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Sonderredaktion

Kasuistik

Endometriose: Relugolix-Kombinationstherapie nach Dienogest

Prof. Dr. med. Thomas Römer

21.6.2024

Im vorgestellten Fall lindert die medikamentöse Therapie einer Endometriose mit Dienogest die Beschwerden wirkungsvoll, die Patientin berichtet aber von starken Stimmungsschwankungen. Nach dem Switch auf die Relugolix-Kombinationstherapie gehen diese Nebenwirkungen zurück, bei weiter guter Kontrolle der Endometriose.

Eine 24-jährige Patientin stellt sich in unserer Klinik mit erheblicher analgetikapflichtiger Dysmenorrhö (VAS 10/10) vor und berichtet auch über Dysurie und Dyspareunie. Im Zuge der Anamnese stellt sich heraus, dass sie vor 3 Jahren die Kontrazeption mit einem kombinierten oralen Kontrazeptivum (KOK) beendet hatte. Unter KOK war die Dysmenorrhö geringer.

Die sonografische Untersuchung mit einem Vaginalultraschall war unauffällig. Der Tastbefund am Blasendach war gering dolent, Douglas-Raum und Sakro­uterinligamente beidseitig deutlich dolent. Auf Basis der Anamnese und der gynäkologischen Untersuchung stellten wir die klinische Verdachtsdiagnose einer Endometriose.

Therapeutische Optionen

Die Wahl der Therapie bei Endometriose hängt von der Schwere der Symptome, dem Wunsch nach ­Fertilität und der individuellen Präferenz der Patientin ab. In den meisten Fällen kann zunächst eine ­medikamentöse Therapie eingeleitet werden. Aufgrund der typischen anamnestischen und klinischen Hinweiszeichen haben wir uns auch hier in Absprache mit der Patientin für eine primäre hormonelle Therapie entschieden. Die deutsche Leitlinie empfiehlt mit hoher Konsensusstärke: In der symptomatischen medikamentösen Therapie der Endometriose sollte als Erstliniensubstanz ein geeignetes Gestagen (z. B. Dienogest) eingesetzt werden [1]. Gestagene reduzieren Endometriose-assoziierte Schmerzen durch Induktion einer Dezidualisierung und Atrophie von Endometrioseherden sowie Unterdrückung des durch Matrixmetalloproteinasen vermittelten Wachstums und der Hemmung der Angiogenese. Entsprechend fiel die Wahl auf Dienogest (DNG). Eine histologische Sicherung der Endometriose ist vor der Verordnung von Dienogest nicht notwendig.

Therapieverlauf

Unter DNG-Therapie war die Patientin nach 6 Monaten blutungsfrei, die Unterbauchschmerzen hatten sich erheblich reduziert (VAS 2/10). Die Effektivität der Therapie wurde von uns und der Patientin gleichermaßen mit „sehr gut“ beurteilt. Allerdings berichtete sie von Nebenwirkungen der DNG-Therapie, vor allem von Stimmungsschwankungen. Diese Stimmungsschwankungen hatten erheblichen Einfluss auf ihre Lebensqualität, sodass sie die weitere Verwendung von DNG trotz des positiven Einflusses auf die Endometriose-assoziierten Symptome infrage stellte.

Um die induzierte Amenorrhö zu erhalten, schlugen wir der Patientin den Switch auf eine Relugolix-Kombinationstherapie (Relugolix-CT, Ryeqo®) vor, die seit Oktober 2023 auch zur Behandlung der Endometriose zugelassen ist bei Frauen mit vorausgegangener medikamentöser oder chirurgischer Behandlung ihrer Endometriose. Nach 3 Monaten unter der Relugolix-CT war die Effektivität weiterhin sehr gut (VAS 2/10), die Nebenwirkungen aber deutlich geringer.

Diskussion

Dienogest wurde 2010 zur Behandlung der Endometriose in Europa eingeführt. Daten zu Sicherheit und Wirksamkeit zeigen schon lange, dass die Sub­stanz eine effektive Behandlungsoption ist, die Patientinnen mit Endometriose angeboten werden kann [2-4]. Folglich wurde das Gestagen auch in der Leitlinie für die medikamentöse Erstlinientherapie der Endometriose empfohlen [1].

Die Visanne Post-approval Observational Study (VIPOS) wurde konzipiert, um die Sicherheit von DNG 2 mg/Tag im Vergleich zu anderen hormonellen Endometriosebehandlungen zu bewerten, wobei der Fokus insbesondere auf klinisch relevanten Depressionen und Anämie lag [5]. Verglichen wurde gegen andere zugelassene Endometriosemedikamente (OAED) und nicht zugelassene, aber häufig zur Endo­metriosebehandlung verwendete Hormonpräparate (NAED). Insgesamt war die Zahl der bestätigten ­Depressionsfälle gering, die bereinigten Hazard ­Ratios für neue oder sich verschlechternde Depressionen lagen bei 1,8 für DNG vs. OAED und bei 1,5 für DNG vs. NAED. Das Autorenteam folgert, dass „eine leichte Erhöhung des Depressionsrisikos nicht ausgeschlossen werden kann“.

