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Dermatologie

Ulcus cruris

Aktuelle Therapie und neue Wege

Martha-Luise Storre

14.8.2023

Etwa 0,7 % der erwachsenen Bevölkerung Deutschlands leiden unter einem chronischen Ulcus cruris [1]. Neben erheblichen persönlichen Beeinträchtigungen geht dies auch mit hohen gesundheitsökonomischen Belastungen einher. Der Bedarf an effizienten Therapieansätzen ist daher aus mehrerlei Hinsicht groß – wohin geht die Reise?

Ulcus cruris beschreibt eine offene Hautläsion, die gewöhnlich auf der medialen Seite des Unterschenkels auftritt. Die Ursachen für die Entstehung sind vielfältig: In erster Linie spielen hierbei die chronisch venöse Insuffizienz (CVI) mit dem Ulcus cruris venosum sowie die periphere arterielle Verschlusskrankheit (pAVK) mit dem Ulcus cruris arteriosum eine Rolle. Liegt eine Kombination aus beiden Gefäßerkrankungen vor, spricht man von einem Ulcus cruris mixtum. Insgesamt sind diese Formen in rund 80 % der Fälle kausal relevant [1]. Als weitere Auslöser gelten Pyoderma gangraenosum, Vaskulitis, Livedovaskulopathie oder Kalziphylaxie. Neben den genannten Krankheitsbildern beeinflussen auch Komorbiditäten wie arterielle Hypertonie, Diabetes mellitus Typ 2, Adipositas und Hyperlipidämie die Entstehung von Ulcera cruris. Für eine langfristig erfolgreiche Therapie ist es daher essenziell, alle relevanten Faktoren zu identifizieren, um einen pathogeneseorientierten, interdisziplinären Ansatz verfolgen zu können.

Therapeutisches Vorgehen

Neben der kausalen Therapie, wie die der zugrunde liegenden CVI oder pAVK, kommt der symptomatischen, lokalen Behandlung des Ulcus cruris eine essenzielle Rolle zu. Diese sollte folgende Schritte umfassen: Reinigung, Debridement, chirurgische Wundrevision oder Antiseptik und anschließende stadiengerechte Wundauflage [2].

Im Zuge der Wundreinigung und des Debridements können Verbandsreste, Krusten, Fibrin sowie Nekrosen entfernt werden [3]. Für die Wundreinigung sind Ringer- oder physiologische Kochsalz­lösung Mittel der ersten Wahl. Entsprechend der Empfehlung der Kommission für Krankenhaus­hygiene und Infektionsprävention am Robert Koch-Institut ­dürfen ausschließlich sterile Spülflüssig­keiten verwendet werden [2].

Für ein Debridement gilt: So schonend wie möglich, so radikal wie nötig [3]. Daher sollte im Vorfeld eine adäquate Schmerztherapie geplant und mit den Betroffenen besprochen werden. Neben mechanischen Debridements (z. B. mit sterilen Kompressen) kommen auch physikalische (Laser, Ultraschall, Plasma) oder biochirurgische (Fliegenmaden) Debridements zum Einsatz. Ebenso können autolytische Verfahren (Hydrogele, proteolytische Enzyme) angewendet werden [3].

Sind diese Ansätze nicht erfolgreich oder ist das Ulcus zu großflächig, können lokale operative Maßnahmen sinnvoll sein [4]. Hierfür finden sowohl symp­tomatische Verfahren, die sich ausschließlich suprafaszial auf die Abtragung von Dermatolipo­sklerose, fibrotischen Belägen oder Nekrosen beschränken, als auch invasivere Maßnahmen, die unter Berücksichtigung des kausalen Therapieansatzes die krurale Faszie einbeziehen, ihre Anwendung [4].

Ein durchaus komplexes Thema ist die Wahl der optimalen Wundauflage [3]: Der Verband sollte feucht sein, aber nicht übermäßig nass, da sowohl Austrocknung als auch Mazeration vermieden werden müssen. Der Austausch von Wasserdampf und Sauerstoff sollte gewährleistet sein, gleichzeitig muss die Wunde vor eindringenden Keimen geschützt werden. Ein Verbandswechsel sollte maximal einmal pro Tag stattfinden. Konzepte wie Vakuumtherapie, Elektrostimulation, Ultraschall sowie extrakorporale Stoßwellentherapie stellen ergänzende Behandlungsverfahren bei Ulcus cruris dar [3].

