Neben der bereits zugelassenen Therapie mit Atezolizumab für Patientinnen mit metastasiertem triple-negativem Mammakarzinom (Erstlinie) liegen jetzt weitere Behandlungsmöglichkeiten mit dem PD-1-Inhibitor Pembrolizumab vor. Dieser Beitrag stellt die aktuellen Daten dazu vor.
Das triple-negative Mammakarzinom (TNBC) gehört weiterhin zu den größten Herausforderungen der gynäkologischen Onkologie bzw. der Senologie. Die Prognose des frühen Karzinoms ist schlechter im Vergleich zu allen anderen Brustkrebssubtypen [1-4], im lokal fortgeschrittenen Stadium II–III kann von einem 5-Jahres-Gesamtüberleben von 77 % ausgegangen werden [5]. Insofern ist es weiterhin dringend geboten, nach neuen Therapieansätzen zu suchen, sowohl in der kurativen Therapie des frühen Karzinoms als auch für die palliative Behandlung der rezidivierten oder metastasierten Erkrankung.
KEYNOTE-522-Studie
Für den erfolgreichen Einsatz von Checkpointinhibitoren bei der Therapie des frühen triple-negativen Mammakarzinoms gibt es schon seit geraumer Zeit eine entsprechende Rationale. Unter anderem besteht eine hohe lokale Dichte an immunaktiven Zellen, z. B. Tumor-infiltrierende Lymphozyten (TIL). Zudem liegen bereits positive Daten für die Therapie des metastasierten Karzinoms vor, sowohl für den PD-L1-Inhibitor Atezolizumab als auch für den PD-1-Inhibitor Pembrolizumab [6,7].
Daher widmeten sich in der Folge mehrere klinische Studienprojekte auch dem Einsatz dieser Checkpointinhibitoren in der neoadjuvanten bzw. adjuvanten Therapiesituation, von denen einige Studiendaten jetzt bereits publiziert werden konnten. Besondere Bedeutung erlangte in diesem Zusammenhang die Keynote-522-Studie, deren Ergebnisse bezgl. des Studienendpunkts „event-free survival“ im Februar 2022 im New England Journal of Medicine zuletzt veröffentlicht wurden [8].
Es handelte sich dabei um eine große internationale, multizentrische prospektiv-randomisierte Phase-III-Studie, im Zuge derer 1 174 Patientinnen mit frühem Mammakarzinom und Risikokonstellation (Stadium II–III) eingeschlossen wurden. Die Patientinnen wiesen entweder einen nodalpositiven Befund und/oder eine Tumorgröße von > 2 cm auf. Es erfolgte dabei keine Einschränkung hinsichtlich des am Tumor bestimmten PD-L1-Status, die Patientinnen wurden unabhängig davon zur Studienteilnahme zugelassen.
In einem Verhältnis 2 : 1 erfolgte die Randomisation auf zwei neoadjuvante Therapiearme. Alle Patientinnen erhielten eine Chemotherapie mit Carboplatin und Paclitaxel, gefolgt von Epirubicin (Adriamycin) und Cyclophosphamid. Dazu wurde verblindet entweder mit Pembrolizumab 200 mg i. v. im dreiwöchentlichen Rhythmus behandelt, respektive erhielten die Patientinnen ein Placebo. Nach anschließend erfolgter Operation wurde dann im Nachgang noch über neun Zyklen adjuvant nachbehandelt, ebenfalls jeweils mit Pembrolizumab oder Placebo.
Primäre Studienendpunkte waren die Rate an pathologischen Komplettremissionen (pCR-Rate) und das event-free survival (EFS). In einer ersten Publikation zu den Ergebnissen dieser Studie konnte bereits 2020 eine signifikante Verbesserung der pCR-Rate zugunsten einer erfolgten Pembrolizumab-Behandlung nachgewiesen werden. Bei den Patientinnen, die in ihrem Therapiekonzept eine Checkpointinhibition eingeschlossen hatten, konnte eine pCR-Rate von 64,8 % gefunden werden, wohingegen alle Patientinnen, die nur mit Placebo therapiert worden waren, eine pCR-Rate von 51,2 % aufwiesen [9].
