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Dermatologie

Ossäre Metastasierung

Skelettalen Komplikationen frühzeitig vorbeugen

Dr. med. Yuri Sankawa

3.11.2023

Nach Leber und Lunge bilden Knochen den häufigsten Metastasierungsort für solide Tumoren. Bei Tumoren der Haut muss am ehesten beim kutanen malignen Melanom mit einer Skelettmetastasierung gerechnet werden. Um Komplikationen bei den Betroffenen zu vermeiden, sollten frühzeitig Osteoprotektiva eingesetzt werden.

Knochenmetastasen treten am häufigsten bei ­Primärtumoren der Mamma (70 %), Prostata (85 %), Lunge und Niere (jeweils 40 %) sowie beim multiplen Myelom (95 %) auf [1]. Die Wahrscheinlichkeit, Skelettmetastasen auszubilden, ist dagegen beim malignen Melanom vergleichsweise niedrig – verglichen mit Lokalisationen wie der Lunge, der Leber oder dem Gehirn. Das Risiko wird im fortgeschrittenen Tumorstadium mit 17–52 % angegeben, je nach Population und Tumorstadium kann die Inzidenz deutlich niedriger ausfallen und selbst im Verlauf bei < 5 % liegen [2,3].

Das Thema Knochenmetastasierung ist beim Melanom allerdings relativ schlecht untersucht und die Datenlage begrenzt [4,5]. Manifestieren sich beim Melanom ossäre Metastasen, sind sie meist im ­Achsenskelett lokalisiert und morphologisch in erster Linie knochenabbauende (osteolytische) Skelettmetastasen [6]. Bei nicht melanozytären Hauttumoren werden Knochenmetastasen noch seltener beobachtet: Auch wenn kutane Basalzellkarzinome als häufigste Hautkrebsform theoretisch sowohl vaskulär als auch lymphatisch metastasieren, sind Fern-/Knochenmetastasen selten und in der Literatur allenfalls in Einzelfallberichten zu finden [7]. Kutane Plattenepithelkarzinome gehören zwar zu den am häufigsten metastasierenden Malignomen der Haut, skelettale Metastasen sind aber auch hier sehr selten [8].

Skelettale Komplikationen

Unabhängig vom Tumortyp ist bei Vorliegen ossärer Metastasen im Schnitt alle 3–6 Monate mit einer der potenziellen Skelettmetastasen-bedingten Komplikationen (skeletal related events, SRE) zu rechnen [9]. Diese reichen von Schmerzen im Achsenskelett über neurologische Ausfälle bzw. spinale Kompressionssyndrome bis hin zu pathologischen Frakturen mit entsprechendem Funktionsverlust. Systemisch können hyperkalzämische Krisen auftreten. In einer britischen Kohorte von Patienten mit metastasiertem Melanom (n = 89) wurden hyperkalzämische Episoden (22,5 %) vergleichsweise häufig als skelettbezogene Komplikation beobachtet und mit einem besonders schlechten Outcome assoziiert [5]. In einer multizentrischen italienischen Real-World-Patientenkohorte (n = 305) wurde eine Hyperkalzämie dagegen lediglich in 1 Fall berichtet [4]. Die Zunahme von Morbidität und Mortalität knochenmetastasierter Patienten spiegelte auch das mediane Gesamtüberleben ab Diagnosestellung der Knochenmetastasen in dieser Kohorte mit 10,7 Monaten wider; als prädiktiv dafür erwies sich die Anzahl der Knochenmetastasen (≥ 5 vs. < 5) – neben dem LDH-Wert (≤ 2 × oberer Normwert [ULN] vs. > 2 × ULN), der Anzahl der von Metastasen betroffenen Organe (< 3 vs. ≥ 3), dem Vorliegen viszeraler Metastasen und der Art der systemischen Tumortherapie (molekular zielgerichtet / Checkpoint-Inhibitor vs. Chemotherapie) [4].

Über zwei Drittel der Betroffenen profitieren hinsichtlich der Schmerz­palliation von einer Radiatio.

