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Der kleine Patient

Fieber unklarer Genese – familiäres Mittelmeerfieber?

FMF ist das häufigste periodische Fiebersyndrom, das vor allem Menschen mit Herkunft aus dem östlichen Mittelmeerraum betrifft. Unerkannt kann es zu schweren Schädigungen an Gelenken und Organen führen – entscheidend sind deshalb eine frühe Diagnosestellung und eine entzündungshemmende Dauertherapie.

„Bei Fieber unklarer Genese sollte insbesondere bei Menschen mit Herkunft aus dem östlichen Mittel­meerraum stets an die Möglichkeit eines familiären Mittelmeerfiebers (FMF) gedacht werden“, betonte Dr. med. Sebastian Saur, Universitätsklinikum ­Tübingen, auf einer Veranstaltung zum diesjährigen DGIM-Kongress. Das FMF ist eine genetisch bedingte autoinflammatorische Erkrankung [1]. Die typischen Symptome sind wiederholte kurze, aber teilweise heftige Fieber­schübe (2–3 Tage, > 38 °C), Bauch- oder Brustschmerzen – bedingt durch mögliche Entzündungen des Perikards und/oder des Peritoneums – sowie eine Monoarthritis. Bei diesen Zeichen einer systemischen Inflammation ohne Erregernachweis und Nichtansprechen auf Antibiotika sollte ein FMF in Betracht gezogen werden!

Typische klinische und genetische Merkmale

Die Diagnose eines FMF gestaltet sich oft langwierig: Die unspezifische Symptomatik, die von Fieberschüben und starken Bauchschmerzen geprägt ist, lässt häufig eher einen Infekt oder eine Appendizitis vermuten. Mögliche weitere Symptome eines FMF sind außerdem Arthralgien großer Gelenke oder Arthritis, z. B. in Knie-, Fuß- und Handgelenken. Ursache des FMF ist eine erhöhte Aktivität des Enzyms Caspase-1, die zu einer Überproduktion von Inter­leukin(IL)-1β führt und damit die autoinflammatorischen Prozesse anstößt. Das FMF ist mit Mutationen im MEditerranean FeVer-Gen (MEFV) assoziiert [1]. Ein Nachweis der Genmutation kann zwar hilfreich sein, ein fehlender Nachweis schließt die Erkrankung jedoch nicht aus [1]. Die neuen Eurofever/PRINTO-Klassifikationskriterien kombinieren erstmals genetische und klinische Merkmale und können unterstützend zur Diagnosestellung des familiären Mittelmeerfiebers herangezogen werden [2]. Während eines Krankheitsschubs sind unspezifische Entzündungsmarker wie Akute-Phase-Proteine und Serumamyloid A (SAA) erhöht [3]. Anhand dieser Parameter lässt sich auch abschätzen, wie gut die Erkrankung kontrolliert ist. Erhöhte SAA-Werte sprechen für eine inadäquate Kontrolle der Erkrankung oder für subklinische Schübe [4].

FMF verursacht viel Leid

FMF-Patienten und ihre Betreuer haben einen ­hohen Leidensdruck, insbesondere wenn mit der Standardtherapie Colchicin keine zufrie­denstellende Krankheitskontrolle erreicht werden kann [5]. Bei unzureichend behandelten Patienten können die lang anhalten­den, zum Teil subklinischen Entzündungsreaktionen zu schwerwiegenden Komplikationen führen [1]. Besonders gefürchtet ist die Entwicklung einer Amy­loid-A-Amyloidose der Niere, die vor Einführung der Colchicin-Therapie bei bis zu 75 % der Patienten auftrat [6].

Bedeutung der Krankheitskontrolle

Patienten mit FMF benötigen deshalb eine entzündungshemmende Dauerbehandlung, um irreversible Gelenkdestruktionen und Organschädigungen zu vermeiden. Die Behandlung wird standardmäßig zunächst mit Colchicin durchgeführt [1]. Allerdings sprechen ca. 25 % der Patienten nicht ausreichend auf Colchicin an oder sie vertragen es nicht in der benötigten Dosis [7]. Laut Expertenkonsens ist von einer Colchicin-Resistenz auszugehen, wenn bei maximal tolerabler Colchicin-Dosis und überprüfter Therapieadhärenz wiederholt typische klinische ­Attacken (im Durchschnitt ≥ 1/Monat über einen Zeitraum von drei Monaten) auftreten oder ­C-reaktives Protein (CRP)/SAA zwischen Fieberattacken dauerhaft erhöht sind [8].