Vor dem Hintergrund, dass die pCR-Rate ein nachgewiesener Surrogatparameter für die Prognose der jeweiligen Patientin darstellt, wurden daher die nächsten Daten hinsichtlich des EFS mit Spannung erwartet. Diese wurden im Zuge einer ersten Interims-Analyse nach einem medianen Follow-up von 39,1 Monaten erhoben. Dabei konnte für die Patientinnen, die mit Pembrolizumab behandelt wurden, ein signifikant besseres EFS nach 36 Monaten beobachtet werden, von 84,5 % gegenüber 76,8 % in der Placebogruppe (p < 0,001) (Abb. 1). Bemerkenswerterweise zeigte sich dieses Ergebnis dabei unabhängig vom korrespondierenden PD-L1-Status.
Die Daten zum Gesamtüberleben (overall survival, OS) waren zu diesem Zeitpunkt unreif und stehen derzeit noch aus. Die Verträglichkeit bzw. das Nebenwirkungsprofil bewegten sich im Zuge dessen, was man von einer neoadjuvanten Chemotherapie mit zusätzlicher Implementierung von Pembrolizumab erwartet hatte.
Die positiven Ergebnisse der KEYNOTE-522-Studie wurden in der Fachwelt sehr beeindruckt aufgenommen und diskutiert, die AGO Organkommission Mamma nahm in der Folge die Gabe von Pembrolizumab mit einer „+“-Empfehlung für die Behandlung von Patientinnen mit frühem triple-negativem Mammakarzinom und Risikobefund (N+ und/oder Tumorgröße > 2 cm) auf und in der Folge wurde auch eine entsprechende Zulassung für das Medikament erteilt. Die Zulassung gilt dabei unabhängig vom PD-L1-Status des Tumors.
KEYNOTE-355-Studie
In der Therapie des metastasierten triple-negativen Mammakarzinoms ist ja bereits seit geraumer Zeit in Option einer PD-L1-Inhibition mittels Atezolizumab bei PD-L1-positivem Befund in der Erstlinie gegeben. Zugrunde liegen hier die Daten der IMpassion130-Studie [7].
Analog dazu hatten sich die Autoren der KEYNOTE-355-Studie mit dem Einsatz von Pembrolizumab in diesem Setting auseinandergesetzt. Bei diesem Trial handelte es sich ebenfalls um eine große internationale, multizentrische prospektive, randomisierte Phase-III-Studie. Eingeschlossen wurden insgesamt 847 Patientinnen mit nicht vorbehandeltem entweder lokal fortgeschrittenem, inoperablem oder metastasiertem triple-negativem Mammakarzinom. Die Patientinnen konnten eine Chemotherapie nach Maßgabe der behandelnden Ärzte erhalten (Treatment of physicians’s choice, TPC). Dabei wurde nabPaclitaxel, Gemcitabin/Carboplatin oder Paclitaxel eingesetzt.
Zusätzlich erhielten die Patientinnen per Zufall zugeteilt entweder eine Immuncheckpointinhibition mit 200 mg Pembrolizumb i. v. alle drei Wochen oder eine Placebotherapie (2 : 1 Randomisation). Die Behandlung wurde fortgesetzt bis zum Progress der Erkrankung oder bis zum Auftreten intolerabler Nebenwirkungen. Die primären Endpunkte der Studie waren das progressionsfreie Überleben (PFS) und das Gesamtüberleben.
Bei der Auswertung wurde dabei streng unterschieden hinsichtlich des combined positive scores (CPS) bezüglich des PD-L1-Status. Unterschiedlich betrachtet wurden Patientinnen, deren Tumor einen CPS von 10 oder mehr aufwies, gegenüber Patientinnen mit einem CPS von 1 oder mehr und einer Intention-to-Treat(ITT)-Population. Nachdem bereits in einer zweiten Interims-Analyse und nach einem medianen Follow-up von 25,9 Monaten eine signifikante Verbesserung des PFS für die Patientinnengruppe mit einem CPS von 10 oder mehr gefunden worden war [7], wurden in der Folge ebenfalls mit Spannung die Ergebnisse hinsichtlich des Gesamtüberlebens erwartet.
