Heller Hautkrebs kann grundsätzlich als Blickdiagnose erkannt werden, allerdings ist fachliche Erfahrung erforderlich und in unklaren fällen eine bioptische Kontrolle unverzichtbar. Denn immer wieder treten dabei Befunde auf, die nicht eindeutig zuordenbar sind.
Heller Hautkrebs entwickelt sich langsam, zumeist über Jahre und Jahrzehnte, sodass überstürzte Eile nicht erforderlich ist. Trotzdem muss die Frage geklärt werden, wann abgewartet oder konservativ behandelt werden kann, wann eine histologische Kontrolle angeraten ist und wann die Tumorexzision unvermeidlich ist.
Non Melanoma Skin Cancer (NMSC) (Synonym „Heller Hautkrebs“) ist die häufigste Krebsart in Deutschland. Den größten Anteil haben die aktinischen Keratosen (AK; Cornu cutaneum, solare Keratose) mit einer Prävalenz von 250/100 000 Personen. Die AK gilt inzwischen unabhängig von ihrem Differenzierungsgrad als Carcinoma in situ, d. h. es handelt sich um Plattenepithelkarzinomzellen oberhalb der Basalmembran. In 10 % der Fälle entwickelt sich aus der AK ein Spinaliom, bei vorbestehender Immunsuppression sind es sogar 30 %.
Das kutane Plattenepithelkarzinom (PEK, Spinaliom) mit einer Prävalenz von 150/100 000 und das Basalzellkarzinom (BCC, Basaliom) mit einer Prävalenz von 100–200/100 000 stehen an zweiter bzw. dritter Stelle der häufigsten NMSC.
Basaliome gelten als semimaligne, da sie zwar lokal initiativ und destruktiv wachsen, allerdings nicht metastasieren – nur in äußerst seltenen Ausnahmefällen (0,03–0,1 %, meist „verwilderte“, durch Strahlentherapie entartete Basaliome).
Helle oder pigmentierte Gewächse der Haut finden sich in zunehmendem Alter bei einem Großteil aller Menschen, die nicht nur als kosmetisch störend empfunden werden, sondern die Betroffenen verunsichern und zur Abklärung zum Arzt führen. Oft handelt es sich gar nicht um Malignome, sondern um gutartige Läsionen von ausschließlich ästhetischer Relevanz.
Aufgrund der Verknappung von dermatologischen Facharztterminen kommt dem dermatologischen Screening in der Hausarztpraxis eine besondere Bedeutung zu. Vielfach gelingt anhand des typischen Aspekts der Hautläsion, der Verteilung und der Anamnese eine klare Zuordnung, die oftmals auch von Hausarzt oder Hausärztin lege artis behandelt werden kann. Unklare Befunde sollten aber immer dermatologisch-fachärztlich vorgestellt werden. Neben den erwähnten Varianten des hellen Hautkrebses, denen auch noch der Morbus Bowen, die Erythroplasie Queyrat, das Keratoakanthom und die bowenoide Papulose zugeordnet werden müssen, gibt es auch eine Reihe harmloser Befunde wie das Fibroma pendulans, das Dermatofibrom, die seborrhoische Keratose, das Granuloma pyogenicum, die Verruca vulgaris, Mollusca contagiosa und seltener weitere. Im Zweifel bringt die Biopsie oder idealerweise die Exzision des fraglichen Tumors Gewissheit, und das ist im Bereich von Rumpf oder Extremitäten auch weniger problematisch. In gut sichtbaren Lokalisationen wie Gesicht und Hals oder in speziellen Regionen, z. B. genital, sollte eine dermatochirurgische Intervention jedoch wohl überlegt sein, denn unnötige Narbenbildung sollte in jedem Fall vermieden werden.
In der dermatologischen Niederlassung braucht es hierfür einen praktikablen, pragmatischen Ansatz, um die Unterscheidung in gut- oder bösartig und die Entscheidung bezüglich konservativer Behandlung vs. Exzision oder manchmal auch zugunsten eines „watchfull waiting“ treffen zu können.
„So viel wie nötig, aber so wenig wie möglich“, das sollte die Devise sein bei der Therapie des hellen Hautkrebses.
Diagnostisches Vorgehen
1. Schritt: Anamnese – mit Vorsicht genießen
Die klassische Lehre der Untersuchung des Kranken stellt die Anamnese der Untersuchung voran. Doch speziell bei der Thematik des hellen Hautkrebses ist die Erinnerung der zumeist älteren Menschen sehr oft trügerisch. Aussagen wie „Da hat mich vor Kurzem etwas gestochen ...“, „Da kratze ich viel …“ oder „Da drückt mich die neue Brille …“ sind oftmals eher irreführend als hilfreich. Hier sollte der klinischen Untersuchung der Läsion das im wahrsten Sinne größte Augenmerk geschenkt werden.
