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Sonderredaktion

Psoriasis vulgaris

Systemisches Antipsoriatikum als frühe Option bei der Behandlung

Dr. med. Viktor Czaika

18.11.2022

Stark entzündete Hautstellen und auffällige Schuppen – das sind zwei wesentliche Symptome, die ­Psoriasis­­­patienten körperlich und psychisch leicht aus der Bahn werfen. Dimethylfumarat (DMF) bewirkt eine Immunmodulation, durch die die psoriatische Inflammation zurückgedrängt werden kann.

 Die Psoriasis muss mit einer Prävalenz zwischen 1,5 % und 4 % in Europa durchaus als Volkskrankheit angesehen werden. Ihr Krankheitswert geht weit über die kosmetische und damit erhebliche psychische Belastung für die Betroffenen hinaus. Die Schuppenflechte ist eine chronisch-entzündliche Systemerkrankung, die unbehandelt einer ganzen Reihe von relevanten internistischen und neurologisch-psychiatrischen Komorbiditäten Vorschub leistet. Zusammenhänge einer unbehandelten Psoriasis u. a. mit einem signifikant erhöhten Myokardinfarktrisiko, chronisch-entzündlichen Darmerkrankungen, Diabetes mellitus und Depression sind wissenschaftlich bewiesen. Fehlende adäquate Behandlung einer Psoriasis kann eine Verkürzung der Lebenszeit zur Folge haben. Aus diesem Grund ist in der deutschen S3-Leitlinie zur Therapie der Psoriasis die klare Indikation zur systemischen antipsoriatischen Behandlung bei moderater und bei schwerer Psoriasis gegeben. Der BSA (Body Surface Area), der PASI (Psoriasis Area Severity Index), aber auch der DLQI (Dermatology Life Quality Index) sind Scores, die den Schweregrad definieren. Eine starke Einschränkung der Lebensqualität erhöht per se den Schwere­grad einer Psoriasis.

Fumarsäureester in der systemischen Therapie langjährig bewährt

Bei der Wahl einer systemischen Therapie sind die Kriterien der Wirksamkeit, der zu erwartenden uner­wünschten Wirkungen, aber auch der Praktikabilität und nicht zuletzt der Kosten in ein optimales Verhältnis zu setzen. Fumarsäureester haben sich hier bewährt: Sie sind wirksam und zeigen im Vergleich zu klassischen Immunsuppressiva wie Methotrexat, Cyclosporin oder Retinoiden ein vielfach geringeres Potenzial für unerwünschte Arzneimittelwirkungen und haben gegenüber den Biologika den Vorteil der peroralen Einnahme. Als initial verschreibungsfähige Systemantipsoriatika sind sie auch eine wichtige frühe Option innerhalb der seitens der Krankenkassen vorgeschriebenen Behandlungsstufen vor Einsatz der modernen Biologika.

Skilarence®-Tabletten enthalten Dimethylfumarat (DMF) und sind für die perorale Behandlung der Psoriasis zugelassen. Bei DMF handelt es sich um die wirksame Monosubstanz des ansonsten auf dem Markt erhältlichen Fumarsäureester-Gemischs (DMF plus drei Ethylhydrogenfumarat-Salze). Als „firstline“ verschreibungsfähiges Systemantipsoriatikum stellt es eine wichtige Behandlungsoption vor dem Einsatz moderner Biologika dar. In der folgenden Kasuistik wird der erfolgreiche Einsatz von Skilarence® dargestellt.

