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Dermatologie

Seltene Erkrankungen

Ichthyosen Pathogenese-basierte Therapien

Ines Schulz-Hanke

20.8.2024

In der Therapie der Ichthyosen lassen verschiedene Ansätze hoffen, wie die Fortbildungswoche für praktische Dermatologie und Venerologie zeigte. Dazu zählen bereits bekannte Biologika, Kallikrein-Inhibitoren, intravenöse Immunglobuline und: möglicherweise eine Gentherapie.

Die sehr heterogenen kongenitalen Ichthyosen sind Erkrankungen mit Verhornungsstörungen, berichtete Dr. med. Leonie Frommherz (München). Über 50 pathogene Mutationen in verschiedenen Genen seien inzwischen identifiziert, klinisch komme es zu einer Hautbarrierestörung, veränderter epidermaler Differenzierung und erhöhtem transepidermalen Wasserverlust sowie zu daraus resultierenden Symp­tomen. Syndromale Ichthyosen seien – anders als nicht syndromale Formen – mit weiteren Organmanifestationen assoziiert.

Konventionell würden Glycerin oder Dexpanthenol topisch zur Rückfettung eingesetzt sowie, ebenfalls topisch, Keratolytika oder Salicylsäure. Bei starken Keratosen würden systemische Retinoide gegeben, vor allem Acitretin. Da eine veränderte IL-23-/Th-17-­Achse pathologisch offenbar eine Rolle spiele, werde die Eignung bereits für die Psoriasis zugelassener Biologika erforscht. Zudem gebe es zunehmend klinische und präklinische Studien zur zielgerichteten Enzymersatz- und Gentherapie, so Frommherz.

Comèl-Netherton-Syndrom

Das Comèl-Netherton-Syndrom (CNS) tritt mit einer Prävalenz von 1–9 pro 1 Million auf. Ursache sind pathogene Varianten des SPINKS5-Gens, das den Serin-Protease-Inhibitor LEKTI kodiert. Dieser inhibiert die Kallikreine 5, 7 und 14 und sorgt so für eine epidermale Homöostase. Bei fehlender LEKTI-Inhibition werden diese Kallikreine überreguliert, es kommt zur Spaltung wichtiger epidermaler Proteine und zur Aktivierung proinflammatorischer Zytokine. Klinisch findet sich eine Trias aus kongenitaler ichthyosiformer Erythrodermie (CIE) oder Ichthyosis linearis circumflexa (ILC) sowie Haarschaftanomalien und Immunregulationsstörungen. Erste tierexperimentelle Daten zum topischen Einsatz von Kallikrein-Inhibitoren seien sehr vielversprechend, klinische Studien liefen, berichtete Frommherz.

Auch intravenöse Immunglobuline hätten einen Stellenwert in der CNS-Therapie. Eine kleine retrospektive Studie mit Erwachsenen und Kindern und ein pädiatrischer Fallbericht wiesen auf eine Verbesserung von Juckreiz und Hautinfektionen sowie einen deutlichen Abfall des IgE-Spiegels hin.

Das Biologikum Dupilumab (Anti-IL-4/-IL-13) besserte in einer retrospektiven Studie bei 18 von 24 Jugendlichen nach bis zu 6 Monaten Ekzeme, Haarwachstum, Juckreiz und Lebensqualität, insbesondere bei CIE. Die Hemmung der Th17-Achse (Anti-IL-17A) mit Secukinumab und Ixekizumab besserte bei insgesamt guter Verträglichkeit nach 1–6 Monaten Entzündungen, Keratosen und Infektionen, besonders bei ILC. Allerdings variierte das klinische Ansprechen stark und auch Wirkverlust im Therapieverlauf wurde beobachtet.

Die Januskinase-Inhibitoren Abrocitinib und Delgocitinib bewirkten in wenigen Wochen bei einem Erwachsenen bzw. einem Kind Hautverbesserungen.

Autosomal rezessive kongenitale Ichthyosen

Die autosomal rezessiven kongenitalen Ichthyosen (ACRI) treten mit einer Prävalenz von 1–9 pro 1 Million auf und umfassen die lamelläre Ichthyose (LI), die kongenitale ichthyosiforme Erythrodermie sowie die Harlekin-Ichthyose (HI). Verantwortlich sind hier pathogene Varianten verschiedener Gene. Klinisch zeigen sich Schuppung und Erythem in variabler Ausprägung und Komplikationen wie eine gestörte Thermoregulation oder ein Ektropium.

Ustekinumab (Anti-IL-12/-IL-23) besserte bei einem 4-Jährigen mit NIPAL4-assoziierter ACRI den Hautbefund und reduzierte Schuppung und Juckreiz bei einem 6-Jährigen mit CYPA4F-assoziierter CIE.

Secukinumab (Anti-IL-17A) zeigte in einer doppeltverblindeten, randomisierten, placebokontrollierten Studie mit 18 Kindern und Jugendlichen nach 16 Wochen unterschiedliche Ergebnisse: Die Teilnehmenden mit LI hatten nicht angesprochen, während jene mit CNS oder CIE am besten ansprachen. Insgesamt waren die Effekte jedoch gering.

Dupilumab (Anti-IL4/-IL-13) über 2 Jahre reduzierte bei einem 4-Jährigen mit CYP4F22-Mutationen und pathogener FLP-Variante Rötung, Juckreiz und kutane Infektionen deutlich.

Was könn(t)en Biologika, Kallikrein-Inhibitoren und Gentherapie?

Bisher schienen Biologika bei inflammatorischen Formen der Ichthyose (CIE, CNS) besser zu wirken, fasste Frommherz zusammen. Lamelläre Ichthyose, epidermolytische Ichthyose und weitere syndromale Formen (außer CNS) hätten weniger gut angesprochen. Insgesamt sei die Wirkung schlecht vorhersehbar und die Dosis-Wirkungs-Beziehung unklar (Abb.). Die Kallikrein-Inhibitoren seien ein aussichtsreicher Ansatz. Eine Gentherapie werde aktuell in einer Phase-I/II-Studie geprüft – die lokale Therapie mit TGM-1-transgenem HSV1-Vektor bei lamellärer Ichthyose mit Transglutaminase-1-Mutation.

Vortrag „Update zur Therapie von Ichthyosen“, FOBI 2024

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