2. Schritt: Klinischer Hautbefund – die Weichen werden gestellt
Entscheidend ist dagegen die genaue Inspektion des klinischen Hautbefundes. Heller Hautkrebs ist in lichtexponierten Hautregionen zu erwarten, also Mittelgesicht, Kapillitium bei androgenetischer Alopezie, Ohren und Handrücken. Zeigt sich also im Mittelgesicht ein scharf begrenzter, hautfarbener, leicht hyalin scheinender Knoten mit oder ohne zentrale Erosion und Teleangiektasien oder sogar einem perlschnurartigen Randsaum, liegt der Verdacht auf ein klassisches noduläres Basaliom (j) schnell nahe. Ein erosiver, hämorrhagisch verkrustender Defekt könnte am ehesten einem ulzerierenden Basaliom entsprechen (Ulcus rodens [k]). Ein sklerodermiformes Basaliom (h) in Form einer unscharf begrenzten, atrophischen, gelblich-rötlich entzündlichen Plaque könnte auch ein Kratzartefakt oder ein chronifiziertes Ekzem sein. Ebenso verhält es sich beim superfiziellen Basaliom (m), das sich als „ekzematoide“, scharf und unregelmäßig begrenzte rotbraune Plaque mit leichter Schuppung und teils feinknotigem Aspekt, aber ohne Ulzeration präsentiert und meist zunächst nicht den Verdacht auf ein Basaliom lenkt. Bei dem durch Destruktion tieferer Gewebeschichten wie ausgestanzt wirkenden Ulcus terebrans (l) wäre auch ein Spinaliom denkbar, oder aber ein Defekt durch artefizielle Handlung. Aber auch an untypischer Stelle kann es sich um ein Basaliom handeln, etwa beim Rumpfhautbasaliom am Rücken (n).
Selbst eine dunkle, pigmentierte Läsion schließt den hellen Hautkrebs nicht aus, wie beim pigmentierten Basaliom. Entscheidend aber ist hier immer der histologische Ausschluss eines malignen Melanoms. Die Erkennung von Narbenbasaliomen bzw. Rezidiv-Basaliomen (i) nach nicht in sano entferntem Basaliom ist immer schwierig und oft sind Anamnese und Histologie unabdingbar.
Vom klinischen Aspekt dem nodulär-erosiven Basaliom oder auch einem Spinaliom ähnelnd – allerdings oft an Basaliom-untypischer Stelle – präsentiert sich das Keratoakanthom (p) als relativ rasch (innerhalb weniger Wochen) und singulär aufschießender Knoten mit zentralem kraterartigem Hornpfropf. Die anamnestische zeitliche Zuordnung mit Befundentstehung innerhalb von 1 bis 2 Monaten ist hier wichtig. Das Keratoakanthom zeigt zwar zum Teil Spontanremission, kann in seltenen Fällen aber auch maligne entarten und gilt daher als Präkanzerose. Ebenfalls als intraepidermal gelegene Präkanzerose gilt der Morbus Bowen (o), eine scharf begrenzte, hellbraune bis rötliche, schuppende Plaque, die sich überwiegend an lichtexponierten Stellen, aber auch am Rumpf präsentiert und in 5 % der Fälle in ein invasives Bowen-Karzinom übergeht. Das histologische Korrelat des Morbus Bowen im Bereich der Schleimhäute ist die Erythroplasie Queyrat (q), eine scharf begrenzte Plaque mit rötlich glänzender, samtartiger Oberfläche, die in bis zu 40 % der Fälle in ein invasives Karzinom übergeht. Differenzialdiagnostisch muss beim Morbus Bowen neben einem nummulären Ekzem oder einer Psoriasis-Plaque auch eine AK abgegrenzt werden. Die hautfarbenen, derb-verrukös palpablen Krüstchen oder Knötchen weisen teilweise einen erythematös-entzündlichen Aspekt auf und finden sich typischerweise an Mittelgesicht, Stirn und Händen sowie am Kapillitium. Charakteristisch bei der AK ist die als Feldkanzerisierung (a) bezeichnete flächenhafte Ausbreitung subklinischer Läsionen. Die sichtbare AK ist also nur die „Spitze des Eisberges“ und eine genaue Abgrenzung der karzinomatös entarteten Zellen ist rein klinisch nicht möglich. Typisch für die AK sind die flächig besser tastbaren als sichtbaren kleinen Krüstchen, die darauf hinweisen, dass die epidermale Hautarchitektur oberhalb der Basalmembran bereits großflächig völlig zerstört ist.
