Das polyzystische Ovarialsyndrom (PCOS) ist eine der häufigsten endokrinologischen Erkrankungen bei Frauen im reproduktiven Alter. Neben den hormonellen Veränderungen ist Adipositas ein zentraler Faktor, der sowohl die Entstehung als auch die Schwere des Syndroms beeinflussen kann.
Das polyzystisches Ovarialsyndrom wurde 1935 erstmals beschrieben. Es handelt sich um ein Symptomkomplex, der aus Amenorrhö bis Oligomenorrhö, Adipositas und Hyperandrogenismus besteht. Er ist der Ausdruck einer vielschichtigen Funktionsstörung der Ovarien.
Die genaue Ätiologie von PCOS ist multifaktoriell, wobei genetische, endokrine und umweltbedingte Faktoren eine Rolle spielen. Eine der Hauptursachen ist eine Insulinresistenz, die unabhängig vom Körpergewicht auftritt, aber durch Adipositas signifikant verstärkt wird [1]. Die resultierende Hyperinsulinämie stimuliert die Ovarien und die Nebennieren, mehr Androgene zu produzieren, was den Hyperandrogenismus und die anovulatorischen Zyklen weiter verstärkt [2].
Adipositas als verstärkender Faktor
Über 50 % der Frauen mit PCOS sind adipös. Es ist gut dokumentiert, dass Adipositas den Schweregrad der PCOS-Symptome verschlimmern kann. Dies geschieht durch eine Vielzahl von Mechanismen, die sich überschneiden:
Diagnostik und Therapie
Die erste Deutsche Leitlinie „Diagnostik und Therapie des polyzystischen Ovarsyndroms (PCOS)“ soll Ende 2024 erscheinen. Die internationale Leitlinie von 2023 darf bis zum Erscheinen als Standard gelten [6]. Sie hält u. a. fest: Frauen mit PCOS haben ein erhöhtes kardiovaskuläres Risiko und sollten mindestens bei der Erstdiagnose dafür gescreent werden (mittels Serum-Cholesterin, LDL [„low-density lipoprotein“], HDL [„high-density lipoprotein“]). Der AMH(Anti-Müller-Hormon)-Wert kann statt der Sonografie für die Diagnostik eines PCOS eingesetzt werden. Zur Diagnostik einer pathologischen Glucosetoleranz sollte der 75-g-OGTT (oraler Glucosetoleranztest) verwendet werden. Nur in Ausnahmefällen kann der Nüchternglucosewert oder der HbA1c statt des OGTT zur Beurteilung der Glucosetoleranzstörung verwendet werden [7].
Bereits eine moderate Gewichtsreduktion kann signifikante Verbesserungen bei vielen PCOS-Parametern bewirken.
Adipositas-Management bei PCOS
Angesichts der Auswirkungen von Adipositas auf PCOS-Symptome wird das Gewichtsmanagement als zentrale therapeutische Strategie empfohlen. Es gibt Hinweise darauf, dass bereits eine moderate Gewichtsreduktion signifikante Verbesserungen in Bezug auf den Insulinstoffwechsel, den Menstruationszyklus und die Androgenspiegel bewirken kann [8]. Insbesondere eine Kombination aus Ernährungsumstellung und regelmäßiger körperlicher Aktivität hat sich als effektiv erwiesen, um sowohl metabolische als auch reproduktive Parameter zu verbessern.
Bei stark adipösen Patientinnen, bei denen eine alleinige Lebensstiländerung nicht ausreichend ist, kann zunächst der Einsatz von Metformin erwogen werden. Metformin wirkt primär durch die Verbesserung der Insulinempfindlichkeit. Studien haben gezeigt, dass Metformin auch bei Frauen mit PCOS den Androgenspiegel senken, den Menstruationszyklus normalisieren und das Risiko für kardiovaskuläre Komplikationen verringern kann.
Mittlerweile sind mit Liraglutid, Semaglutid und Tirzepatid auch mehrere GLP-1-Rezeptorantagonisten zur Unterstützung der Änderung des Lebensstils für die Behandlung von Adipositas zugelassen [9-11]. Die Gewichtsreduktion war in den Studien vor allem auf eine Verringerung des Fettgewebes zurückzuführen und resultierte in einer Verbesserung der Körperzusammensetzung im Vergleich zu Placebo. Für alle 3 Wirkstoffe wurden darüber hinaus positive kardiometabolische Effekte beschrieben, inkl. einer Reduktion der Serumlipide, des Blutdrucks und des Taillenumfangs.
Adipositas spielt eine entscheidende Rolle in der Pathophysiologie des PCOS. Die Wechselwirkung zwischen Insulinresistenz, Hyperandrogenismus und chronischen Entzündungsprozessen führt zu einer Verschlechterung des klinischen Bildes. Eine Gewichtsreduktion, sei es durch Lebensstiländerungen oder pharmakologische Interventionen, stellt eine der wirksamsten Strategien dar, um sowohl metabolische als auch reproduktive Symptome zu lindern. Angesichts der weitreichenden Folgen von Adipositas bei PCOS-Patientinnen ist ein frühzeitiges, multidisziplinäres Management entscheidend.