Autoimmunthyreopathien entstehen durch Auftreten körpereigener Antikörper, die sich gegen verschiedene Zellstrukturen der Schilddrüse richten. Ursachen sind negativer Stress, Tabak oder unbekannt. Eine kausale Therapie gibt es nicht. L-Thyroxin oder Thyreostatika haben keinen Einfluss auf die Höhe der Antikörper.
Bei Autoimmunthyreopathien (AIT) richten sich Auto-Antikörper (Auto-Ak; Peroxidasen, mikrosomale Ak, Thyreoglobulin-Ak) gegen die Schilddrüse (SD) bzw. bei Morbus Basedow gegen den Thyreoidea-stimulierenden-Hormon(TSH)-Rezeptor (TRAK). Die Ak kreuzreagieren gelegentlich mit Zellstrukturen von Augenmuskeln und führen so bei M. Basedow zu einer endokrinen Orbitopathie (EO). Unter Gesunden weisen 10–18 % SD-Ak im Blut auf – jedoch ohne Funktionsstörung der SD. Manche entwickeln eine Hypo- oder Hyperthyreose, bei anderen verschwinden die SD-Ak spontan wieder. Diese machen per se keine Beschwerden, sind durch Ernährung nicht beeinflussbar und Jodmangel führt nicht zu einer Reduktion der SD-Ak-Spiegel. Mit Ausnahme von TRAK und EO richten sich SD-Ak nicht gegen andere Organe.
Hashimoto-Thyreoiditis
Die eigentliche Hashimoto-Thyreoiditis zeigt sich durch eine vergrößerte, echoarme Struma (Abb. 1a) mit und ohne Hypothyreose. Sie ist selten und kommt häufig im Zuge von starken Hormonveränderungen vor (Pubertät, postpartal, postmenopausal). Sie kann jahrelang ohne Auftreten einer Hypothyreose Betroffene begleiten. Sie macht keine Beschwerden außer einem „dicken“ Hals bzw. einem Druck- oder Kloßgefühl im Hals.
Atrophische Thyreoiditis
Die weitverbreitetste Form der AIT ist die atrophische AIT mit und ohne Hypothyreose. Sie ist häufig zu beobachten, ebenfalls schmerzlos und kann jahrelang ohne Schilddrüsenfunktionsstörung bleiben. Sie ist bis zu einem gewissen Stadium reversibel. Besteht die Krankheit aber sehr lange (ca. > 5 Jahre), entwickelt sich eine irreversible Hypothyreose.
Postpartale Thyreoiditis
Eine Sonderform der AIT tritt bei 5–7 % aller Mütter im ersten Jahr post partum auf. Sie verläuft meist biphasisch, d. h. mit initial transienter, hyperthyreoter Phase durch Zelldestruktion und anschließend lebenslanger Hypothyreose bzw. lebenslanger Substitutions-Notwendigkeit. Eine niedrig dosierte Thyreostatika-Gabe führt zu einem milderen Verlauf der Hyperthyreose. Besonders bei der postpartalen Depression muss an die Hypothyreose als Ursache der Depression gedacht werden. Sonografisch imponiert häufig ein Bild wie bei hypertropher AIT mit Struma, Echoarmut und vermehrter Durchblutung in der hyperthyreoten Phase (Abb. 1b) und verminderten Durchblutung in der hypothyreoten Phase (Abb. 1c).
Die verschiedenen Formen der AIT können ineinander übergehen. Die Diagnose wird häufig als Zufallsbefund entweder durch erhöhtes TSH beim Hausarzt oder bei der SD-Sonografie gestellt.
Oft wird die AIT als Ursache für psychosomatische Beschwerden gesehen, bei normalem TSH ist dies aber nicht richtig, denn SD-Ak machen keine Beschwerden. Sehr häufig werden – insbesondere in Internetforen – Symptome der Hypothyreose mit denen der AIT vermischt, daher sind Patienten oftmals sehr erstaunt, wenn die Beschwerden bei Erreichen einer Euthyreose nicht verschwinden.
Therapieoptionen
Eine kausale Therapie der erhöhten SD-Ak ist nicht bekannt. Eine Glukokortikoid-Therapie oder eine andere immunsupprimierende oder immunmodulierende Therapie führt nicht zu einer Suppression der SD-Ak. Selen kann begleitend gegeben werden, es unterstützt das Immunsystem. Man behandelt u. a. die Hypothyreose mit L-Thyroxin bzw. die Hyperthyreose mit Thyreostatika. Eine L-Thyroxin-Therapie führt jedoch nicht zum Absinken der SD-Ak. Eine höher dosierte Jodid-Therapie führt ebenfalls nicht zu einer Suppression der SD-Ak. Eine Jodsupplementierung hat keinen positiven oder negativen Einfluss auf den Verlauf einer AIT. Eine Schmerztherapie oder antientzündliche Therapie ist nicht nötig, da die AIT keine Schmerzen bereitet. Eine Mental- oder eine Psychotherapie sind sehr effektiv. Die erfolgreiche Verarbeitung von Konfliktsituationen führt zu einem Absinken erhöhter SD-Ak. Es gibt Patienten, die die Höhe ihrer SD-Ak als Maß der Güte ihrer Psychotherapie benutzen.
Der Autor
Prof. Dr. med. Dr. h.c. Christian Wüster
Facharzt für Innere Medizin, Endokrinologie und Diabetologie, Osteologe DVO
Ärztlicher Leiter des Hormon- und Stoffwechselzentrums Prof. Wüster MVZ GmbH Mainz
Literatur beim Autor
Bildnachweis: privat