Mit einem multimodalen Konzept einer Kombination aus Ultraschall- und Röntgenuntersuchung ließen sich zusätzlich bis zu 45 % invasive Mammakarzinome detektieren. Die DEGUM fordert daher die individualisierte Früherkennung unter risikoadaptiertem Einsatz sämtlicher bildgebender Verfahren.
Bereits im Jahre 2008 hatte eine US-Screening-Studie gezeigt, dass sich mit dem multimodalen Konzept einer Kombination aus Ultraschall- und Röntgenuntersuchung zusätzlich bis zu 45 % invasive Mammakarzinome detektieren lassen.[1] Das wurde inzwischen durch zahlreiche Publikationen bestätigt, wie Professor Dr. med. B. Joachim Hackelöer aus Hamburg hervorhob. „Damit ist klar, dass ohne Sonografie kein effektives Brustkrebs-Screening möglich sein kann“, meinte der Gynäkologe von der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM). „Der hohe Mehrwert der Sonografie zur Krebsfrüherkennung ist viel zu wenig bekannt.“ Hackelöer wies in diesem Zusammenhang darauf hin, dass der Medizinische Dienst der Krankenkassen kürzlich in einem Beurteilungsverfahren mehrerer IgeL-Leistungen den Nutzen der Ultraschalluntersuchung als unklar eingestuft habe. Vor diesem Hintergrund bestehe dringender Aufklärungsbedarf. Hackelöer berief sich auf „kritische Stimmen weltweit“, darunter das British Medical Journal. Das renommierte Blatt hatte in einer Arbeit samt Editorial bemängelt[2], dass das ursprünglich holländische und von Deutschland übernommene Modell des Mammografie-Screenings nicht die selbst gesteckten Ziele hinsichtlich einer Senkung der Brustkrebsmortalität erbracht habe und daher zu überdenken sei. Nach Ansicht des DEGUM-Experten ist davon auszugehen, dass „aufgrund der komplexen Struktur der weiblichen Brust“ mit keinem monomodalen Screening-Konzept der bildgebenden Verfahren – Mammografie, Ultraschall, MRT – „ein signifikanter Einfluss auf die Brustkrebsmortalität nachweisbar“ sein wird. Mangelnde Sensitivität und Spezifität sowie die hohe Zahl von Überdiagnosen mit der Folge von Operationen und Therapien ohne Reduktion der späten Karzinomstadien stellen laut Hackelöer den Erfolg jeder singulären Methode infrage.
Das Konzept der Zukunft müsse somit auf eine individualisierte, risikoadaptierte Früherkennung möglichst ab dem 35. Lebensjahr hinleiten. „Hier kann, muss und wird die Sonografie, bedingt durch die dichtere Bruststruktur dieser Frauengruppe, die führende Diagnostik sein“, so Hackelöer. Im Detail könnte ein solches Konzept so aussehen:
• rasche Abkehr vom monomodalen Screening
• individualisierte Früherkennung unter risikoadaptiertem Einsatz sämtlicher bildgebender Verfahren
• Beginn ab dem 40. – idealerweise schon ab dem 35. – Lebensjahr zum Beispiel mit jährlichen Sonografien bei DEGUM-zertifizierten Gynäkologen und Radiologen
Zudem sollte dieses Konzept in die Screening-Ausbildung integriert werden. Das individuelle Risiko gilt als Maßstab für die Wahrscheinlichkeit einer Brustkrebserkrankung. Das höchste Risiko findet sich, wie Professor Dr. med. Alexander Mundinger, Direktor des Zentrums Radiologie und Chefarzt der Brustkrebszentrum-Sektion in Georgsmarienhütte, erläuterte, bei BRCA1- und BRCA2-Mutationen (etwa siebenfach erhöht). Davon sind auch jüngere Frauen betroffen. Ihnen wird ein spezielles Überwachungsprogramm mit regelmäßigen MR-Untersuchungen angeraten. Etwa vierfach erhöht ist das Risiko bei Frauen mit familiärer Krebsbelastung, extrem dichter Brust (ACR IV) sowie bei Frauen über 75. Frauen mit großer Brustdichte sind generell gefährdeter, an Brustkrebs zu erkranken (siehe Kasten).
[1] Berg WA et al., JAMA 2008; 299: 2151–2163
[2] Kalager M, BMJ 2017; doi: 10.1136/bmj.j5625
Pressekonferenz der Deutschen Gesellschaft für Ultraschall in der Medizin (DEGUM), Berlin, Juni 2018
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