Bei Lehrkräften hat die Pandemie deutliche Spuren hinterlassen. Die überwältigende Mehrheit sieht sich selbst oder ihr Kollegium stark oder sehr stark belastet. Körperliche und mentale Erschöpfung sei sehr verbreitet. Das ist das Ergebnis des Deutschen Schulbarometers.
Die Corona-Pandemie und der Lehrkräftemangel haben an deutschen Schulen tiefe Spuren hinterlassen: Eine überwältigende Mehrheit der Lehrkräfte erlebt das Kollegium (92%) und sich selbst (84%) derzeit als stark oder sehr stark belastet. Für über drei Viertel der Lehrkräfte (79%) ist Wochenendarbeit die Regel und eine Erholung in der Freizeit kaum noch möglich (60%). Die Hälfte leidet unter körperlicher (62%) oder mentaler Erschöpfung (46%). Mehr als jede zehnte Lehrkraft (13%) plant, im kommenden Schuljahr weniger zu arbeiten und das wöchentliche Deputat zu reduzieren. Das zeigen die Ergebnisse des Deutschen Schulbarometers, einer repräsentativen Umfrage der Robert Bosch Stiftung. Zum Zeitpunkt der Befragung im April 2022 stellte die Bewältigung von Corona-Maßnahmen die größte Herausforderung für die Lehrkräfte dar (38%), gefolgt vom Lehrkräftemangel (26%) und dem Verhalten der Schüler (21%).
„Lehrkräfte stehen enorm unter Druck. Sie müssen die Digitalisierung im Rekordtempo nachholen, Corona-Richtlinien überwachen, Lernrückstände aufarbeiten, einen Fachkräftemangel abfedern und eine steigende Zahl von geflüchteten ukrainischen Kindern und Jugendlichen in die Schulen integrieren“, sagt Dr. Dagmar Wolf, Bereichsleiterin Bildung der Robert Bosch Stiftung. Trotz der noch immer sehr hohen Berufszufriedenheit (74%) sei das Belastungserleben der Lehrkräfte in der Pandemie stark angestiegen. „Lehrerin oder Lehrer wird man aus Überzeugung. Aber chronische Überlastung macht auf Dauer krank und unzufrieden. Schulen benötigen deshalb dringend zusätzliches Personal. Dazu gehören Sozialpädagogen und Schulsozialarbeiter, aber auch Verwaltungskräfte, die die Schulleitungen entlasten.“
Schüler: zunehmend Konzentrations- und Motivationsprobleme
Wie zahlreiche Studien derzeit zeigen, zeigt auch die Umfrage, dass seit Beginn der Corona-Pandemie im Frühjahr 2020 ein deutlicher Anstieg von Verhaltensauffälligkeiten bei den Schülern zu beobachten sind, wie fast alle Lehrkräfte (95%) angeben. Im Vergleich zur entsprechenden Befragung im September 2021 ist dieser Anteil in fast allen Bereichen noch einmal gestiegen. So berichten jetzt 80% der Befragten von einer starken Zunahme von Konzentrations- und Motivationsproblemen (2021: 67%). Fast doppelt so viele Lehrkräfte (42%) wie vor einem halben Jahr sehen aggressives Verhalten bei ihren Schülern.
Befragt nach Hilfsangeboten für die Kinder und Jugendlichen verweisen fast drei Viertel der Lehrkräfte auf Angebote der Schulsozialarbeit. Sprechstunden von Schulpsychologen finden an der Hälfte der Gymnasien und Berufsschulen statt, jedoch lediglich an einem Drittel der Haupt-, Real- und Gesamtschulen und nur an einem Viertel der Grundschulen.
Pressemitteilung der Robert Bosch Stiftung, Juni 2022