Chronische Schmerzen – insbesondere Rückenschmerzen – lassen sich heutzutage recht gut mit konservativen Therapien behandeln. Medizinische Leitlinien empfehlen Bewegung/Sport als effektive Maßnahme. Doch gibt es Sportarten, die sich besonders dafür eignen, oder was ist wichtig bei der Auswahl einer effektiven Betätigung?
Die Ursachen für chronische Schmerzen sind meist multifaktoriell und einzelne Ursachen können eher selten festgestellt werden, was kausale Therapieansätze erschwert. Akute Schmerzen, beispielsweise im Rückenbereich (Lendenwirbelsäule, Halswirbelsäule, Brustwirbelsäule), bessern sich aber häufig von selbst.
Schmerzlindernd können verschiedene Bewegungsarten bei subakuten und chronischen Schmerzen wirken – teilweise können sie auch Schmerzen vorbeugen. Ruhe und Schonung sind nicht mehr empfohlen, Aktivität ist der Schlüssel. Gerade bei chronischen Schmerzen muss allerdings auch der Bio-Psycho-Soziale-Kontext berücksichtigt werden – nur Verbesserung von Haltung, Beweglichkeit und Kraft werden nicht ausreichen.
Bekannt ist die WHO-Empfehlung zu 30 Minuten moderater körperlicher Aktivität pro Tag [1]. Moderate Aktivitäten sind bereits Spaziergänge, Hausarbeit oder auch Gartenarbeit.
Aktivität ist ein Schlüssel zur Schmerzreduktion – unter Berücksichtigung des Bio-Psycho-Sozialen-Kontexts.
Patienten einbeziehen
Nach einem akuten Schmerzereignis muss nicht gleich die große Diagnostik herausgeholt werden – bei anhaltenden oder zunehmenden Schmerzen über einen längeren Zeitraum ist jedoch eine ärztliche Abklärung inklusive weiterführender Diagnostik angeraten. Im Folgenden wird der Rückenschmerz in den Fokus genommen.
Plausible Wirkmechanismen darzulegen, ist in der Arzt-Patienten-Kommunikation entscheidend, um die Patienten auch „mitzunehmen“ und den eingeschlagenen Behandlungspfad gemeinsam gehen zu können. Die Aussage „Ihre Muskeln sind zu schwach – also trainieren Sie“ bringt uns nicht weiter. Ebenso „Sie können sich nicht runter beugen, also sind Ihre Muskeln verkürzt“.
Wissenschaftliche Studien zu diesem Thema zeigen meist das biologische (strukturelle) Ursachen-Modell auf [2]. Demnach ist also nicht verwunderlich, dass Patienten und Therapeuten häufig glauben, Muskelkraft, Körperhaltung, Beweglichkeit, Stabilität und muskuläre Kontrolle seien die Faktoren, die verbessert werden müssen, damit eine Übung funktioniert und der Schmerz weggeht.
Tatsächlich korrelieren die Verbesserungen von Beweglichkeit, Kraft oder Ausdauer nicht mit einer Linderung der Schmerzsymptomatik bei chronischen Rückenschmerzen [3]. Das bedeutet nicht, dass körperliche Aktivitäten nicht wirkungsvoll sind – es heißt nur, dass das Erreichen des Ziels, z. B. eine Beweglichkeitsverbesserung, nicht unbedingt nötig ist für eine Schmerzreduktion.
Auch die Wahrnehmung spielt eine Rolle
Es dürfen auch psychosoziale Faktoren nicht vergessen werden. Ein aktives Übungsprogramm kann die schmerzbezogene Selbstwahrnehmung verbessern und Angst vor Bewegungen nehmen. Die Stimmung verbessert sich und die Wahrnehmung der eigenen Einschränkung durch die Schmerzen. Die persönliche Schmerzwahrnehmung wird ebenfalls reduziert.
Gleichzeitig hilft Sport auf der Herz-Kreislauf-Ebene aerobe Fitness, Körpergewicht und -zusammensetzung zu verändern. Alle diese Faktoren haben bei verschiedenen Menschen in unterschiedlichem Maße Einfluss auf Rückenschmerzen – es sind positive Faktoren – „die beste Übung/den besten Sport“ gibt es jedoch nicht.
Krafttraining
Schon lange wird Krafttraining in der Behandlung von Rückenschmerzen angewandt – es wurden diverse Geräte und Kraftzirkel entwickelt – immer wieder dreht es sich dabei um „Rückenstrecker“, also die „hintere Kette“. Zu dieser hinteren Kette zählen die rückenstreckenden Rumpfmuskeln inklusive der hüftstreckenden Muskeln im Gesäß [4]. Übungen sind u. a. Rückenstreckübungen bäuchlings auf einer Bank liegend, Kreuzheben, Kniebeugen oder Hüftheben.
Isolierte Kraftübungen, auch für einen Teil des Rückens, können Schmerzen und schmerzbedingte Bewegungseinschränkungen reduzieren. Bei der Ausführung kann sowohl eine über das volle Bewegungsausmaß als auch eine reduzierte Bewegung bereits zu Verbesserungen führen [5]. Vorteile zu Übungen der hinteren Kette, die zusätzlich andere Muskeln einbeziehen, bestehen eher nicht. Zudem ist das Training der hinteren Kette möglicherweise effektiver als ein generelles Krafttraining oder Gehen, das diese Muskeln ausspart [4].
Insgesamt sind alle Bewegungen und speziellen Übungsprogramme als sicher und effektiv bei Rückenschmerzen einzustufen. Das ausgewählte Übungsprogramm sollte Freude bereiten und muss längerfristig durchgeführt werden. Je nach Präferenz kann Training in einer Gruppe oder im Studio zusätzliche psychosoziale Unterstützung und Motivation geben.
Der Autor
Dr. med. Christian Schneider
Privatärztliche Gemeinschaftspraxis Orthopädiezentrum Theresie
Dres. Schneider und Obersteiner
80339 München
praxis@oz-theresie.de
www.oz-theresie.de
Bildnachweis: lioputra (gettyimages); privat