Etwa 8 bis 10 % der Bevölkerung leiden zeitweise am Impingement-Syndrom. Es ist eines der häufigsten Krankheitsbilder der Schulter. Betroffen sind insbesondere Sportler wie Handballer, Volleyballer oder Tennisspieler, deren Aktivitäten häufig Überkopfbewegungen der Arme erfordern.
Das Impingement-Syndrom ist assoziiert mit Schmerzen, die von einem Schulterengpass mit Einklemmungserscheinung zwischen dem Oberarmkopf und dem Schulterdach herrühren. Dabei wird i. d. R. die Supraspinatussehne (ein Anteil der Rotatorenmanschette), die in diesem Bereich verläuft, in Mitleidenschaft gezogen. „Impingement“ bedeutet anstoßen oder anschlagen; stößt oder reibt also beispielsweise die Supraspinatussehne an die sie umgebenden knöchernen Gelenkstruktur, kann es durch die andauernden Reizungen zu immer wiederkehrenden Schleimbeutelentzündungen in dem betroffenen Schultergelenk kommen. Das führt zunächst zu leichten Schmerzen, die in dauerhafte Beschwerden übergehen und insbesondere bei Überkopfarbeiten zu spüren sind. Zudem können reaktive knöcherne Anbauten am Schultergelenk entstehen, was eine weitere Raumeinschränkung bedeutet. Letztendlich leiden die Betroffenen an einem Dauerschmerz, der meist bis in den Oberarm ausstrahlt. Zu unterscheiden sind das primäre Outlet-Impingement-Syndrom und das sekundäre Non-Outlet-Impingement-Syndrom. Ersteres kann von außen durch einen knöchernen Sporn bedingt sein, also durch eine Veränderung der knöchernen Struktur. Zum anderen können aber auch Muskelerkrankungen, Gelenkinstabilitäten oder auch eine Kalkschulter die Ursache sein.
Helfen Hausmittel wie entzündungshemmende Medikamente, Kühlung oder leichte Bewegungsübungen nicht weiter, sollte man sich frühzeitig von einem auf die Behandlung der Schultern spezialisierten Orthopäden untersuchen lassen. Dieser kann mit bestimmten Provokationstests, also spezifischen Untersuchungstests für die Schulter, bereits mit großer Gewissheit ein Impingement-Syndrom diagnostizieren. Zusätzliche Röntgenaufnahmen können das Ausmaß der knöchernen Einengung sowie gegebenenfalls vorhandene Begleiterkrankungen, beispielsweise eine Kalkschulter, aufzeigen. Erweiterte bildgebende Verfahren, z. B. die Magnetresonanztomografie (MRT), können hingegen Schäden in der Weichteilstruktur, etwa einen Riss in der Rotatorenmanschette, aufdecken. Ein Schulterspezialist kann darüber hinaus mithilfe von Infiltrationstests mit einem Lokalanästhetikum oder einem entzündungshemmenden Medikament die Diagnose weiter ein- bzw. abgrenzen.
Oftmals lassen sich die Beschwerden mit nicht steroidalen, cortisonfreien Antirheumatika (NSAR) wie Diclofenac oder Ibuprofen in den Griff bekommen. Diese Mittel haben neben ihrer schmerzstillenden Eigenschaft auch eine entzündungshemmende Wirkung. Bei akuten Entzündungen kann dagegen die Injektion einer Mischung aus örtlichem Betäubungsmittel und Cortison direkt in den Entzündungsherd sinnvoll sein. Als konservative Behandlungsoption ist oftmals auch eine physikalische Therapie bei Schulterschmerzen hilfreich. Die klassische Physiotherapie versucht dabei mit gezieltem Muskelaufbau gegebenenfalls vorhandene Dysbalancen auszugleichen oder mit manueller Therapie sowie Chirotherapie Blockaden zu lösen. Eine Stoßwellentherapie kann ebenfalls dazu beitragen, Muskelverspannungspunkte (Triggerpunkte) zu minimieren.
Tritt nach sechmonatiger Therapie keine Besserung der Symptome ein, kann sich der Zustand der eingeengten Sehne der Rotatorenmanschette verschlechtern und zu einer Chronifizierung des Krankheitsbildes führen. Daher sollte dann eine operative Behandlung von einem Schulterspezialisten in Betracht gezogen werden. Ziel eines arthroskopisch operativen Vorgehens ist es, den anatomisch eingeengten Raum zu erweitern, chronisch entzündete Schleimbeutel zu entfernen und knöcherne Einengungen zu reduzieren. Sind zusätzlich noch Anteile der Rotatorenmanschette an- oder durchgerissen, können diese gleichfalls mitbehandelt werden. Wie groß dieser Eingriff letztendlich ist, kann teilweise erst während der Durchführung entschieden werden.
Nach einem operativen Eingriff sollte, in Abhängigkeit vom Umfang des durchgeführten Eingriffs, sobald wie möglich mit Bewegungsübungen begonnen werden. Bei Erweiterung des anatomischen Raums des Schulter-Engpass-Syndroms sind eine Bewegungstherapie unter Anleitung oder Eigenübungen sofort möglich. Ist jedoch die Rotatorenmanschette refixiert worden, wird die Schulter mit einer Schlinge ruhiggestellt. Im Einzelfall muss der schulterspezialisierte Operateur aber einen individuellen Nachbehandlungsplan festlegen.
Der Autor
Dr. med. Jens Herresthal
Facharzt für Orthopädie und Unfallchirurgie, spezielle orthopädische Chirurgie, Sportmedizin Holzhausenstraße 81, 60322 Frankfurt
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