Verrucae vulgares und Verrucae plantares sind kein seltenes Phänomen und in vielen Fällen kann die Spontanheilung abgewartet werden. Doch Stigmatisierung durch die sichtbaren Erscheinungen und das Risiko für eine Autoinokulation oder auch Fremdinokulation können die Behandlung notwendig machen.
Verrucae vulgares und plantares sind weltweit verbreitet. Die Prävalenz liegt bei Kindern und Jugendlichen mit bis zu 20 % deutlich höher als bei Erwachsenen mit 3 %. Mädchen scheinen häufiger betroffen als Jungen, der Altersgipfel liegt bei 12 bis 16 Jahren. Warzen zählen zu den Erkrankungen mit besonders geringer sozialer Akzeptanz, ihr Auftreten wird nicht selten mit Unsauberkeit und Unmoral in Verbindung gebracht – eine schwere Bürde v. a. im Jugendalter. Begrifflichkeiten des Volksmundes wie „Warzenkasper“ oder „Warzenkönig“ zeugen davon. Neben dem hohen Risiko der Autoinokulation ist ein wesentliches Problem das der Fremdinokulation – bei Jugendlichen begünstigt durch das enge soziale Netz. Bei Warzen im Erwachsenenalter besteht fast immer eine atopische Prädisposition. Berufe mit chronischer Durchfeuchtung und permanenten Bagatellverletzungen wirken ebenso begünstigend. (> Infektiologie)
Steckbrief: Verrucae vulgares
Verrucae vulgares sind gutartige, epitheliale, hyperkeratotische, papillomatöse Tumoren, die durch eine Infektion mit humanen Papillomaviren (HPV) der Typen 1–4, 7 und 54 verursacht werden. Prädilektionsstellen für die Manifestation der meist 2–6 mm großen, hautfarbenen bis weißgrauen Exophyten sind die Hände, seltener auch die Füße. Bei der Diagnostik von Warzen sollten daher nicht nur die vom Patienten gezeigten Hautareale bzw. typischen Prädilektionsstellen wie Arme und Beine betrachtet werden, sondern das gesamte Integument. Denn auch Nasenspitze und Ohren können von den „Stachelwarzen“ betroffen sein.
Steckbrief: Verrucae plantares
Verrucae plantares werden zumeist durch HPV 1, 2, 4, 60 oder 63 ausgelöst. Durch den Auflagedruck handelt es sich um endophytische Epidermisproliferationen, die wegen der starken Druckschmerzhaftigkeit auch als „Dornwarzen“ bezeichnet werden. Charakteristisch sind intraläsionale punkt- oder streifenförmige Einblutungen oder eine Unterbrechung der Papillarleisten. Die Ansteckung erfolgt entweder durch direkten Körperkontakt, über kontaminierte Gegenstände oder in Feuchtbereichen wie Schwimmbädern oder Saunen, nicht selten auch in Turnhallen oder Hotelzimmern.
Bei Kindern besteht eine hohe Spontanheilungsrate, bei Zunahme der Läsionen an Größe und Zahl sollte aber aktiv gehandelt werden. Dies ist besonders bei Patienten mit stark für Warzen prädisponierender atopischer Diathese der Fall.
Therapeutische Optionen
Bislang existieren für die Therapie von Verrucae vulgares sowie plantares et palmares keine Evidenz oder Leitlinienempfehlungen. Kryotherapie, Kauterisierung und chirurgische Exzision sind weitverbreitet, stellen aber deutlich schmerzhafte und narbenträchtige Interventionen dar. Auch die Gefahr der bakteriellen Superinfektion ist nicht zu unterschätzen, zudem haben alle genannten Verfahren eine hohe Rezidivrate. Bei großflächigem Warzenbefall, v. a. bei plantaren Myrmezienfeldern, kann die CO2-Laserablation helfen. Die lokale Applikation von Imiquimod und Grüntee-Extrakten (Polyphonen E) hat sich in der Praxis wenig bewährt. In den USA werden seit einigen Jahren Erfahrungen mit lokaler Vakzinierung, u. a. mit Candida-Antigenen, gesammelt, bei denen aber heftige Nebenwirkungen auftreten können. Auch mit der intraläsionalen Applikation von Mumps-Vakzinen wird experimentiert. Umstritten ist das Potenzial alternativmedizinischer Warzenbehandlungen, etwa mit Monochloressigsäure, Ameisensäure, Schöllkraut- und Thuja-Extrakten. Möglicherweise beruhen Erfolge in Einzelfallberichten auf der lokalen Irritation und nachfolgend verstärkten lokalen unspezifischen Immunabwehr. Evidenznachweise aus Studien belegen dies jedoch nicht. Sehr gute Erfahrungen und hohe Abheilungsraten bestehen bei Anwendung von 5-Fluorouracil in Fixkombination mit Salicylsäure und ggf. vorheriger flacher Warzenkürettage.
Fallbeispiel
Der 13-jährige Schüler und seine Mutter stammen aus Afghanistan und kamen zwei Jahre zuvor nach Deutschland. Grund des Arztbesuches sind seit etwa einem Jahr bestehende weißliche Knoten im Gesicht des Sohnes, die an Größe und Zahl zunähmen. Besonders unangenehm sei es dem Jungen, immer wieder von Mitschülern und v. a. Mitschülerinnen darauf angesprochen zu werden. Erst sei es nur ein Knoten gewesen, den er gelegentlich wegzukratzen versucht hätte, dann seien neue hinzugekommen. Die Knoten an der Hand habe er zuerst nicht beachtet, sie seien aber wohl zuerst aufgetreten.