Liegt ein Ulcus cruris venosum vor, bildet zudem die adäquate Kompression eine wichtige therapeutische Säule. Kontraindikationen für die Durchführung einer Kompressionstherapie sind die pAVK im Stadium III–IV nach Fontaine oder ein Knöchelarteriendruck unter 70 mmHg. Auch dekompensierte Herzinsuffizienz, septische Phlebitis und Phlegmasia coerulea dolens gelten als absolute Kontraindikationen [3].

Trotz optimaler Therapie kommt es in circa 30 % der Fälle zu einer ausbleibenden Abheilung der Ulcera cruris. Hier kann über eine ergänzende Systemtherapie nachgedacht werden, jedoch befindet man sich dabei zumeist im Bereich des Off-Label-Use [5]. Der Bedarf an neuen therapeutischen Ansätzen ist daher nach wie vor groß.

Neuer Wirkmechanismus wird geprüft

Derzeit wird der Einsatz von ABCB5-positiven mesenchymalen Stromazellen (MSC) bei chronischem Ulcus cruris untersucht. Die Zellen wirken antientzündlich und immunmodulatorisch, indem sie zu einer Freisetzung von Interleukin-1-Rezeptor-Antagonisten (IL-1-RA) führen und somit zu einer Blockade des Signalstoffs IL-1β[6]. Dadurch kann ein wundheilungsförderndes Umfeld geschaffen werden.

In einer einarmigen multizentrischen Phase-I/IIa-Studie mit 31 Patienten reduzierte sich innerhalb von 12 Wochen bei 70 % der Teilnehmenden die Wundgröße um durchschnittlich 82 %. Sechs Probanden erzielten eine komplette Abheilung [7].

Eine aktuell laufende Phase-IIb-Studie untersucht nun die Wirksamkeit und Verträglichkeit von ABCB5-positiven MSC versus Placebo an 200 Ulcus-cruris-Patienten [8]. Das Prüfmedikament wird aus Hautgewebespenden gewonnen, im Labor vermehrt und dann als hochreine, aktive Zellpopulation oberflächlich auf die betroffene Wunde einmalig aufgetragen. Für die 10-monatige Nachbeobachtungszeit sind 13 Besuche in einem der über 30 teilnehmenden Studienzentren geplant.

Per definitionem gilt eine Wunde, die nach 8 Wochen nicht abgeheilt ist, als chronisch. Unabhängig hiervon gibt es jedoch Wunden, die von Beginn an als chronisch anzusehen sind, da ihre Therapie mit einer Behandlung der weiterhin bestehenden ursächlichen Erkrankung einhergeht. Hierzu zählen unter anderem das Ulcus cruris venosum, Wunden bei einer pAVK, Dekubitus und das diabetische Fußulkus [9].

Fazit

In 80 % der Fälle liegen einem Ulcus cruris eine CVI oder pAVK zugrunde. Trotz optimaler Therapie kommt es in circa 30 % der Fälle dennoch zu einer ausbleibenden Abheilung. Die Forschung verfolgt derzeit neue Therapieansätze, unter anderem mit antientzündlich und immunmodulatorisch wirkenden ABCB5-positiven mesenchymalen Stromazellen, die die Wundheilung nachweislich fördern sollen.

1 Dissemond J et al., J Dtsch Dermatol Ges 2006; 4: 627–34
2 https://www.rki.de/DE/Content/Infekt/Krankenhaushygiene/ThemenAZ/W/Wundreinig.html (Stand: 26.06.2023)
3 Dissemond J, vasomed 2015; 4: 186–92
4 Mechlin A, Akt Dermatol 2013; 39: 127–46
5 Dissemond J et al., J Dtsch Dermatol Ges 2018; 16: 873–92
6 Vander Beken S et al., Stem Cells 2019; 37: 1057–74
7 Kerstan A et al., JID Innov 2022; 2: 100067
8 https://ulcus-cruris-studie.de/ (Stand: 26.06.2023)
9 Storck M et al., Gefässchirurgie 2019; 24: 388–98

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