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Allgemeinmedizin

Reisediarrhoe

Empfehlungen zur Prophylaxe und Stand-by-Medikation

Jasmin Kurowsky

Reisediarrhoe ist eine der häufigsten reisemedizinischen Komplikationen. Prof. Dr. med. Tomas Jelinek, Direktor am Berliner Centrum für Reise- und Tropenmedizin, gibt Empfehlungen zur Ausstattung der Reiseapotheke und zur Behandlung von milden bis schweren Reisedurchfällen.

Wie häufig kommen bakteriell bedingte Durchfälle nach Auslandsreisen vor?

Die Häufigkeit hängt sehr stark vom Reiseland ab. Vor allem während und nach Aufenthalten in subtropischen und tropischen Ländern besteht ein erhöhtes Risiko für eine Reisediarrhoe. Bei Reisen nach Ägypten oder auf den indischen Subkontinent liegt das Risiko bei etwa 80 %. Schätzungsweise sind je nach Land 50–70 % der Durchfälle durch Bakterien bedingt, seltener durch Viren oder Parasiten.

Wie viele der Fälle weisen einen schwerwiegenden bzw. chronischen Verlauf auf?

Glücklicherweise gehen die wenigsten Fälle mit einem protrahierten, komplizierten Verlauf, d. h. mit blutigem Stuhl, Fieber und/oder starkem Flüssigkeitsverlust einher. Man geht von etwa 5–7 % der Reisedurchfälle aus; bis zu 3 % erleben einen chronischen Verlauf. Aber auch eine relativ milde Diar-rhoe kann Betroffene für mehrere Tage ausknocken. Meistens heilt die Diarrhoe jedoch spontan innerhalb weniger Tage ab.

Welche Zielgruppen sind besonders gefährdet?

Besonders gefährdet sind Menschen mit Vorerkrankungen (z. B. gewisse chronische Darmerkrankungen oder Einschränkungen der Immunabwehr), ältere Menschen und Kleinkinder. Für die Betroffenen bedeutet eine Reisediarrhoe zumeist eine erhebliche Einschränkung der Reiseerfahrung. So dürfen sie sich in der Regel nicht allzu weit von einer Toilette entfernen und sind dadurch in ihrer Bewegungsfreiheit eingeschränkt. Speziell bei Säuglingen, Kindern und Senioren kann der Verlust von Flüssigkeit und Elektrolyten außerdem lebensbedrohlich werden.

Was können Ärzte gefährdeten Patienten zur Prävention raten?

Allgemeine Verhaltensregeln zur Prophylaxe sind oftmals nicht effektiv und reduzieren die Reiseerfahrung. Eine Chemoprophylaxe ist mit potenziellen Nebenwirkungen assoziiert und bietet ebenfalls keinen vollständigen Schutz. Als eine Möglichkeit zur Prävention kann man insbesondere Risikopatienten eine Schluckimpfung gegen Cholera anbieten. Diese mindert jedoch ­lediglich das Erkrankungsrisiko nach Infektionen mit Cholera-Erregern und ETEC (enterotoxische Escherichia coli), einem der häufigsten bakteriellen Erreger bei Reisediarrhoen.

Was kann für die Reiseapotheke als Stand-by-Medikament empfohlen werden?

Für die Ausstattung der Reiseapotheke stehen bei milden Durchfällen symptomatische Therapeutika wie Tanninalbuminat alleine oder in Kombination mit Ethacridin zur Verfügung. Die Wirkstoffkombination wirkt nicht stopfend und die pathogenen Erreger können ausgeschieden werden. Bewährt hat sich mittlerweile auch der Durchfallstopper Racecadotril. Er reduziert effektiv den Flüssigkeitsverlust bei Durchfall. Daneben kann man für den Fall eines mittelschweren, unkomplizierten Durchfalls ein Antibiotikum zur Selbsttherapie mitgeben, welches zielgerichtet im Darm wirkt und die Krankheitsdauer deutlich verkürzt. Hier stehen die Wirkstoffe Rifaximin und Rifamycin zur Verfügung.

Wann sollte ein Antibiotikum zum Einsatz kommen?

Das hängt vom Reisenden und der Art des Durchfalls ab. Bei einem jungen, gesunden Menschen mit einem milden Durchfall genügt eine symptomatische Behandlung. Wenn der Reisende sich den Durchfall – z. B. aufgrund geplanter oder beruflicher Aktivitäten – nicht leisten kann, ist ein kaum resorbierbares Antibiotikum wie Rifamycin sinnvoll, um den Durchfall schnell zu stoppen und den Flüssigkeitsverlust zu unterbinden. Bei schweren Fällen mit blutigem Stuhl kommt ein invasives Notfallantibiotikum wie Azithromycin zum Einsatz.

Welche Vorteile bieten lokal wirkende Antibiotika?

Besonders bewährt haben sich hier bei mittelschwerem Durchfall die bereits erwähnten Wirkstoffe Rifamycin und Rifaximin. Sie wirken sehr schnell und lindern effektiv Durchfallbeschwerden wie Stuhldrang, Übelkeit und abdominale Schmerzen. Dadurch, dass sie zielgerichtet im Darm wirken, fallen die Nebenwirkungen im Gegensatz zu systemisch wirksamen Antibiotika gering und unkritisch aus. Zudem kann potenziellen Resistenzen vorgebeugt werden.

Der Experte

Prof. Dr. med. Tomas Jelinek
Berliner Centrum für Reise- und Tropenmedizin (BCRT)
Consulting Expert der WHO
10117 Berlin

jelinek@bcrt.de

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