Die Sommer werden heißer und wir kommen nicht umhin, Praxisabläufe an die geänderten Bedingungen anzupassen. Mit den notwendigen Maßnahmen können wir unsere Patientinnen schützen und schaffen gleichzeitig ein „cooles“ Klima für das Praxisteam.
Die Erderwärmung beträgt erstmals durchschnittlich über 1,5 Grad, meldete die Tagesschau im Februar 2024 basierend auf den Daten des EU-Klimadienstes. Und die WHO bezeichnete die Klimakrise 2021 als größte Bedrohung für die Gesundheit. „Sonne ist Leben, aber (zu viel) Sonne ist auch der Tod.“ Die gefährliche Erwärmung und die dadurch spürbar längeren und intensiveren Hitzewellen erfordern neue Maßnahmen in der Praxis; insbesondere in diesen 3 Bereichen:
Der Umgang mit höheren Lufttemperaturen in Gebäuden stellt neue Anforderungen an den Arbeitsschutz. Nach der Arbeitsstättenverordnung (ArbStättV), unter die auch Arztpraxen fallen, liegt die ideale Raumtemperatur zwischen 21 °C und 26 °C. Thermische Belastungen des Körpers können zu gesundheitlichem Risiko, zur Reduzierung der Leistungsfähigkeit und zu einer erhöhten Unfallgefährdung führen.
Die notwendigen Hitzeschutzmaßnahmen erfordern deshalb sofortige Anpassungen: sowohl technisch als auch organisatorisch und personenbezogen.
Im Zuge eines Team-Meetings sollte zunächst im gegenseitigen Einvernehmen eine Bestandsaufnahme (ggf. mit Gefährdungsbeurteilung) erfolgen, situativ notwendige Aktionen festgelegt und konkrete Maßnahmen schriftlich im Praxis-Qualitätsmanagement als sogenannter „Hitzeschutzplan“ (Heatmap) verbindlich dokumentiert werden. Nicht zu vergessen: konkrete Handlungsanweisungen und ein Überbrückungskonzept für Extremsituationen. Dazu zählen z. B. auch die Nutzung der sogenannten „Warnwetter-App“ des Deutschen Wetterdienstes sowie Verhaltensregeln bei Stromausfall (siehe Kasten).
Abkühlung und Schutz vor Überwärmung
Viele praktische Hinweise liegen eigentlich auf der Hand – trotzdem werden sie nur selten umgesetzt:
Arbeit entsprechend der Witterung organisieren
Wenn es draußen richtig heiß ist, wird es auch drinnen schnell unangenehm warm. Trotzdem kann das Praxisteam nicht einfach nach Hause gehen und „Hitzefrei“ nehmen. Hier gilt es, kreativ nach neuen Lösungen und Angeboten zu suchen, z. B.
Patientinnen in gynäkologischen Praxen benötigen oft besonderen Schutz, insbesondere chronisch Kranke, Schwangere, Stillende, klimakterische Patientinnen. Wirksamste Maßnahme zum Schutz der Patientinnen ist eine Anpassung der Sprechstundenzeiten bei extremer Hitze (Früh-/Spät-Sprechstunden). Termine von vulnerablen Patientinnen sollten auch kurzfristig verschoben werden, damit sie nicht bei brütender Hitze in die Praxis kommen müssen. Als zusätzlichen Service für Risikopatientinnen kann eine Sonder-Telefonsprechstunde (Hotline an Extremtagen) angeboten werden.
Viele praktische Hinweise liegen auf der Hand – trotzdem werden sie nur selten umgesetzt.
Auch wenn den Patientinnen in der Regel allgemeine Verhaltensempfehlungen für heiße Tage bekannt sind, sind Kompetenz und persönliche Unterweisung durch Frauenärztinnen und Frauenärzte oft überzeugender. Konkrete patientenrelevante Maßnahmen könnten zum Beispiel auf einem individualisierten, schriftlichen „Beratungsrezept“ (analog dem Privatrezept auf DIN A5 oder DIN A4) aufgelistet und ausgehändigt werden. Beispiele:
Konkrete Hinweise für Ihre Patientinnen könnten weiterhin sein:
Alle strukturellen und prozessorientierten Schutz- und Verhaltensmaßnahmen, die für das Praxisteam selbst bei hohen Temperaturen hilfreich sind, sollten auch den Patientinnen empfohlen werden. Prüfen Sie, ob Sie das Element „Wasser“ in Ihren Räumlichkeiten integrieren können. Die kühlende und energetische Wirkung von Wasser mit Verdunstungseffekten ist schon lange bekannt (z. B. arabisch-islamische Gartenkunst, Patios in Spanien, chinesische Harmonielehre Feng Shui). Zimmer-Springbrunnen können mit dem leisen Plätschern im Raum, der angenehmen Atemluft und einer naturnahen Dekoration für eine besondere Wohlfühlatmosphäre sorgen.
Klimabedingte sehr heiße Tage und Hitzewellen sind eine Herausforderung für alle. An der Seite der Patientinnen wird ein sensibel agierendes, geschultes und selbstfürsorgliches Praxisteam mit konkreten Handlungsempfehlungen und sichtbaren Aktionen ein verlässlicher Gesundheitspartner sein und bleiben. Eine laufende Evaluierung der praxisinternen Hitzeschutzmaßnahmen sollte im Praxis-Qualitätsmanagement vorgesehen werden (PDCA-Zyklus).
Nützliche Links:
Warnwetter des DWD: www.dwd.de/DE/wetter/warnungen_gemeinden/warnWetter.html
Bundesamt für Bevölkerungsschutz und Katastrophenhilfe: https://www.bbk.bund.de/DE/Warnung-Vorsorge/Vorsorge/Bevorraten/bevorraten_node.html
Bundesgesundheitsministerium Hitzeschutz: https://hitzeservice.de/
Kassenärztliche Bundesvereinigung „Checkliste“: https://www.kbv.de/html/klimaschutz.php
Anleitung zu Armbädern: https://www.kneipp.com/de_de/kneipp-wissen/kneipp-anwendungen/kaltes-armbad/
Die Autorin
Theresia Wölker
Beraterin und Fachreferentin im Gesundheitswesen
(Schwerpunkte QM, Kommunikation, Stressbewältigung und Resilienz)