Die AK kann sich aber auch als auffällige Läsion zeigen. Als Cornu cutaneum (b, d) kann sie gigantische Ausmaße annehmen, ohne dass eine Infiltration unter die Basalmembranebene besteht. Rein klinisch aber ist es hier schwer, einen bereits erfolgten Übergang in ein PEK abzugrenzen, ebensowenig wie bei ausgedehnten krustigen Befunden (c).
Die PEK (Spinaliom) erscheinen zunächst als hautfarbene, verruziforme Hyperkeratosen, im Verlauf als rötlich-gelbe, hyperkeratotische, ulzerierende und krustige Plaques (f, g) und später als gelb-graue, vulnerable, blutig tingierte exophytische Knoten (e) von bis zu mehreren Zentimetern Größe.
Von den malignen Läsionen müssen differenzialdiagnostisch gutartige Befunde mit mitunter ähnlichem klinischem Aspekt abgegrenzt werden. So das Fibroma pendulans (u), ein kleines, hautfarbenes Hautanhängsel, oder das Dermatofibrom, eine weiche, hautfarbene Erhebung – häufig mit zentralem Haar. Bei der seborrhoischen Keratose (s), einer epidermalen, zumeist hell bis dunkelbraun pigmentierten Wucherung mit „fettig“ scheinender Oberfläche, kann die Abgrenzung zum PEK manchmal schwierig werden. Dermatoskopisch kann über Nachweis der typischen „Hornperlen“ die Diagnose gestellt werden.
Verrucae vulgares (Warzen vom Hauttyp) (t) sind gutartige HPV-induzierte Papillome, die zumeist an Händen oder Füßen manifestiert sind. Durch Autoinokulation werden sie allerdings auch auf Stirn, Mundumgebung oder Nasenspitze übertragen und können zu differenzialdiagnostischen Erwägungen Anlass geben. Hier kann mit dem dermatoskopischen Nachweis der vertikal-schlotförmigen hämorrhagischen Einblutungen in das Warzenepithel der sichere Nachweis geführt werden. Hypertrophe Narben mit Kratzartefakten (r) sind ad hoc schwer zu beurteilen. Hier ist die Verlaufskontrolle nach einem ausreichenden Zeitintervall durchaus legitim.
3. Schritt: Therapieentscheidung – „So viel wie nötig, so wenig wie möglich!“
Die Hauptfrage bei der weiteren Abklärung lautet nun: „Ist eine Exzision nötig oder sogar dringend indiziert?“ Um Narben durch unnötige Exzisionen zu vermeiden, sollte der Befund zunächst in eine von drei Gruppen eingeordnet werden:
Mittels Dermatoskopie können bereits beispielsweise Verrucae identifiziert werden oder durch Nachweis von Teleangiektasien der Verdacht auf ein Basaliom erhärtet werden. Die optische Kohärenztomografie (OCT) und die konfokale Lasermikroskopie (KLM) bieten die Möglichkeit der nicht invasiven genaueren Beurteilung NMSC-verdächtiger Hautbefunde – allerdings als Selbstzahlerleistung. Möchte man eine Exzision aufgrund ungünstiger Lage oder anderer Kontraindikationen möglichst vermeiden, können mit dieser Methode AK von PEK, BCC oder Morbus Bowen unterschieden werden. Neben der Primärdiagnostik wird die OCT auch zur Verlaufskontrolle eingesetzt, um ein Basaliom-Rezidiv in Narben zu identifizieren. Limitiert ist die Methode allerdings bei ausgeprägter Plaquebildung. In diesen Fällen – und wenn klinisch ein Melanom ausgeschlossen ist – wäre auch eine Shavebiopsie (tangentiale Hautabtragung mit dem Ringmesser) zur histopathologischen Beurteilung möglich. Großflächige dicke Plaque-Areale, z. B. auf dem Kopf, bieten sich auch für Quadrantenbiopsien an, um den Befund besser einordnen zu können. Ist der Befund nicht sicher von einer ekzematösen oder mikrobiell (Pilze, Bakterien) hervorgerufenen Läsion abzugrenzen, kann auch zunächst ein Therapieversuch mit Cortison bzw. ein mikrobiologischer Abstrich oder die mykologische Entnahme von Hautschuppen und von Haaren mit Wurzel erfolgen.