Kasuistik einer suberythrodermatischen Psoriasis vulgaris

Anamnese: Ein 66-jähriger, pensionierter Polizist aus dem brandenburgischen Flächenland leidet seit ­seinem 42. Lebensjahr an einer rezidivierenden und teils suberythrodermatischen Psoriasis. Er berichtet von mehreren dermatologisch-stationären Aufenthalten mit PUVA-Badetherapie, Anwendung von Keratolytika, topischen Steroiden und Dithranol sowie langjähriger ambulanter Lokaltherapie mit Calcipotriol/Betamethason in Salben- oder Schaumformulierung. Über einen längeren Zeitraum war er mit Methotrexat p. o. und nachfolgend s. c. behandelt worden. Hier kam es nach zwei Jahren zum Wirkungsverlust, Grund des Absetzens seien allerdings eine zunehmende Blutbilddepletion und der Anstieg der Leberwerte gewesen. Ein nur kurzzeitiger Behandlungsversuch mit dem Fumarsäureester-­Gemisch vor Jahren war wegen gastrointestinaler Unverträglichkeit abgebrochen worden – allerdings lässt sich hier eruieren, dass damals möglicherweise eine viel zu rasche Dosisaufsättigung erfolgt war. Eine Behandlung mit dem Retinoid Acitretin musste wegen starker Hauttrockenheit und erosiver Schleimhautläsionen vorzeitig beendet werden. Nur kurzfristige Besserungen nach Aufenthalten in dermatologischen Kliniken sowie diverse, eher wenig effektive und schlecht verträgliche Systemtherapien hatten ihn resignieren lassen. Auch die Lokaltherapie hätte er insbesondere wegen der starken Rückfettung des Calcipotriol/Betamethason-Präparats und der Färbeeffekte an den Textilien nach und nach eingestellt. Zudem hätte ihm seine eher ländliche Wohnsituation den kurzfristigen Zugang zu dermatologisch- fachärztlicher Versorgung erschwert. Gelenkbeschwerden hätten nie bestanden. Eine leichte Bes- serung würden Aufenthalte im Mittelmeerklima bewirken, weswegen er sich in den Wintermonaten auf Mallorca aufhalte.

Lokalbefund: Am gesamten Rücken und im Gesäßbereich finden sich großflächig konfluierende, stark erythematöse, mittellamellär schuppende Plaques, ebenso an den streckseitigen Ober- und Unterarmen sowie den Beinen. Bis auf einzelne, kleinere Plaques im Bereich des lateralen Abdomens ist der zentrale Stamm weitgehend erscheinungsfrei. Hände und Nägel sind nicht befallen. Klinisch besteht kein Hinweis auf Gelenkbeteiligung (Abb. 1).

Labordiagnostik: Es finden sich eine geringe Auslenkung von ALAT (Alanin-Aminotransferase) und ASAT (Aspartat-Aminotransferase) sowie eine geringe Einschränkung der GFR (glomeruläre Filtrationsrate) auf 55 ml/min. Das übrige Routinelabor einschließlich des Differenzialblutbilds ist unauffällig.

Sonografie des Abdomens: Es zeigen sich eine moderate Steatosis hepatis bei normal großer Leber und ein sonst unauffälliger Befund der Oberbauchorgane.

Therapie und Verlauf: Bei Korrelation von Anamnese und klinischem Befund lässt sich unschwer die Diagnose einer Psoriasis vulgaris Typ II vom chronischstationären Typ stellen. Die großflächige Ausprägung im dorsalen Stammbereich lässt eine nahezu suberythrodermatische Ausprägung erkennen. BSA und PASI liegen deutlich über 10 % bzw. 10, und es besteht ein vom Patienten deutlich formulierter Leidensdruck bei Resignation bezüglich einer weiteren aktiven Therapie. Unstrittig handelt es sich um eine schwere Verlaufsform der Psoriasis.

Es werden mit dem Patienten verfügbare Therapiestrategien erörtert. Eine Biologika-Therapie (die ihm bislang noch nie angeboten worden war) erscheint ihm hinsichtlich der Beschaffung bei sehr ländlicher Wohnlage und wegen des längeren Spanienaufenthalts im Winter problematisch. Zudem steht er einer biomolekularen Langzeitbehandlung per injectionem zunächst skeptisch gegenüber und würde eher eine orale Therapie bevorzugen. Letztlich wird der Beschluss gefasst, eine erneute Fumarat-Therapie zu wählen. Bei dem Jahre zuvor ersten Versuch der Fumarsäureester-Einnahme war eine viel zu schnelle Dosissteigerung mit dem Ergebnis einer erheblichen gastrointestinalen Symptomatik erfolgt. Mit Skilarence® , das nur die wirksame Monosubstanz DMF enthält, will der Patient es nun nochmals versuchen. Es wird eine bewusst sehr protrahierte Dosisaufsättigung mit Skilarence® begonnen. Dabei wird die dreimal tägliche Gabe von 30 mg in Woche drei gut toleriert. Bei Gabe von Skilarence® 120 mg 1–1–2/Tag p. o. in Woche acht kommt es zu einer leichten gastrointestinalen Symptomatik, weswegen auf die zuletzt tolerierte Dosis von 1–1–1/Tag p. o. reduziert wird. Dann erfolgt eine erneute, aber vorsichtige Dosis­titration in 30-mg-Schritten über weitere vier Wochen. Nun toleriert der Patient die Therapie. Er wird auch dahingehend beraten, je nach Beschwerdesymptomatik selbst eine Feinanpassung vorzunehmen. Schon bei der ersten Wiedervorstellung nach sechs Wochen ist eine deutliche Befundbesserung eingetreten und nach 14 Wochen ist das Integument nahezu erscheinungsfrei (Abb. 2). Anfänglich wird die systemische Behandlung unterstützt durch ein topisches Therapeutikum. Es handelt sich hierbei um die lokale Fixkombination aus dem Vitamin-D-Analogon Calcipotriol mit dem Klasse-III-Steroid Beta­methason, allerdings in innovativer wasserhaltiger Galenik, die auf einer neuartigen Technologie basiert. Die Cremeformulierung ist insbesondere leicht aufzutragen, zieht schnell und angenehm ein.

