Die Inzidenz der Arthrose liegt in der Bevölkerung bei 10 %. (Früh)Arthrotische Veränderungen betreffen insbesondere auch Menschen mit höheren Gelenkbelastungen – etwa Sportler. In der Behandlung lasttragender Gelenke mit derartigen Beschwerden nimmt die Hyaluronsäuretherapie einen wichtigen Stellenwert ein.
Die Ursache der Arthrose ist als multifaktoriell anzusehen: Sowohl die Leistungsfähigkeit des Gewebes als auch seine Beanspruchung stehen im Fokus der Betrachtung. Sind die Einwirkungen irreversibel, kommt es zur strukturellen Schädigung des hyalinen Knorpels und Knochens. Unklar ist noch, inwieweit die Grenzlamelle und der subchondrale Knochen durch Freisetzung von Mediatoren am entzündlichen Geschehen der Arthrose beteiligt sind. Zusätzlich wird Adipozyten eine Rolle bei der Entwicklung von entzündlichem Geschehen auch im arthrotischen Bereich zugeschrieben. Auch epigenetische Faktoren können die Chondrozyten beeinflussen.
Je früher eine Therapie einsetzt, desto erfolgversprechender ist sie, denn eine einmal zugrunde gegangene Knorpelzelle kann nicht mehr regenerieren. Daher sind frühzeitige Applikationen zum Erhalt der Chondrozyten sinnvoll. Eine sehr frühzeitige Detektion der Arthrose ermöglichen neuere bildgebende Verfahren (z. B. 3-Tesla-MRT, achsbelastete digitale Volumentomografie mit Kontrastmittelgabe), die differenzierte Hinweise zur Grenzlamelle subchondraler Knochen liefern. Immunologische Untersuchungen mit Nachweis von Biomarkern, die auch einen frühzeitigen Behandlungsbeginn erlauben würden, befinden sich in der Entwicklung.
Die Hyaluronsäuretherapie wurde in der Leitlinie für Gonarthrose im Jahr 2018 als leitlinienkonform für die Behandlung von arthrotischen Veränderungen aufgenommen. In der S2-Leitlinie ist dabei von „der“ Hyaluronsäuretherapie die Rede, was aber nicht der Realität entspricht, da allein auf dem deutschen Markt mehr als 30 Präparate zugelassen sind, die sich in vielem unterscheiden (Molekulargewicht, biochemische Zusammensetzung, Residence Time, Persistenz gegen Scherkräfte etc.). Eine frühzeitige Behandlung mit intraartikulär (i. a.) applizierter Hyaluronsäure eignet sich, einerseits den Entzündungsgrad des Gelenkes zu reduzieren und andererseits die Ernährungssituation für die Knorpelzellen zu verbessern. In unserer Sprechstunde behandeln wir verstärkt sportlich aktive Menschen in Frühstadien arthrotischer Veränderungen mit Hyaluronsäure. Die Breiten- und Leistungssportler unterscheiden sich auf den ersten Blick nicht hinsichtlich der Verteilung arthrotischer Veränderungen/Überlastungen. Allerdings ist bekannt, dass die muskuläre Abstützung der lasttragenden Gelenke (hüft-, knie- und sprunggelenkübergreifend) geeignet ist, arthrotische Veränderungen zu verhindern oder zu verlangsamen. Neuere Untersuchungen haben gezeigt, dass ein sinnvolles Auftrainieren dieser Muskelgruppen auch prothetische Operationen vermeiden kann. Die i. a. Applikation von Hyaluronsäure in das betreffende Gelenk ist „State of the Art“. Eine orale Aufnahme von Hyaluronsäure führt hingegen zu keiner nennenswerten Erhöhung der Konzentration dieser Substanz im Gelenk. Da aber mit zunehmendem Alter der Hyaluronsäureanteil im Körper sinkt, können entsprechende Nahrungsergänzungsmittel präventiv oder begleitend zur Injektionstherapie sinnvoll sein. Die Zahl der Injektionen sollte aufgrund des einhergehenden Infektionsrisikos gering gehalten werden. Single-Shot-Therapien sind aufgrund des häufig hohen Molekulargewichtes des verwendeten Präparates aber mit Nebenwirkungen behaftet. In unserer Praxis führen wir regelhaft zwei Injektionen in ca. zehntägigen Abständen durch, sodass wir bei der zweiten Injektion die Möglichkeit haben, den Lokalbefund und die Schmerzentwicklung zu begutachten. Auf diese Weise behandeln wir Schultergelenke, Handgelenke, Fingergelenke, Hüftgelenke, Kniegelenke und Sprunggelenke. Die eingebrachte Hyaluronsäure führt zu einer deutlichen Reduktion der oft mit der Arthrose einhergehenden entzündlichen Veränderungen und zu einer vermehrten Belastungsfähigkeit des Gelenkes (Lubrikation). So sind Breiten- wie Leistungssportler oft bereits kurz nach der zweiten Injektion in der Lage, ihre alte sportliche Betätigung wieder aufzunehmen. Darüber hinaus sollten eine intensive Sportartberatung (Vermeidung von High-Impact-Sportarten) sowie eine Sportschuhberatung parallel mit einem orthopädischen Behandler stattfinden.
Der Autor
Prof. Dr. med. Oliver Tobolski
Facharzt für Chirurgie/Sportmedizin
Gründer und Inhaber der Praxisklinik SPORTHOMEDIC
Inhaber von SPORTHOMOTION – Zentrum für Bewegungsanalyse I 50968 Köln
Literatur beim Autor
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