Einer Exzision mit mindestens 5 mm Sicherheitsabstand und histopathologischer Befundung bedürfen dagegen alle Melanom- sowie PEK-verdächtigen Befunde. Bei Basaliomen wird – mit Ausnahme des noch sehr initialen oder superfiziellen Typs – generell zur mikrografisch kontrollierten Chirurgie (MKC) geraten, die gerade bei bestimmten Lokalisationen, z. B. in Augen- oder Tränenkanalnähe, rasch erfolgen muss, um größere Destruktionen zu verhindern. Mit einem zweizeitigen Vorgehen wird zunächst knapp exzidiert und entsprechend der zeitnahen Histologie bedarfsgerecht nachoperiert. Damit ergibt sich die knappest-mögliche Exzision im Gesunden.
Auch bei Verdacht auf Morbus Bowen – und besonders der Erythroplasie Queyrat im Genitalbereich – wird eher zur Exzision geraten. Ebenfalls entfernt werden sollten Keratoakanthom-verdächtige Befunde, da differenzialdiagnostisch auch ein Basaliom oder sogar ein Melanom infrage kämen. Eine Exzision im Gesunden bei auffälligen Hautläsionen bietet sich generell auch meist bei älteren Menschen an, da konservative Therapien über einen längeren Zeitraum v. a. bei Dementen oder Pflegebedürftigen häufig schwer umzusetzen sind. Zumeist schmerzindolent tolerieren ältere Menschen eine Exzision gut in Lokalanästhesie. Die eher schlaffe, faltige Haut im Senium bietet die optimale Voraussetzung für eine kosmetisch vorteilhafte Defektdeckung.
Befunde, die primär konservativ behandelt werden, sind hauptsächlich die aktinischen Keratosen. Von den früher häufig eingesetzten physikalisch-läsionalen Verfahren wie Kryotherapie, Kürettage oder gar Exzision wird heutzutage zugunsten der medikamentösen Tumortherapie mit sehr guter Evidenz oder der photodynamische Therapie (PDT) zunehmend Abstand genommen. Die physikalischen Methoden wirken nur läsional, sind schmerzhaft und nebenwirkungsträchtig und erfassen nur die „Spitze des Eisberges“, aber nicht die subklinischen Läsionen.
Eine Zusammenfassung der Vor- und Nachteile der verschiedenen Therapieoptionen bei AK findet sich in der Tabelle. Bei großflächigen Befunden (Feldkanzerisierung) empfiehlt sich ein kombiniertes Verfahren aus initialer Feldtherapie mit Diclofenac/Hyaluronsäure, Tirbanibulin oder PDT und anschließender gezielter läsionaler Therapie der verbliebenen Hyperkeratosen mit 5-Fluorouracil/Salicylsäure (5-FU) oder Imiquimod.
Eine primär konservative Therapie bei PEK kommt nur bei Inoperabilität infrage. Hier erfolgt leitliniengerecht die Radiotherapie, bei Metastasierung eine Immuntherapie mit den PD-1-Inhibitoren Cemiplimab oder Pembrolizumab. Chemotherapie (Cisplatin, 5-FU) und EGFR-Inhibition werden in der Zweitlinie eingesetzt. Zudem sollte nach Exzision eines PEK bei Vorliegen bestimmter klinischer und/oder histologischer Risikofaktoren sowie nach unvollständiger Exzision gemäß Leitlinie eine adjuvante Radiatio durchgeführt werden. Eine Sentinel-Lymphknotenbiopsie wird aktuell nicht empfohlen, die regionäre Lymphadenektomie erfolgt nur bei klinisch manifesten Lymphknotenmetastasen.
Ist bei Basaliomen die In-sano-Exzision nicht möglich, sollte auch hier eine adjuvante Radiatio anschließen. Bei initial superfiziellem Basaliom, das für eine Exzision ungünstig liegt, können topisches Imiquimod und 5-FU in-label eingesetzt werden, ebenso die klassische PDT, Laserablation oder Kryotherapie. Inoperable und metastasierte Befunde werden systemisch mit einem Hedgehog-Inhibitor (Vismodegib oder Sonidegib) oder dem PD-1-Inhibitor Cemiplimab behandelt. In einzelnen Fällen kommt auch noch die Radiatio in Betracht. Für Personen mit Basalzellnävussyndrom ist eine Radiatio obsolet. Ein Morbus Bowen kann – nach bioptischem Ausschluss eines PEK – auch konservativ mit 5-FU und der klassischen PDT (ggf. mit vorheriger Laserablation, um die Penetrationstiefe der PDT zu erhöhen) therapiert werden.
Der Autor
Dr. med. Viktor Alexander Czaika
Facharzt für Dermatologie,
Venerologie und Innere Medizin
12439 Berlin
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