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Dermatologie

Ein Volksleiden?

Varicosis und Ulcus Cruris

Dr. med. Katrin Gebauer

Über 90 % der Bevölkerung weist venöse Veränderungen auf, die Häufigkeit von schweren Verläufen mit einem Ulcus cruris war jedoch zuletzt rückläufig. Heute sind verschiedene Therapieansätze möglich – neben konventionellen Verfahren wie der Krossektomie kommen thermisch ablative Therapien wie die Laserung zum Einsatz.

Die Krampfadererkrankung ist eine degenerative Erkrankung der Venenwand, die sich durch Gefäßerweiterungen mit konsekutiver Venenklappeninsuffizienz auszeichnet. Dies betrifft in überwiegender Zahl die untere Extremität. Zu den begünstigenden Risikofaktoren zählen u. a. Schwangerschaften, wiederholte Orthostasebelastungen, aber auch weib­liches Geschlecht, pos. Familienanamnese und fortgeschrittenes Alter. Unbehandelt drohen nicht nur Komplikationen im Rahmen einer chronisch venösen Insuffizienz, zu denen ein chronisches Ödem oder trophische Hautveränderungen, wie auch ein Ulcus cruris mit hoher Chronifizierungstendenz zählen. Zudem ist das Risiko für eine Varikophlebitis als auch eine Varikothrombose und nicht zuletzt für eine tiefe Beinvenenthrombose mit schwerwiegenden Komplikationen wie einer Lungenembolie erhöht.


Klinische Symptomatik und Diagnostik

Die Patienten mit Venenleiden klagen über Schwere- und Spannungsgefühl, Schwellneigung, Fuß- und Wadenkrämpfe, Juckreiz, Geschwürneigung und Ekzeme sowie Schmerzen nach langem Gehen oder Stehen als auch unruhige Beine. Zur Diagnostik zählt eine ausführliche Anamnese, die Erhebung von Risikofaktoren sowie eine körperliche Untersuchung. Venöse Veränderungen werden nach der CEAP-Klassifikation kategorisiert (C0: keine sicht- oder tastbare venöse Veränderungen; C1: Teleangiektasien oder retikuläre Varizen, Durchmesser < 3 mm; C2: Varizen mit einem Durchmesser ≥ 3 mm; C3: Ödem bedingt durch venöse Insuffizienz; C4: Hautveränderungen; C5: abgeheiltes Ulcus cruris; C6: florides Ulcus cruris). Eine Farbduplexsonografie gibt Aufschluss über die Venenanatomie und die Klappenfunktion. Weitere apparative Verfahren um­fassen die Lichtreflexrheografie (LRR) und Photoplethysmografie (PPG), bei denen Änderungen des Füllungsverhaltens im Venensystem nach definierter Belastung gemessen werden können. Bei der Verschlussplethysmografie (VVP) wird die venöse Kapazität und der venöse Ausstrom bestimmt.


Behandlungsziele und Therapiestrategien

Die Behandlungsziele der Varikosis umfassen die Verbesserung der venösen Hämodynamik, die Verminderung der Stauungssymptome wie auch die Abheilung von venösen Ulcera und Verhinderung von deren Rezidiven.


Konservative Therapie

Hierzu zählt der Kompressionsverband oder der Kompressionsstrumpf, welcher individuell für jede betroffene Extremität angepasst werden muss. Auch wiederkehrende physikalische Entstauungsmaßnahmen sowie Gefäßsport finden ihre Berechtigung. Diese Maßnahmen stellen eine Basistherapie dar und sollten ungeachtet des Stadiums Anwendung finden. Einschränkend sind Patienten mit peripherer arterieller Verschlusskrankheit (pAVK) zu erwähnen, bei denen eine Kompressionsbehandlung mit reduzierten Kompressionsdrucken vor­genommen werden sollte. Auch eine diabetische Polyneuropathie stellt eine Besonderheit für die Anwendung von Kompressionsbehandlungen dar, die aber bei einer gleichzeitig bestehenden CVI das Auftreten von Ulzerationen gerade erst verhindern kann.

Sklerotherapie

In erkrankten Venenabschnitten führen Injektionen von gewebetoxischen Substanzen zu einer lokalen Gefäßwandentzündung, die einen dauerhaften Verschluss und bindegewebigen Umbau der Vene zur Folge hat. Sämtliche Formen der Varikosis sind diesem Verfahren zugänglich, allerdings hat sich die Behandlung von kleinkalibrigen Venen als besonders vorteilhaft gezeigt, wohingegen große Venenabschnitte einer hohen Rezidivrate nach Sklerosierungstherapie unterlagen. Als Komplikationen sind dauerhafte Pigmentierungsstörungen im Bereich der sklerosierten Vene sowie eine akute Venenentzündung und Hautnekrosen zu nennen.

