Bei COPD betreffen morphologische und funktionelle Veränderungen häufig nicht nur die Lunge, sondern es bestehen zusätzliche Komorbiditäten, z. B. koronare Herzkrankheit, Diabetes mellitus, Schlafapnoe oder Osteoporose. Sind diese nun Begleiterscheinungen der COPD oder treten sie altersbedingt auf?
Forschende des Deutschen Zentrums für Lungenforschung werteten Daten des COSYCONET-Registers unter der Fragestellung aus, in welchem Ausmaß Multimorbidität bei Patienten mit einer chronisch-obstruktiven Lungenerkrankung (COPD) Folge der Progression der Grunderkrankung COPD oder aber Begleiterscheinung des steigenden Patientenalters ist. Eine groß angelegte COSYCONET-Kohortenstudie („German COPD and SYstemic consequences-COmorbidities NETwork”) verfolgte das primäre Ziel, die Bedeutung extrapulmonaler Organmanifestationen und -störungen für den Verlauf der COPD zu quantifizieren. Von 2 030 Patienten in der Baseline-Phase schlossen 878 Patienten insgesamt vier Follow-ups über einen Zeitraum von 4,5 Jahren ab. Sie wurden jeweils zu Symptomen, Exazerbationen, Lebensqualität und Lungenfunktion befragt sowie zu den möglichen Komorbiditäten.
Die Autoren der aktuellen Auswertung schätzten den Beitrag der COPD, indem sie die bei den vier Nachuntersuchungen erhobenen Daten mit denen zu Beginn der Studie verglichen und den zeitlichen Verlauf der COPD-Merkmale berücksichtigten. So wurden mögliche Veränderungen des COPD-Schweregrads erfasst. Außerdem verglichen sie die Koeffizienten, die dem letzten Follow-up-Termin zugeschrieben wurden, mit den Koeffizienten, die einem 5-Jahres-Anstieg des Alters zugeordnet wurden. Für den Beitrag des Alters wurde u. a. das Alter bei jedem Besuch herangezogen. Da dieses zwangsläufig im Verlauf der Follow-ups anstieg, wurden Alter und Besuche miteinander korreliert. Bei 25 % der Patienten war die COPD mindestens 11 Jahre vor der Aufnahme in COSYCONET diagnostiziert worden, sodass hier mehr Zeit für potenzielle COPD-Effekte auf Komorbiditäten zum Tragen kam.
Faktor Alter spielt mit eine Rolle
Auch wenn die Autoren der Analyse konzedieren, dass das Auftreten von Komorbiditäten nicht ausschließlich auf das COPD-Stadium oder auf das Lebensalter zurückzuführen ist, zeigten sich Zusammenhänge: Die Prävalenzen von Herzversagen, Diabetes, Hyperlipidämie, Hyperurikämie, Osteoporose und Schlafapnoe ließen sich eher der Progression der COPD zuordnen, der Faktor Alter dagegen dominierte beim Auftreten von Hypertonie und peripherer arterieller Verschlusskrankheit.
Die Ergebnisse deuten darauf hin, dass bei Patienten mit COPD das Alter eine Rolle für das Auftreten von Komorbiditäten spielt, während die Zunahme über mehrere Besuche hinweg wahrscheinlich das intrinsische Risiko der COPD widerspiegelt. Die Unterscheidung zwischen Alters- und COPD-assoziierten Faktoren für die Entstehung von Komorbiditäten könnte der klinischen Bewertung bzw. Risikobewertung einzelner Patienten eine neue Dimension verleihen, da COPD-assoziierte Faktoren möglicherweise besser zu behandeln sind als altersbedingte Risiken. st
Alter P et al., Disease Progression and Age as Factors Underlying Multimorbidity in Patients with COPD: Results from COSYCONET. In: International Journal of Chronic Obstructive Pulmonary Disease 2022; 17: 1703–1713