Seit einiger Zeit habe auch die Mutter warzige Hautveränderungen an den Fingern, die sie schon in Eigenbehandlung mit Essigessenz und frei verkäuflichen Warzenmitteln zu behandeln versucht hätte – bisher allerdings erfolglos. Beruflich sei sie in einem Blumengeschäft tätig.
Sowohl bei der Mutter als auch beim Sohn ist eine atopische Diathese bekannt. Beide haben eine deutliche Xerosis cutis und anamnestisch bekannte Episoden von Beugenekzemen. Der Sohn leidet überdies an einer allergischen Rhinopathie.
Hautbefund
Sohn: Im Bereich des Kinns findet sich ein ca. 10 mm großer, exophytischer, rosa-hautfarbener Knoten mit stachelartig aufragenden, weißlichen Hyperkeratosen. Daneben sind ähnliche weißliche kleinere Knoten mit 4 mm und 1 mm Durchmesser auffällig (Abb. 1 a). In Projektion auf das Daumengrundgelenk rechts findet sich ein etwa 8 mm durchmessender, runder Exophyt mit weißlich verruziformer Oberfläche. Ein ähnlicher, 6 mm großer Knoten ist über dem Metakarpophalangealgelenk rechts sichtbar (Abb. 1 b). In der läsionalen Dermatoskopie sind multiple punktförmige Hämorrhagien deutlich erkennbar (Abb. 1 c).
Mutter: An den Zeigefingern beidseits und am rechten Daumen imponieren graugelbe, flache Knoten mit zerklüfteter Oberfläche, ebenso eine teils sichtbare und auf Nachfrage schmerzhafte Rhaghadenbildung. Auch sind die hämorrhagischen Einblutungen fast schon makroskopisch sichtbar (Abb. 2 a–c).
Therapie und Verlauf
Der schon blickdiagnostische Verdacht konnte dermatoskopisch bestätigt werden. Es handelte sich sowohl beim Sohn als auch bei seiner Mutter um Verrucae vulgares vom Hauttyp. Unter Berücksichtigung der Anamnese könnte die Genese wie folgt rekonstruiert werden: Beim Sohn erfolgte die Autoinokulation der Warzen von den Händen auf das Gesicht. Durch die Versuche der Mutter, diese wegzukratzen, kam es dann auch zu deren Infektion.
In vielen Fällen kommt es bei Kindern zur Spontanheilung. Eltern oder andere immunkompetente erwachsene Kontaktpersonen stecken sich in den allermeisten Fällen nicht an. Anders ist es bei atopischer Prädisposition wie im vorliegenden Fall. Es besteht dann eine gewisse Reduktion der für die virale und bakterielle Abwehr erforderlichen zellulären Abwehr. Atopiker leiden auch häufiger und intensiver an Herpes-simplex-Infektionen und an grampositiven Pyodermien (v. a. Impetigo).
Bei der Mutter kam als weiterer infektionsbegünstigender Umstand die Tätigkeit in der Floristik hinzu. Die chronische Durchfeuchtung der Haut und kleinere Bagatellverletzungen führen zum Barrieredefekt der Haut, der die virale Infektion bei adäquatem kontagiösen Kontakt begünstigt.
Bei stark hyperkeratotisch erhabenen Warzen mit großer Dicke können lokale Virustatika nicht zu den virusbefallenen Basalzellen vordringen. Deswegen ist die vorherige flache Kürettage in Lokalanästhesie indiziert. Die nicht selten praktizierte Exzision von Verrucae vulgares oder Verrucae plantares ist nicht erforderlich und sogar kontraindiziert, da die epitheliotrophen humanen Papillomaviren ausschließlich die Epidermis infizieren.
Im vorliegenden Fall wurden die Warzen in lokaler Anästhesie vorsichtig tangential kürettiert. Nach kurzer Abheilungsphase erfolgte dann die Nachbehandlung mit einem die Fixkombination aus dem potenten Virustatikum 5-Fluorouracil und dem das Keratolytikum Salicylsäure enthaltenden Lack. Dieser wurde streng läsional zweimal täglich an den Händen und jeden zweiten Tag im Gesicht appliziert. 5-Fluorouracil bewirkt dabei im Anwendungsgebiet eine Reizung der Haut. Dies bewirkt zusammen mit der interventionell gesetzten minimalen Wunde eine gewisse Boosterung der lokalen Immunabwehr, was die antivirale Wirkung zusätzlich unterstützt.
Nach zweiwöchiger Anwendung wurde beim Sohn eine rezidivfreie Abheilung erzielt. Ein Lokalrezidiv im Bereich des Dig.I der linken Hand der Mutter wurde nochmals kürettiert und kam dann nach weiterer dreiwöchiger Behandlung ebenfalls zur endgültigen Abheilung.
Der vorliegende Fall zeigt, dass gerade bei atopisch prädisponierten Kindern nicht unbedingt mit einer Spontanheilung gerechnet werden kann. Günstiger ist dann ein rechtzeitiges aktives Behandeln, wobei in frühen Stadien durch die ausschließlich konservative Therapie mit einem virustatischen Lack eine operative Intervention vermieden werden kann. Gleichzeitig wird auch die Neigung der HPV-Infektion zur Auto- und Fremdinokulation sowie deren Rezidivfreudigkeit deutlich.
Der Experte
Dr. med. Viktor Alexander Czaika
Facharzt für Dermatologie,
Venerologie und Innere Medizin
Bruno-Bügel-Weg 16
12439 Berlin
Literatur beim Autor
Bildnachweis: privat