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Onkologie

Aktuelle Entwicklungen in der Behandlung des

Mammakarzinoms

Prof. Dr. med. Michael Eichbaum

Obwohl Brustkrebs immer noch die häufigste onkologische Erkrankung bei Frauen ist, wurden in den letzten Jahren enorme Fortschritte in der Behandlung dieser Entität erzielt. Ganz aktuell sind die neuen therapeutischen Strategien, die beim diesjährigen texanischen San Antonio Breast Cancer Symposium (SABCS) vorgestellt wurden. Hier ein Überblick.

Seit 1977 findet jährlich im texanischen San Antonio der internationale Kongress klinischer Experten zu Diagnostik und Therapie des Mammakarzinoms statt. Über 7.500 Teilnehmer fanden auch im vergangenen Dezember wieder zum mittlerweile 42. San Antonio Breast Cancer Symposium (SABCS) zusammen, um über die aktuellsten Entwicklungen und Daten aus klinischen Studien zu diskutieren. Nicht zuletzt von diesem Meeting gehen derzeit wichtige Impulse zur Weiterentwicklung der Brustkrebs­behandlung aus.

Endokrine Therapie

Insbesondere nach der Publikation der Daten der ATLAS- und der ATTOM-Studie haben sich in der ­adjuvanten endokrinen Therapie die Empfehlungen in Richtung einer Verlängerung der Behandlungsdauer entwickelt. Nach fünf Jahren wird in der Regel anhand der bisherigen Verträglichkeit, der eventuell vorhandenen Nebenwirkungen, der Motivation der Patientin und der individuell gegebenen prognostischen Risiken über eine weitere Ausdehnung der endokrinen Therapie im Sinne einer erweiterten adjuvanten Therapie (extended adjuvant treatment, EAT) entschieden. Zu diesem Themenkomplex wurden im Rahmen des 42. San Antonio Breast Cancer Symposium die aktuellen Ergebnisse der NRG-Oncology/NSABP-B-42-Studie präsentiert.[1] In dieser doppel-blinden, placebokontrollierten randomisierten, Phase-III-Studie wurden zwischen 2006 und 2010 fast 4.000 postmenopausale Patientinnen mit primärem hormonrezeptorpositivem Mammakarzinom behandelt. Alle Patientinnen wiesen bei Randomisation eine adjuvante endokrine Therapie über fünf Jahre auf, sei es mit einem Aromatasehemmer upfront oder im Sinne eines Switch-Konzepts mit ­Tamoxifen und Aromatasehemmern. Im Rahmen der dann anschließenden Studientherapie erhielten die Patientinnen entweder Letrozol 2,5 mg/die über weitere fünf Jahre oder Plazebo. In San Antonio wurden jetzt hierzu die 10-Jahres-Follow-up-Daten vorgestellt. Dabei konnte sich der bereits zuvor berichtete positive Trend zugunsten einer erweiterten adjuvanten Therapie bestätigen. Auf Niveau des disease-free-survivals wurde ein signifikant besseres Ergebnis durch Letrozol erzielt (76,1 % vs. 72,1 % nach 10 Jahren; p = 0,011) (Abb. 1). Diese Daten werden sicherlich auf kommende Empfehlungen zur endokrinen Therapie Einfluss haben und weiter zu diskutieren sein.

Immuntherapie – Checkpoint-Inhibition

2019 war es zur beschleunigten Zulassung einer Kombinationstherapie bestehend aus Nab-Paclitaxel und Atezolizumab in der Erstlinientherapie von Patientinnen mit metastasiertem, triple-negativem, PD-L1-positivem Mammakarzinom gekommen. Hintergrund waren die sehr überzeugenden Ergebnisse der IMpassion130-Studie, mit der auch ein signifikanter Überlebensvorteil für diese Kombination gezeigt werden konnte.[2] Anläßlich des 42. San Antonio Breast Cancer Meeting wurde ein Update der Daten der Keynote-522-Studie vorgestellt.[3] Dabei handelt es sich um eine prospektive Phase-III-Studie, bei der der Checkpoint-Inhibitor Pem­brolizumab jeweils randomisiert zu einer neoadjuvanten Chemotherapie bzw. als adjuvante Therapie bei Patientinnen mit triple-negativem Mammakarzinom dazugegeben wurde (Abb. 2). Dabei konnte die für die prognostische Einschätzung so wichtige Rate an pathologischen Komplettremissionen (pCR-Rate) im experimentellen Arm auf 64,8 % gesteigert werden und lag damit hoch signifikant über dem plazebokontrollierten Arm (51,2 %; p = 0.00055). Bemerkenswerterweise war dieser Effekt unabhängig vom PD-L1-Status der Studienpatientinnen.