IL-1-blockierende Biologika bei Colchicin-Resistenz

Bei unzureichender Colchicin-Wirksamkeit oder -Unverträglichkeit sollte die Therapie mit dem Ziel intensiviert werden, die Krankheitsaktivität zu kon­trollieren und die Niere zu schützen [1]. Für Patienten mit Colchicin-Resistenz wird der Einsatz einer gegen IL-1 gerichteten Therapie empfohlen [1]. Bei therapietreuen Patienten, bei denen Colchicin nur ungenügend wirkt, sollte die IL-1-Blockade mit ­Colchicin weitergeführt werden [1].

Wirksamkeit in Langzeitstudien gezeigt

Die Wirksamkeit des IL-1β-Antagonisten Canakinumab (Ilaris®) wurde in kontrollierten Studien untersucht. Canakinumab führte zu einer schnellen und anhaltenden Besserung der Beschwerden mit rascher Schubkontrolle, Eindämmung der Entzündung, lang anhaltender Inaktivität der Erkrankung (Remission) über mehrere Jahre [11] sowie zu einer Besserung der gesundheitsbezogenen Lebensqualität (HRQoL) [7]. Canakinumab war in der zulassungsrelevanten Phase-III-Studie CLUSTER u. a. bei Patienten mit Colchicin-resistentem FMF gegenüber Placebo überlegen (p < 0,005) [12]. Von den crFMF-Patienten erreichten 61 % unter der empfohlenen Anfangsdosis von 150 mg Canakinumab eine komplette klinische Remission (p < 0,0001 vs. Placebo). Bei unzureichendem Ansprechen ermöglichte eine Dosissteigerung im ersten Monat auf 300 mg (bzw. 4 mg/kg Körpergewicht alle vier Wochen) eine weitere Verbesserung der Remissionsrate auf 71 % (Abb.).

Auch serologisch bestätigte sich der hohe Anteil an Remissionen. Häufigste unerwünschte Ereignisse in Studien mit FMF-Patienten waren ­Infektionen (hauptsächlich der oberen Atemwege), Bauchschmerzen, Kopfschmerzen und Reaktionen an der Einstichstelle. Opportunistische Infektionen traten nicht auf. Dies bestätigte sich auch in der Epoche 4 der CLUSTER-Studie über eine Behandlungsdauer von insgesamt 72 Wochen. Über die gesamte Studien­­dauer blieben 58 % der Patienten ohne Schübe [13]. Die Wirksamkeit und Sicherheit von Canakinumab zeigte sich darüber hinaus in der Routine-Anwendung [14].

1 Kallinich T et al., Z Rheumatol 2019; 78: 91–101
2 Gattorno M et al., Ann Rheum Dis 2019; 78: 1025–1032
3 Foeldvari I et al., Z Rheumatol 2009; 68: 726–732
4 Duzova A et al., Clin Exp Rheumatol 2003; 21: 509–514
5 Kümmerle-Deschner J et al., Clin Exp Rheumatol 2020; 38 (Suppl 127): 26–34
6 Lachmann HJ et al., Arthritis Rheum 2011; 63: 314–324
7 Kümmerle-Deschner JB, Z Rheumatol 2016; 75: 542–555
8 Ozen S et al., Arthritis Rheumatol 2019; 71 (Suppl 10)
9 www.medizin.uni-tuebingen.de/files/ view/ 3NRLkQ5rnlnmanJz9qV4ba26/FMF%20.pdf,Stand: 19.03.2021
10 Foeldvari I et al., Arthritis Rheumatol 2018; 70 (Suppl 10)
11 Kacar M et al., J Inflamm Res 2020: 13: 141–149
12 De Benedetti F et al., N Engl J Med 2018; 378: 1908–1009
13 Ozen S et al., Ann Rheum Dis 2020; 79: 1362–1369
14 https://acrabstracts.org/abstract/long-term-efficacy-and-safety-of-canakinumab-in-patients-with-autoinflammatory-­periodic-fever-syndromes-first-interim-analysis-of-the-fmf-traps-hids-mkd-subgroup-of-the-reliance-registry/, Stand: 19.03.2021
15 Patin E, Nat Immunol 2020; 21: 833–834

Impressum
Bericht: Dr. med. vet. Beate Grübler I Redaktion: Dr. phil. nat. Claudia Schierloh I Konzept: Elke Engels
MiM Verlagsgesellschaft mbH (Neu-Isenburg)
Mit freundlicher Unterstützung der Novartis Pharma GmbH (Nürnberg)

Bildnachweis: privat

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