Tumoren entwickeln sich unter Anti-Tumor-Therapien häufig in verschiedene Zellpopulationen mit unterschiedlichen Phänotypen. Für Patienten im nicht kurativen Setting bedeutet das eine große Ungewissheit. Denn welche Richtung die „Evolution“ des Tumors nimmt, hängt von vielen Faktoren ab und kann individuell unterschiedlich sein. Gehört die Zukunft der Onkologie also dem „Biomarker-Monitoring“? Dieser Frage wurde in der Session „Innovative Biomarkerkonzepte zur Steuerung onkologischer Therapien“ nachgegangen.
Etablierte Methoden für die molekulargenetische Charakterisierung von Tumoren sind das Next Generation Sequencing (NGS) von Biopsiematerial und die Liquid Biopsy, bei der zirkulierende Tumor-DNA (ctDNA) bestimmt wird.
Nach Ansicht von Prof. Dr. med. Andrea Tannapfel (Bochum) ist die Gewebediagnostik zur Zeit deshalb noch Goldstandard, v. a. in der Initialdiagnostik, weil für die Therapiewahl wichtige Biomarker wie PD-L1 und Mikrosatelliteninstabilität (MSI) bisher nicht oder schlecht per Liquid Biopsy bestimmbar sind. Wenn es um regelmäßige Verlaufsbeurteilungen des Biomarkerstatus eines Tumors geht, gehört der Liquid Biopsy nach Ansicht von Tannapfel aber die Zukunft.
Als Werkzeug der Krebsfrüherkennung ist die Liquid Biopsy auf Basis einer Blutentnahme eher ein Thema für die Medien. Vor Jahren hatte die Bild-Zeitung von einer Weltsensation gesprochen: Auf dem Fortbildungskongress des Berufsverbands der Gynäkologen war ein vermeintlicher Früherkennungstest für das Mammakarzinom vorgestellt worden, der sich dann aber eher als Rohrkrepierer herausstellte.
Wie die ctDNA-Messung die Krebsversorgung künftig verändern könnte, erläuterte Dr. med. Gunnar Folprecht (Dresden) am Beispiel von Patienten mit kolorektalem Karzinom: als Instrument zur Identifizierung einer minimalen Resterkrankung (MRD) und damit zur Stratifizierung von Patientenpopulationen. Wenn man Stadium-II-Patienten anhand von ctDNA für die adjuvante Therapie auswählt, kann man vielen Patienten die adjuvante Chemotherapie ersparen – bei identischem Outcome.
Ein völlig anderer Ansatz als Biomarker sind „Patient-Derived-Xenograft(PDX-)Mausmodelle“, denen patienteneigenes Tumorgewebe transplantiert wird. Prof. Dr. med. Jens Siveke (Essen) stellte dazu erste Ansätze vor, die aber noch weit von der klinischen Routine entfernt sind. Humane Organoide, von denen PD Dr. med. Johannes Betge (Heidelberg) berichtete, sind patientenindividuelle Zellkulturen, die auf Mikrotiterplatten ausgesät werden und dann mit verschiedenen Wirkstoffen in unterschiedlichen Konzentrationen getestet werden können.
Session „Innovative Biomarkerkonzepte zur Steuerung onkologischer Therapien“