Radiotherapie lindert klinische Symptome

Von Knochenmetastasen Betroffene sind auf ein in­ter­dis­ziplinär abgestimmtes Management an­ge­wie­sen, das schmerzlindernde, chirurgische/tumor­ort­ho­pä­dische, systemisch antitumorale, radio­­thera­peut­ische sowie osteoprotektive Therapiemaßnahmen einschließt. Ziel ist die Verhinderung einer Progression der ossären Metastasierung sowie die symp­to­matische Palliation [1]. Eine wichtige palliative Maßnahme zur Linderung der klinischen Symptome stellt dabei die Bestrahlung dar. Auch bei erhöhtem Frakturrisiko kann eine Radiatio sinnvoll sein [10] – 40 % der Responder berichten bereits innerhalb von 10 Tagen über günstige Therapieeffekte, v. a. eine Schmerzlinderung [1]. Bei Ausschöpfung radiotherapeutischer Verfahren stellen v. a. bei Wirbelkörpermetastasen lokale Ablationsverfahren (Radiofrequenz, Mikro­wellen, Kryoablation) eine Alternative dar, um Schmerzen zu lindern und die Tumorlast im Knochen zu verringern [1].

Osteoprotektion frühzeitig beginnen

Durch den Einsatz der osteoprotektiven Bisphosphonate und RANK-Ligand-Inhibitoren können SRE hinausgezögert oder verhindert werden. Die antiresorptive Therapie ist auch Bestandteil der Schmerz­therapie: Die Stabilisierung des Knochens wirkt sich positiv auf den neuropathischen Schmerz aus [6]. Bei einer Niereninsuffizienz sind Bisphosphonate jedoch nur eingeschränkt anwendbar (oral und ­parenteral), bei Hypokalzämie in der Vorgeschichte sind beide Sub­stanzklassen kontraindiziert [6]. Zu beachten ist auch, dass der RANK-Ligand-Antikörper Denosumab anders als Bisphosphonate nicht dauerhaft in die Knochenmatrix eingelagert wird und bei Absetzen Rebound-Effekte drohen [1].

Auch wenn es zu ossär metastasierten Melanompatienten, die frühzeitig mit osteoprotektiven Sub­stanzen behandelt werden, nur wenige Untersuchungen gibt, scheinen sie doch von einer Reduktion des SRE-Risikos sowie Verzögerung der SRE-Entwicklung zu profitieren [4,5]. Ein verbessertes Überleben unter osteoprotektiver Therapie bei fortgeschrittenem Melanom wurde bislang nicht nachgewiesen.

Erste Hinweise liegen vor, dass die neueren Immuntherapien und zielgerichteten Therapien beim knochenmetastasierten Melanompatienten potenziell günstige ­Effekte haben könnten. Auch sollten mögliche Zusatzeffekte wie verstärkte Immun­antwort und T-Zell-Aktivität durch eine palliative Radiatio im Zusammenhang mit einer Checkpoint-Inhibiton beim knochenmetastasierten Melanompatienten durch prospektive Studien weiter evaluiert werden [4].

Fazit

Auch wenn Knochenmetastasen bei Tumoren der Haut weniger typisch sind als für viele andere solide Primärtumoren, ist zu bedenken, dass ihr Auftreten bei Melanompatienten mit einer besonders ungünstigen Prognose verbunden ist. Der Einsatz osteoprotektiver Sub­stanzen sollte daher früh erwogen werden.

1 Coleman R et al., Ann Oncol 2020; 31: 1650–63
2 Sethakorn N et al., Cancers (Basel) 2022; 14: 757
3 Hernandez RK et al., BMC Cancer 2018; 18: 44
4 Mannavola F et al., Front Oncol 2020; 10: 1652
5 Zekri J et al., J Bone Oncology 2017; 8: 13–7
6 S3-Leitlinie „Supportive Therapie bei onkologischen Patienten“, AWMF-Reg.-Nr.: 032-054OL, 2020
7 Fram BR et al., Case Rep Orthop 2019; 2019: 1628980
8 Alanazi Y et al., Cureus 2022; 14: e27155
9 Coleman RE, Clin Cancer Res 2006; 12: 6243s–9s
10 S3-Leitlinie „Diagnostik, Therapie und Nachsorge des Melanoms”, AWMF-Reg.-Nr.: 032/024OL, 2020

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