Die Liquid Biopsy, ein Verfahren zur Detektion von zirkulierender Tumor-DNA, kann in der Melanomtherapie zur Überwachung des Krankheitsverlaufs und zur Früherkennung von Rezidiven eingesetzt werden. Aber ist sie bereits für den Routineeinsatz geeignet? Oder nur ein Studieninstrument? Eine Debatte zum Status quo.
„Biomarker sind ein wichtiges Thema. Die Frage ist: Wie implementieren wir sie in den Alltag und in die Praxis?“ Prof. Dr. med. Christoffer Gebhardt, Universitäres Hauttumorzentrum des UKE Hamburg, beschrieb das Verfahren zum Nachweis blutbasierter Biomarker – die Liquid Biopsy – als attraktive Diagnostikmöglichkeit zur Verlaufskontrolle bei Melanompatientinnen und -patienten. Dabei können sowohl das Ansprechen auf eine Therapie als auch die Resistenzentwicklung gemonitort werden. Der Nachweis von zirkulierender Tumor-DNA (ctDNA) per PCR sei mit einer Handvoll gut definierter Treibermutationen praktikabel: „Das Melanom eignet sich gut für die ct-DNA-Diagnostik, wir finden ausreichendes ‚Shedding’, also DNA, die von absterbenden Tumorzellen freigesetzt wird.“ Diese Analytik wird aktuell schon in einigen klinischen Studien begleitend eingesetzt. Sie kann im Zeitverlauf die Dynamik der Erkrankung abbilden, sei es das Ansprechen einer Therapie oder auch einen Progress – teilweise bereits 3 Monate früher als die radiologischen Diagnostikmethoden. Es fehlen jedoch Biomarker-gesteuerte prospektive klinische Studien. Auch wenn die meisten kommerziellen Tests inzwischen zertifiziert seien, werde die Erstattungsfähigkeit, die Aufnahme in den EBM (Einheitlicher Bewertungsmaßstab) noch dauern, mutmaßte Gebhardt.
Prof. Dr. med. Bastian Schilling, Hautklinik am Universitätsklinikum Frankfurt am Main, konterte in seiner Replik: Die Liquid Biopsy sei definitiv noch nicht bereit für den klinischen Einsatz, ganz unabhängig von der Erstattungssituation. Er stimmte mit Gebhardt überein, dass die Liquid Biopsy als diagnostischer, prognostischer und prädiktiver Biomarker zur Therapieüberwachung einsetzbar sei. Doch der große Bedarf in der Klinik bestehe darin, anhand von prädiktiven Markern Therapieentscheidungen zu treffen, also Fragen nach der geeigneten Therapiesequenz, der Notwendigkeit einer adjuvanten Therapie oder dem Einsatz von zielgerichteter oder Immuntherapie zu klären. „Prädiktive Biomarker liefern Informationen darüber, wie gut ein Patient oder eine Patientin auf eine bestimmte Behandlung ansprechen wird.“ Da Daten aus prospektiven Studien fehlten, könne man die Liquid Biopsy nicht als prognostischen Biomarker für das Überleben unabhängig von einer Therapie einsetzen. „Wenn die Dinge, die wir messen, keine klinische Konsequenz haben, kann man es auch bleiben lassen“, beschrieb Schilling den Status quo aus seiner Sicht. „Deshalb bin ich der Meinung, dass die Liquid Biopsy momentan noch nicht für den Routineeinsatz geeignet ist.“ Schilling sieht – unter der Voraussetzung gut designter Studien – jedoch auch Potenzial für diese Form der Diagnostik: So zeigte etwa eine Studie beim Kolorektalkarzinom, wie ctDNA als postoperativer Marker für das Vorliegen einer minimalen Resterkrankung fungieren kann. Sie diente dort als Entscheidungshilfe für eine adjuvante Chemotherapie und konnte die Prognose der Patientinnen und Patienten verbessern.
Vortrag „Hot Topics und Kontroversen: Liquid Biopsy – ready for prime time?“