HER2-positives Mammakarzinom

Ebenfalls 2019 konnte basierend auf den positiven Ergebnissen des KATHERINE-trials die Zulassung für das Antikörper-Wirkstoff-Konjugat T-DM1 in der postneoadjuvanten Therapie von Patientinnen mit primärem HER2-positiven Mammakarzinom mit Tumorrest nach Neoadjuvanz erzielt werden. Die Anfang 2019 publizierten Daten wurden in San Antonio im Dezember dann im Follow-up noch einmal bestätigt.[4] Eine nächste, folgerichtige Frage, die sich ergibt, ist nun, ob T-DM1 nach diesen positiven Daten nicht auch als direkte Option in der Adjuvanz in Frage käme. Dies zu klären, hatten sich die Autoren der ATEMPT-Studie zum Ziel gesetzt, deren Daten im Rahmen einer General Session in San Antonio präsentiert wurden.[5] In dieser klinischen, randomisierten Phase-II-Studie wurden 497 Patientinnen mit primärem, früherem HER2-positiven Mammakarzinom im Stadium I nach Operation im Standardarm mit einer Kombinationschemotherapie bestehend aus 12 Zyklen Paclitaxel (80 mg/m²) und Trastuzumab (2  mg/kg KG) wöchentlich behandelt. Danach schloss sich eine Monotherapie mit Trastuzumab (6 mg/kg KG) dreiwöchentlich über 13 Zyklen an. Dem gegenüber stand ein experimentelles Regime mit T-DM1, welches mit 3,6 mg/kg i. v. im dreiwöchentlichen Rhythmus über 17 Zyklen appli­­ziert wurde. Dabei zeigte sich, daß die adjuvante T-DM1-Therapie in der bisherigen Beobachtung ein exzellentes Recurrence-free-Survival von 99,1 % nach drei Jahren erreichte. Allerdings wurden auch mehr klinisch relevante Nebenwirkungen (≥Grad 2) als im Standardarm festgestellt (Tab. 1). Dies deckt sich mit den Erfahrungen aus dem KATHERINE-trial und muss bei der weiteren klinischen Bewertung sicher mitberücksichtigt werden. Unabhängig von den beeindruckenden Ergebnissen, die auf der 42. San Antonio Breast Cancer Conference vorgestellt wurden und die gegenwärtig die Diskussion beherrschen, wurde unlängst aber auch eine vielbeachtete Arbeit zur radiologischen Brustkrebsdiagnostik veröffentlicht. Im November 2019 publizierte die niederländische Arbeitsgruppe um die Ergebnisse des DENSE-Trials im New England Journal of Medicine.[6] Dabei handelt es sich um eine prospektive, randomisierte Studie, im Rahmen derer über 40.000 Frauen zwischen 50 und 75 Jahren mit extrem dichtem Brustgewebe und unauffälligem Röntgen-Mammographiebefund untersucht wurden. In einem Randomisationsverhältis 1 : 4 wurden diese Patientinnen entweder zu einer zusätzlichen MRT-Mammographie eingeladen oder verblieben im ­üblichen Mammographie-Screening. 59 % der ein­gela­denen Patientinnen nahmen die Einladung zur zusätzlichen MRT-Mammographie an. Die Inzidenz an Intervallkarzinomen lag bei 2,5 auf 1.000 Screening-Patientinnen in der Gruppe der zusätzlich zum MRT eingeladenen Patientinnen und bei 5 auf 1.000 Screening-Patientinnen in der Gruppe, die rein durch ein Mammographie-Screening untersucht wurden. Die Autoren stellen schlussfolgernd fest, daß für Patientinnen mit extrem dichtem Drüsengewebe und normalem Befund in der Röntgen-Mammographie signifikant weniger Intervallkarzinome auftraten, durch die ergänzende Hinzunahme einer MRT. Da eine der wichtigsten Voraussetzungen für die Heilung von Brustkrebs heute immer noch die möglichst frühzeitige Diagnose eines solchen Befundes ist, sind diese Daten von großer Bedeutung für die Diskussion um das geeignete diagnostische Vorgehen, insbesondere im Falle radiologisch schlecht überwachbarer Befundkonstellationen. Die weitere Entwicklung kann hier mit Spannung erwartet werden.

Der Autor

Prof. Dr. med. Michael Eichbaum
MHBA, Direktor der Klinik für Gynäkologie und Gynäkologische Onkologie
Helios Dr. Horst Schmidt Kliniken, Wiesbaden

michael.eichbaum@helios-gesundheit.de

[1] Mamounas EP et al., General Session – General Session 4, Abstract No. GS4-01 SABCS 2019
[2] Schmid P, Adams S et al., 2019 San Antonio Breast Cancer Symposium; San Antonio, Texas, 2019 Dec, 10 –14; bit.ly/36s817r.
[3] Schmid P, Ferreira M et al., 2019 San Antonia Breast Cancer Symposium; San Antonio, Texas, 2019 Dec, 10 –14, 2019; bit.ly/36s817r.
[4] Mano MS et al., Poster Session 3 – Treatment: Adjuvant Therapy – Targeted. Abstract No. P3-14-01 SABCS 2019
[5] Tolaney SM et al., General Session – General Session 1, Abstract No. GS1-05 SABCS 2019
[6] Bakker MF et al., N Engl J Med. 2019 Nov. 28; 381(22): 2091–2102. doi: 10.1056/NEJMoa1903986

Bildnachweis: Nobi_Prizue (iStockphoto); privat

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