Dimethylfumarat wirkt als Immunmodulator über direkte oder indirekte Inhibition

Fumarsäure ist ursprünglich ein Naturprodukt, das vor allem in Pflanzen wie Fumaria officinalis vorkommt. Die Effektivität gegen Psoriasis wurde bereits 1959 gezeigt, 1994 wurden synthetisch hergestellte Fumarsäureester in Deutschland als systemische Antipsoriatika zugelassen. Der eigentlich wirksame Bestandteil ist das Dimethylfumarat, das 2017 als Skilarence® für die initiale systemische Behandlung der moderaten und schweren Psoriasis zugelassen wurde.

Dimethylfumarat wirkt als Immunmodulator über direkte oder indirekte Inhibition der Interleukinproduktion, vermittelt Zytoprotektion, verstärkt die zelluläre Abwehr gegen oxidativen Stress und vermindert Neutrophilen-Migration und -Adhäsion. Insbesondere durch die Inhibition der Schlüssel­interleukine der psoriatischen Inflammation, IL-12 und IL-23, und durch die gleichzeitige Stärkung von IL-10 wird ein „Shift“ vom proentzündlichen TH1/ TH17-Profil zum TH2-Phänotyp und damit ein Wandel der T-Zell-vermittelten Immunantwort von entzündlich zu antientzündlich bewirkt.

Die häufigsten unerwünschten Arzneimittelwirkungen sind dosisabhängige und meist vorübergehende ­gastrointestinale Beschwerden sowie Flush-Symptomatik. Diese können jedoch durch eine individuell angepasste Dosistitration vermieden oder zumindest deutlich reduziert werden. Eine Blackbox-Warnung besteht für Skilarence® nicht. Bei seltener Lymphozytopenie < 700/μl oder Leukozytopenie < 3 000/μl wäre ein Abbruch der Therapie erforderlich, bei Lymphozyten zwischen 1 000/μl und 700/μl eine engmaschigere Kontrolle der Blutwerte. Selbst bei moderater Leber- oder Niereninsuffizienz besteht keine Erfordernis zur Dosisreduktion. Kontraindikationen bestehen für Schwangerschaft und Stillzeit. Eine Laborkontrolle ist nur vierteljährlich gefordert, ­solange die Werte im Normbereich gemäß der Fachinformation liegen. Grund für die Überwachung der weißen Blutzellen ist die Prävention der extrem ­seltenen progressiven multifokalen Leukoenzephalopathie (PML). Die PML, wie auch ein akutes Nierenversagen oder das Fanconi-Syndrom („Phosphatdiabetes“) mit Polyurie, Polydipsie, ­Dehydratation, Myalgien, Hypoglykämie, neurologischen Störungen und Osteomalazie sind extrem seltene Einzelfälle und allesamt ausschließlich für die Therapie mit mehreren Fumarsäureester enthaltenen Medikamenten beschrieben.

Skilarence® ist ein in der klinischen Praxis bewährtes, wirksames und sicheres orales Antipsoriatikum. Mit dem Wirkstoff Dimethylfumarat (DMF) gelingt über verschiedene Wirkmechanismen eine Immunmodulation, die die psoriatische Inflammation zurückdrängt. Ganz entscheidend ist die behutsame und individuell angepasste Dosis­titration. Als orales „Firstline“-Antipsoriatikum ist Skilarence® auch aus Sicht der Praktikabilität und der Kosten ein auch in der hausärztlichen Praxis sinnvoll einsetzbares Medikament.

Der Experte

Dr. med. Viktor Alexander Czaika
Facharzt für Dermatologie,
Venerologie und Innere Medizin
Bruno-Bügel-Weg 16
12439 Berlin

viktor.czaika@gmx.de

Literatur beim Autor

Bericht: Dr. med. Viktor Czaika I Redaktion: Nicole Hein I Konzept: Elke Engels
MiM Verlagsgesellschaft mbH (Neu-Isenburg)
Mit freundlicher Unterstützung der Almirall Hermal GmbH (Reinbek)

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