Hier konnte ein Gesamtüberleben von 23 Monaten bei Patientinnen gefunden werden, deren Tumor einen CPS von 10 oder mehr aufwies und die eine Behandlung mit einer Immuncheckpointinhibition mit Pembrolizumab erhalten hatten, gegenüber 16 Monaten bei den Patientinnen, die ein Placebo erhielten (p = 0,0185) (Abb. 2). Für die Patientinnen mit einem CPS von 1 oder mehr ergab sich hingegen kein signifikant unterschiedliches OS (17,6 Monate versus 16 Monate). Und auch in der ITT-Population war kein entsprechender Unterschied festzustellen (17,2 Monate versus 15,5 Monate). Auch in dieser Studie bewegten sich die beobachteten Nebenwirkungen innerhalb der Erwartungen für die eingesetzten Regime.
Die AGO Organkommission Mamma empfiehlt die Behandlung von Patientinnen mit metastasiertem triple-negativem Mammakarzinom und einem CPS von 10 oder mehr in der first-line analog zur KEYNOTE-355-Studie mit nabPaclitaxel, Paclitaxel oder Gemcitabin/Carboplatin und Pembrolizumab mit „++“. Das therapiefreie Intervall (TFI) sollte ≥ 6 Monate betragen. Eine entsprechende Zulassung liegt ebenfalls vor.
In der metastasierten Situation sind Verlängerung der Überlebenszeit und Erhalt der Lebensqualität die wichtigsten Therapieziele. Bei der Wahl der Therapie und Frage nach einer möglichen zielgerichteten Therapie beim fortgeschrittenen bzw. metastasierten TNBC sind gemäß dem Algorithmus der AGO neben dem Wunsch der Patientin folgende Parameter wichtig :
• PD-L1-Status
• BRCA1/2-Mutation
• Vortherapien (Verträglichkeit)
• therapiefreies Intervall
Der Algorithmus der AGO ist in Abb. 3 zusammengefasst [10].
Chemotherapie
Die chemotherapiebasierte Erstlinientherapie beim TNBC besteht meist aus der Kombination Paclitaxel/Bevacizumab bzw. Capecitabin/Bevacizumab [10]. Die Hinzunahme von Bevacizumab führte in Studien zu signifikanten Verbesserungen des PFS; allerdings konnte bisher keine signifikante Verbesserung des OS gezeigt werden [11].
Bei PD-L1-Positivität des metastasierten TNBC sind Immuncheckpointinhibitoren auch hier neuer Erstlinien-Standard. Allerdings unterscheidet sich die prädiktive PD-L1-Bestimmung in der metastasierten Situation für die beiden zugelassenen Substanzen [4,10]. Beim schon länger zugelassenen Atezolizumab wird zur Prädiktion der Wirksamkeit der sogenannte immune cell score (IC) genutzt, der die PD-L1-Expression auf Immunzellen bewertet; bei Pembrolizumab dagegen der combined positive score, der die PD-L1-Expression auf den Immun- wie auf den Tumorzellen berücksichtigt.
Die AGO spricht sich für die Kombination Pembrolizumab/Chemotherapie bei einem therapiefreien Intervall ≥ 6 Monaten und PD-L1-Positivität (CPS ≥ 10) aus [10]; als Chemotherapie-Kombinationspartner kommen nabPaclitaxel, Paclitaxel oder die Kombination Carboplatin/Gemcitabin infrage. Atezolizumab plus nabPaclitaxel konnte gegenüber nabPaclitaxel mono das PFS unabhängig vom PD-L1-Status verbessern, eine signifikante Verbesserung des OS wurde allerdings nur in der PD-L1-positiven Subgruppe erreicht [6]. Auch mit Paclitaxel statt nabPaclitaxel ergab sich kein OS-Vorteil gegenüber der Monotherapie [12].