Die Relugolix-CT hat in der Therapie der Endometri­ose einen hohen Stellenwert, wenn eine Gestagentherapie mit Dienogest nicht erfolgreich ist oder wie hier zu nicht tolerierten Nebenwirkungen führt. Im Rahmen der SPIRIT-Zulassungsstudien konnte über einen Zeitraum von 2 Jahren nachgewiesen werden, dass es zu einer signifikanten Reduktion der Dysmenorrhö sowie von nicht menstruellen Unter­bauch­beschwerden kommt [6]. Durch die integrierte Add-back-Therapie (1 mg Estradiol; 0,5 mg Norethi­steronacetat) ist eine Langzeitanwendung möglich, und die Nebenwirkungsrate in den Studien war gering [7].

Pflichttext

Ryeqo 40 mg/1 mg/0,5 mg Filmtabletten. Wirkstoffe: Relugolix, Estradiol, Norethisteronacetat. Zusammensetzung: Jede Filmtablette enthält 40 mg Relugolix, 1 mg Estradiol (als Hemihydrat) und 0,5 mg Norethisteronacetat. Sonst. Bestandteile: Lactose-Monohydrat, Mannitol, Poly(O-carboxymethyl)stärke-Natriumsalz, Hydroxypropylcellulose, Magnesiumstearat, Hypromellose Typ 2910, Titandioxid, Triacetin, Eisen(III)-hydroxid-oxid x H2O. Anwendungsgebiet: Bei erwachsenen Frauen im gebärfähigen Alter zur Behandlung mäßiger bis starker Symptome von Uterusmyomen und zur symptomatischen Behandlung der Endometriose bei Frauen mit vorausgegangener medikamentöser oder chirurgischer Behandlung ihrer Endometriose. Gegenanzeigen: Überempfindlichkeit gg. d. Wirkstoffe o. sonst. Bestandteile; bestehende o. frühere venöse thromboembolische Erkrankung; bestehende o. frühere arterielle thromboembolische kardiovaskuläre Erkrankung; bekannte thrombophile Erkrankungen; bekannte Osteoporose; Kopfschmerzen mit fokalen neurologischen Symptomen o. Migräne mit Aura; bekannte o. vermutete sexualhormonabhängige Malignome; bestehende o. vorausgegangene (benigne oder maligne) Lebertumoren; bestehende o. vorausgegangene schwere Lebererkrankung, sofern sich die Leberfunktionswerte nicht normalisiert haben; Schwangerschaft, vermutete Schwangerschaft u. Stillzeit; Blutungen unbekannter Ursache im Genitalbereich; begleitende Anwendung hormoneller Kontrazeptiva. Nebenwirkungen: Sehr häufig: Kopfschmerzen; Hitzewallung. Häufig: Uterusblutung (einschl. Menorrhagie, Metrorrhagie, vaginale Blutung, Uterusblutung, Polymenorrhö und Menstruation unregelmäßig), vulvovaginale Trockenheit; Reizbarkeit, Libido vermindert (einschl. Libidoverlust, Libidostörung); Schwindel; Übelkeit; Alopezie, Hyperhidrosis, nächtl. Schweißausbrüche; Arthralgie. Gelegentlich: Mamma-Zyste, uterine Ausstoßung eines Myoms; Dyspepsie; Angioödem, Urtikaria. Warnhinweise: Enthält Lactose. Verschreibungspflichtig. Zulassungsinhaber: Gedeon Richter Plc., Gyömrői út 19-21., 1103 Budapest, Ungarn. Stand der Information: Januar 2024.

  1. AWMF-Leitlinie 015/045 – Diagnostik und Therapie der Endometriose, Version 1.0, August 2020
  2. Strowitzki T et al., Fertility and Sterility 2010; 94: 2178–85
  3. Fujiwara H et al., Fertility and Sterility 2014; 102: 147–55
  4. Kohler G et al., Int J Gynecol Obstet 2010; 108: 21–5
  5. Moehner S et al., Eur J Obstet Gynecol Reprod Biol 2020; 251: 212–7
  6. Becker CM et al., Hum Reprod 2024; 39: 526–537
  7. Gludice LC et al., Lancet 2022; 399: 2267–79

Impressum
Bericht: Prof. Dr. med. Thomas Römer I Redaktion und Konzept: Dr. rer. nat. Reinhard Merz
MiM Verlagsgesellschaft mbH (Neu-Isenburg)
Mit freundlicher Unterstützung der Gedeon Richter Pharma GmbH (Köln)

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