Endovenöse thermische Verfahren

Radiofrequenz-Obliteration (RFO)

Bei diesem Verfahren wird nach Punktion der erkrankten Vene mit einer Radiofrequenzsonde die Venenwand kontrolliert auf 120 °C erhitzt, sodass die thermische Verletzung zu einem nachfolgenden Verschluss der Vene führt und damit das Insuffizienzkorrelat ausgeschaltet wird. Vorteil dieser Methode, die unter der Protektion einer Tumeszenzlösung in Lokalanästhesie durchgeführt wird, ist die ambulante Behandlungsmöglichkeit.

Endovenöse Lasertherapie (ELT)

Hierbei wird die erkrankte Vene mit einer intraluminal platzierten Glasfaser durch Laserenergie wiederum unter Schutz einer Tumeszenzlösung im Bereich der Venenwand auf 700 °C erhitzt, was eine Schrumpfung und lokale Thrombosierung des behandelten Venenabschnittes zur Folge hat. Beide Verfahren (RFO und ELT) sind hinsichtlich Erfolgsraten und Rezidivquoten vergleichbar.

Operative Therapie

Bereits langjährig etabliert ist die operative Entfernung der varikös veränderten Venen. Bei der Krossektomie der V. saphena magna wird eine Unterbindung des saphenofemoralen Übergangs und eine Unterbrechung der Seitenäste erzielt wie auch der proximale Abschnitt der V. saphena magna reseziert. Bei der Entfernung erkrankter Stammvenenabschnitte stehen hingegen verschiedene Techniken wie Stripping, Kryoexhairese oder die Phlebektomie zur Verfügung, wobei die Verfahren als gleichwertig eingeschätzt werden.


Periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) – Ulcus cruris mixtum

Das venöse Ulcus cruris stellt mit 50 % immer noch die häufigste Geschwürform dar. Jedoch sind in 20 % Ulzerationen rein arteriell bedingt oder in 15 % sog. Ulcera mixta mit gemischt arteriell/venösen Anteilen ursächlich für eine Extremitätenwunde ohne Heilungstendenz. Ein Verschluss der Oberschenkelstrombahn und/oder aber der Unterschenkelarterien kann den Erfolg einer optimierten Wundbehandlung zunichte machen. Daher sollten Patienten mit therapierefraktären Wunden an der unteren Extremität stets einer angiologischen Untersuchung unterzogen werden. Hierzu zählt die ABI-Wert-Messung, Oszillografien wie auch die transkutane Sauerstoffsättigung (tcpO2). Bei der recht einfach durchzuführenden ABI-Messung wird mittels Dopplersonde und Blutdruckmanschette der Verschlussdruck der A. dorsalis pedis wie auch der A. tibialis posterior zum Verschlussdruck der A. brachialis ins Verhältnis gesetzt (Beispiel RR A. brachialis 120 mmHg : RR A. dorsalis pedis 60 mmHg = ABI 0,5). Werte < 0,9 sind pathologisch. Bei der Mediasklerose, die insbesondere Diabetiker und chronisch Niereninsuffiziente betrifft, ist der ABI-Wert > 1,4 erhöht und damit ebenfalls als pathologisch einzuschätzen. TcpO2-Werte < 30 mmHg zeigen eine kritische Extremitätenischämie an, bei Werten < 10 mmHg liegt das Amputationsrisiko bei 70 %. Insgesamt ist die Lebenserwartung bei Patienten mit pAVK dramatisch herabgesetzt und erweist sich sogar als schlechter als bei Tumorerkrankungen wie dem M. Hodgkin und dem Mammakarzinom, wobei die Mortalität in erster Linie auf Herzinfarkt- und Schlaganfallereignisse zurückzuführen ist.

