Immuntherapie ist eine potenzielle Behandlungsoption bei Typ-1-Diabetes, um die körpereigene Insulinproduktion von Patienten zu erhalten. Die Anwendung erfolgt nach Diabetesmanifestation als adjuvante Therapie neben der Insulintherapie, oder bereits vorher im symptomlosen Frühstadium der Erkrankung.
Seit 100 Jahren basiert die Behandlung von Personen mit Typ-1-Diabetes (T1D) auf Insulinsubstitution. Bis heute kann mit dieser Therapieform jedoch meist keine physiologische Einstellung des Blutzuckers im Verlauf der chronischen Erkrankung erzielt werden. Dies fördert das Auftreten von diabetischen Folgeerkrankungen, verbunden mit reduzierter Lebensqualität und Lebenserwartung bei Betroffenen.
Die metabolische Erkrankung, bedingt durch Insulinmangel, ist eine Folge der Autoimmunerkrankung T1D, in deren Verlauf die Insulin-produzierenden Betazellen in den Langerhans-Inseln der Bauchspeicheldrüse zerstört werden (Inselautoimmunität). In einer neuen Stadieneinteilung werden präsymptomatische Frühstadien des T1D definiert, die gekennzeichnet sind durch das Auftreten von multiplen (≥ 2 verschiedenen) Inselautoantikörpern bei Normoglykämie (Stadium 1) oder Dysglykämie mit Auffälligkeiten im Glucosestoffwechsel (Stadium 2). Diesen Frühstadien der Erkrankung folgt die Manifestation des klinisch-symptomatischen Diabetes mit Hyperglykämie nach WHO-Kriterien (Stadium 3) (Abb. 1).
Autoimmunprozess modulieren
Immuntherapeutische Ansätze verfolgen das Ziel, möglichst viele funktionstüchtige Betazellen zu erhalten. Jede noch verbliebene körpereigene Insulinproduktion trägt bei Patienten zur verbesserten Einstellung des Glucosestoffwechsels sowie zur Reduktion des exogenen Insulinbedarfs bei. Folgeerkrankungen und Hypoglykämien können so vermieden bzw. reduziert werden. Die Daten von aktuellen klinischen Studien belegen, dass durch Immuntherapie der Krankheitsverlauf bei T1D modifiziert und die Abnahme der Betazell-Funktion (C-Peptid-Konzentration) verzögert werden kann. In Stadium 3 erfolgt die Immuntherapie dabei zusätzlich zur regulären Insulintherapie.
Vergleichbare Behandlungserfolge wurden für verschiedene immuntherapeutische Ansätze bei Patienten mit neu manifestiertem T1D (Stadium 3) berichtet (jeweils im Vergleich mit Placebo-behandelten Studienteilnehmern):
Optionen für nachhaltigere Therapieerfolge
Die Studienergebnisse verdeutlichen, dass im klinischen Stadium 3 der Autoimmunprozess mit verschiedenen Immuntherapien effektiv moduliert werden kann. Die Abnahme der Betazell-Funktion konnte mit bisherigen Protokollen jedoch nicht langfristig aufgehalten werden. Aktuell prüft die PROTECT-Studie (ClinicalTrials.gov NCT03875729) wiederholte Therapiezyklen mit Teplizumab bei Patienten im Alter von 8 bis 17 Jahren. Kombinationstherapien, die auf komplementäre Aspekte der Inselautoimmunität einwirken, könnten zudem die Effizienz der Behandlung erhöhen.
Zulassung für Teplizumab zur Prävention beantragt
Herausragend ist, dass für Teplizumab gezeigt werden konnte, dass ein 14-tägiger Behandlungszyklus bei Personen im präsymptomatischen Stadium 2 die Progression zum klinischen Stadium 3 um etwa drei Jahre verzögert (Abb. 2) [7,8]. Das Ergebnis dieser Studie des Type 1 Diabetes-TrialNet Konsortiums wird als Durchbruch in der Prävention des Typ-1-Diabetes gewertet. Für Teplizumab wurde die Zulassung für die Behandlung von Personen mit T1D im Stadium 2 beantragt.
Die Autorin
Dr. rer. nat. Kerstin Kick
Studienkoordinatorin
Deutsches Forschungszentrum
für Gesundheit und Umwelt
Helmholtz Zentrum München
Der Autor
Prof. Dr. med. Peter Achenbach
Stellv. Direktor
Institut für Diabetesforschung
Helmholtz Zentrum München
Forschergruppe Diabetes
TU München
Bildnachweis: privat