasierten triple-negativen Mammakarzinom (TNBC) und beim fortgeschrittenen, nicht resezierbaren oder metastasierten HR-positiven, HER2-negativen Mammakarzinom zugelassen und wird zunehmend auch in früheren Behandlungslinien eingesetzt.
Wie sieht die zukünftige Entwicklung bei den ADC aus? Studien deuten darauf hin, dass sie auch gewinnbringend eingesetzt werden können, wenn gar kein Target exprimiert wird. Es sind lediglich Phase-II-Studien, aber man sieht tatsächlich auch eine Wirksamkeit, wenn die entsprechenden Targets nur in sehr geringer Höhe nachweisbar sind. Aktuell wird untersucht, wie weit sich die Payload-Aktivität steigern lässt, und ADC werden auch in Kombination getestet, z. B. mit PARP-Inhibitoren oder mit Immunonkologika. Klar ist: ADC erweitern das therapeutische Spektrum in erheblichem Umfang. Klar ist aber auch: Man wird dabei das Nebenwirkungsspektrum (Zytotoxizität) im Auge haben müssen und Resistenzmechanismen verstehen und überwinden. Hier kann eine sequenzielle Wirksamkeit von ADC erwartet werden, indem Beladung und Zielstruktur variiert werden. Prof. Rody beendete seinen Vortrag jedenfalls mit einer klaren Antwort auf die Eingangsfrage: „Ja, ADC werden die klassische Chemotherapie ablösen.“
Vortrag Prof. Dr. med. Achim Rody, Session „Aktuelle Entwicklungen beim metastasierten Mammakarzinom“. Satellitensymposium „ADCs auf dem Vormarsch – hat die klassische Chemotherapie bei soliden Tumoren bald ausgedient?“