Therapie und Prognose bei kritischer Extremitätenischämie

Ein arteriell mitbedingtes Ulcus erfüllt die Kriterien der kritischen Extremitätenischämie. Da das Überleben sowie die Ulcusheilung deutlich von der Wiederherstellung der arteriellen Strombahn abhängt, sollte nach Diagnosestellung ohne Verzögerung eine endovaskuläre Revaskularisation erfolgen. Hier kommen vor allem Ballonangioplastien mit Paclitaxel-beschichteten Ballonen zum Einsatz, in einigen Fällen auch Stents zur Aufrechterhaltung des Interventionsergebnisses. Zur Sekundärprävention sollten Patienten mit Ulcus mixtum eine strikte Nikotinkarenz einhalten sowie eine dauerhafte Plättchenaggregationshemmung und ein Statin erhalten. Scheint eine Amputation unumgänglich, ist dennoch zuvor eine Ausschöpfung aller Revaskularisationsoptionen durch einen in der cruropedalen Etage erfahrenen Interventionalisten geboten. Auch sind die Möglichkeiten von Bypass-Operationen als ultima ratio vor einer drohenden Amputation in Erwägung zu ziehen, sofern interventionell keine Revaskularisation erzielt werden konnte.


Wundtherapie bei Ulcus cruris

Eine strukturierte Wundbehandlung ist für die Ulcusabheilung ein essenzieller Bestandteil. Hierbei ist ebenfalls eine multidisziplinäre Zusammenarbeit zwischen verschiedenen Fachdisziplinen geboten. Neben den interventionell tätigen Angiologen und Dermatologen sollten auch Phlebologen, plastische Chirurgen, Diabetologen, Ernährungsmediziner, technische Orthopäden sowie ein professioneller Wundmanager an der Behandlung beteiligt sein. Zunächst sollten die Umgebungsbedingungen für die Wundheilung optimiert sowie der Wundgrund von avitalen Belägen und Fremdkörpern befreit werden. Hierbei ist ggf. initial ein chirurgisches De­bridement erforderlich, die regelmäßige Wundreinigung im Folgenden sollte primär mechanisch sowie bevorzugt unter Einsatz neutraler, wirkstofffreier Lösungen erfolgen. Ebenfalls ist eine Kontaminationsprophylaxe der Wunde notwendig. Ferner sollte ein ideales Wundmilieu mit ausreichender Feuchtigkeit hergestellt und aufrechterhalten werden sowie gleichzeitig der Schutz des Wundrandes vor Mazeration gewährleistet sein. Im Falle auffälliger morphologischer Strukturen ist eine histologische Beurteilung notwendig, ebenso sollte nach sechs Wochen bei fehlender Heilungstendenz eine differenzialdiagnostische Neubewertung durchgeführt werden. So können Ulzerationen auch durch Vaskulitiden, Tumorerkrankungen, Gerinnungsstörungen, Folgen einer Radiatio oder durch Medikamentennebenwirkungen bedingt sein. Liegen Hinweise auf eine erregerbedingte Infektionserkrankung vor, sollte eine Erreger- und Empfindlichkeitsbestimmung erfolgen, um eine passgenaue antimikrobielle Therapie zu ermöglichen. Eine passive periodische Wundreinigung mit Hydrogel ist beim diabetischen Fußulkus vorteilhaft, sofern das Lösen von Detritus in trockenen Wunden notwendig wird. Im Übrigen gibt es keine Vorteile für bestimmte Wundreinigungsformulierungen, Wundauflagen oder topische Anwendungen. Diese sollten nach Patientenpräferenz und Maßgaben der Wirtschaftlichkeit ausgewählt werden. Für zahlreiche physikalische Interventionsverfahren wie Reizstromtherapie, Licht- oder Stoßwellentherapie, Infrarot- oder Ultraschalltherapie gibt es keinen erwiesenen Nutzen. Lediglich die Vakuumtherapie konnte einen Vorteil bei der Wundgrößenverkleinerungen sowie zur Ausfüllung und Reduktion der Wundtiefe und des Wundvolumens erzielen.

Fazit

Die Behandlung der Varicosis sowie eines Ulcus cruris durch ein multidisziplinäres Team erzielt optimale Ergebnisse, die sowohl die Lebensqualität der Patienten verbessert als auch im Falle von gleichzeitig bestehender pAVK das Überleben und die Amputationsfreiheit positiv beeinflusst.

Die Autorin

Dr. med. Katrin Gebauer
Fachärztin für Innere Medizin und Angiologie
Klinik für Kardiologie I
Koronare Kardiologie,
Herzinsuffizienz, Angiologie
Universitätsklinikum Münster

Literatur bei der Autorin

Bildnachweis: chombosan (iStockphoto); © Dr. med. Katrin Gebauer; privat

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