PARP-Inhibitoren
Die PARP-Inhibitoren (PARPi) Olaparib und Talazoparib führten bei Patientinnen mit metastasiertem Mammakarzinom und BRCA1/2-Keimbahnmutation im Vergleich zu einer Chemotherapie zu einer Verbesserung des PFS [13,14]. Sowohl Olaparib als auch Talazoparib sind beim HER2-negativen metastasierten Mammakarzinom mit BRCA1/2-Keimbahnmutation zugelassen. Je früher diese eingesetzt werden, desto wirksamer. Unklar ist inwiefern PARPi auch bei anderen Mutationen von Genen der homologen DNA-Rekombination von Bedeutung sein könnten. Ob Patientinnen mit metastasiertem TNBC mit einer BRCA-Keimbahnmutation und positivem PD-L1-Status bevorzugt mit ICI oder PARPi behandelt werden sollen, ist noch offen.
Sacituzumab Govitecan
Sacituzumab Govitecan ist ein IgG1-Antikörper, der spezifisch für das Trop-2-Protein ist und in seinem Fc-Teil an das Zytostatikum SN-38 gekoppelt ist. SN-38 ist der aktive Metabolit von Irinotecan und stellt einen potenten Topoisomerasehemmer dar. Die Ergebnisse der ASCENT-Studie zeigten einen klaren Vorteil beim overall survival von 12,1 Monaten versus 6,7 Monaten bei TNBC-Patientinnen, die zuvor mit mindestens zwei Standardtherapielinien behandelt worden waren [15]. Ähnlich deutlich ist der Unterschied im Bereich der Ansprechraten (35 % versus 5 %). Der Trop-2-Status ist für die Wirksamkeit nicht prädiktiv, somit muss dieser Biomarker vor der Therapie nicht bestimmt werden.
Trastuzumab-Deruxtecan
Auf dem ASCO 2022 vorgestellte Daten zur DESTINY-Breast04-Studie zeigen, dass auch das ADC Trastuzumab-Deruxtecan bei Tumoren mit HER2-low-Status unabhängig vom Hormonrezeptorstatus wirksam ist. Ursprünglich war Trastuzumab-Deruxtecan für die Behandlung des HER2-positiven Mammakarzinoms entwickelt und zugelassen worden. Diese Daten eröffnen eine weitere Therapieoption für das fortgeschrittene/metastasierte TNBC [16]. rm
FAZIT
Neben der bereits zugelassenen Therapie mit Atezolizumab für Patientinnen mit metastasiertem triple-negativem Mammakarzinom (first-line) liegen jetzt weitere Behandlungsmöglichkeiten mit dem PD-1-Inhibitor Pembrolizumab vor. In der metastasierten Situation muss dabei klar auf den CPS geachtet werden, da die Indikation nur für einen CPS von 10 oder mehr gegeben ist.
Bei einem CPS von 20 oder mehr ergibt sich möglicherweise auch ein Ansatz für eine Monotherapie. Dies muss im Einzelfall und am besten im Zuge einer Tumorkonferenz geprüft und erörtert werden. Neu ist die Option zur Checkpointinhibition für das frühe Mammakarzinom mit Risikobefund. Anders als bei metastasierten Karzinomen ist jedoch keine Abhängigkeit von PD-L1-Status gegeben. Pembrolizumab kann bei entsprechenden Risikobefunden neoadjuvant bzw. adjuvant zur Chemotherapie (> Onkologie) kombiniert werden.
Die Daten der GeparDouze-Studie der German Breast Group (GBG) werden nun ebenfalls mit Spannung erwartet. Bei dieser multizentrischen prospektiv-randomisierten Phase-III-Studie wurden ebenfalls Patientinnen mit frühem triple-negativem Mammakarzinom und einer Risikokonstellation untersucht und randomisiert entweder mit Atezolizumab oder mit Placebo zusätzlich zur neoadjuvanten Chemotherapie behandelt. Im Anschluss an die Operation erhielten die Patientinnen noch eine Erhaltungstherapie mit Atezolizumab/Placebo über ein Jahr. Diese Studie wurde im Mai 2021 in der Rekrutierung beendet.
Der Autor
Prof. Dr. med. Michael Eichbaum
MHBA, Direktor der Klinik für Gynäkologie und Gynäkologische Onkologie
Helios Dr. Horst Schmidt Kliniken, Wiesbaden
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10 AGO www.ago-online.de/leitlinien-empfehlungen/leitlinien-empfehlungen/kommission-mamma
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