Wie Pädiater die Relevanz klimawandelbedingter Gesundheitsfolgen einschätzen, haben Forscher der Ludwig-Maximilians-Universität München erforscht. Pädiater haben einen einzigartigen Blick auf die hitzetechnisch besonders vulnerable Gruppe der Kinder.
Forscher der Ludwig-Maximilians-Universität München haben mit einer Befragungsstudie bei Pädiatern nun erfasst, wie Pädiater die Relevanz klimawandelbedingter Gesundheitsfolgen einschätzen, über welche Kanäle sie am effektivsten erreicht werden können, wie häufig klimawandelspezifische Präventionsmaßnahmen durchgeführt und wie diese bewertet werden. Hierzu wurde zwischen Februar und Juli 2020 eine Online-Befragung von Pädiatern durchgeführt. Die Querschnittsumfrage sollte Kenntnisse und Einstellungen zur Relevanz des Klimawandels, zu Informationsquellen und Präventionsmaßnahmen liefern. Unterschiede zwischen Gruppen wurden mittels einfaktorieller Varianzanalyse ermittelt. Zusammenhänge wurden mit der bivariaten Korrelationsanalyse nach Pearson ermittelt und auf Signifikanz zweiseitig überprüft. Insgesamt konnten 408 Fragebögen ausgewertet werden. Über 95% der Befragten waren Pädiater, wobei knapp die Hälfte in Kinderkliniken und ein gutes Drittel in pädiatrischen Praxen arbeiteten.
Nach Ansicht von Pädiatern hat der Klimawandel einen relevanten Einfluss auf die Gesundheit von Kindern. Als am bedeutsamsten wurden die gesundheitlichen Auswirkungen durch eine längere und stärkere Pollensaison, Neophyten und Neozoen, Borreliose und FSME (Frühsommer-Meningoenzephalitis), UV-Strahlung sowie Luftschadstoffen eingeschätzt. Zertifizierte Fortbildungen in Fachzeitschriften sowie die Teilnahme an Vorträgen oder Workshops auf einschlägigen Kongressen wurden als die beiden bevorzugten Fortbildungsarten identifiziert. Vor allem Fachzeitschriften als die am häufigsten genutzte Informationsquelle könnten als geeignete Mittel dienen, um möglichst viele Pädiater zu erreichen. 76% der Pädiater führten bislang keine entsprechenden Präventionsmaßnahmen durch, obgleich 80% Informationsmaßnahmen für Eltern und Kinder als effektiv einschätzten. Die Möglichkeiten, klimawandelorientierte Präventionsangebote in den Praxisalltag zu integrieren, wurden hingegen als weniger gut beurteilt. Als häufigster Grund wurde dabei Zeitmangel genannt.
Obwohl sich Pädiater mit dem Thema beschäftigen, gibt es ein Defizit der Umsetzung in der Praxis mit dem Thema Klimawandel und Gesundheit. Es besteht ein Unterstützungsbedarf im Sinne einer Intensivierung von Aufklärungsprojekten und Bildungsmodulen für Pädiater, um vom Wissen zum Handeln zu gelangen. Nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation WHO sterben pro Jahr 1,7 Millionen Kinder unter 5 Jahren im Zusammenhang mit auch klimawandelbedingten Umweltbelastungen (2012). Solche Risiken zu reduzieren, so die WHO, könnte 25% der Kinder das Leben retten.
Edlinger M et al.; Z Evid Fortbild Qual Gesundhwes. 2022 Jun 13:S1865-9217(22)00046-0 (DOI 10.1016/j.zefq.2022.03.007 | PMID 35710526).