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Neurologie

Luftverschmutzung führt zu kognitiven Beeinträchtigungen

27.12.2024

Neue Forschungsergebnisse zeigen, dass Luftverschmutzung auch die Gesundheit des Gehirns beeinträchtigen kann. Feinstaub, bekannt als PM2,5, ist eine komplexe Mischung aus vielen Chemikalien, die tief in die Lunge eingeatmet werden kann. Während die Exposition gegenüber PM2,5 schon seit langem mit Gewebeschäden und Entzündungen in der Lunge in Verbindung gebracht wird, gewinnt ihre Rolle bei der kognitiven Beeinträchtigung erst jetzt an Aufmerksamkeit.

In einer aktuellen bevölkerungsbasierten Studie haben Forschende der Universitäten Rostock, Bonn und Luxemburg einen möglichen Zusammenhang entdeckt: Die systemische Entzündung, die durch einen Anstieg der Monozyten ausgelöst wird, könnte ein wichtiger Mediator dafür sein, wie die PM2,5-Belastung zu kognitiven Beeinträchtigungen beiträgt.

Feinstaub und seine Auswirkungen auf die Gesundheit des Gehirns

PM2,5 sind Feinstaubpartikel, die klein genug sind, um in die Lunge und sogar in den Blutkreislauf einzudringen. Eine langfristige Exposition wurde mit neurodegenerativen Erkrankungen wie M. Alzheimer und M. Parkinson in Verbindung gebracht, weshalb die Luftverschmutzung im jüngsten Bericht der Lancet-Kommission über Demenzprävention, -intervention und -versorgung als einer der beeinflussbaren Risikofaktoren aufgeführt wurde (DOI 10.1016/S0140-6736(24)01296-0). Die Mechanismen, durch die PM2,5 die kognitiven Funktionen beeinflusst, sind jedoch noch nicht ausreichend verstanden.

Während sich die meisten Studien zum kognitiven Abbau auf ältere Menschen konzentrieren, gibt es zunehmend Hinweise darauf, dass eine chronische Exposition gegenüber PM2,5 in niedrigen Konzentrationen auch jüngere Erwachsene beeinträchtigen kann. Die Untersuchung dieser Auswirkungen auf eine breitere Bevölkerungsgruppe könnte Aufschluss darüber geben, wie die Exposition im frühen und mittleren Lebensalter zu den langfristigen kognitiven Ergebnissen beiträgt. Um dies zu untersuchen, analysierten die Forscher:innen die Daten von mehr als 66.000 Teilnehmern der niederländischen Lifelines-Kohorte. Sie kombinierten Blutuntersuchungen und kognitiven Tests der erwachsenen Teilnehmer aus einen Zeitraum von zehn Jahren (2006-2015) mit Daten zur Luftverschmutzung an ihrem Wohnort aus dem ELAPSE-Projekt und konnten so neue Erkenntnisse über die Mechanismen gewinnen, die den Auswirkungen der PM2,5 -Exposition auf die Gesundheit des Gehirns zugrunde liegen.

Die Rolle der weißen Blutkörperchen bei kognitiven Störungen

Die Forscher stellten fest, dass die PM2,5 -Exposition mit einer Verschlechterung der kognitiven Verarbeitungszeit korreliert, einem Maß dafür, wie schnell das Gehirn auf Reize reagieren kann. Interessanterweise vermittelte der Anstieg der weißen Blutkörperchen, insbesondere der Monozyten - der größten Untergruppe weißer Blutkörperchen, die an Immunreaktionen beteiligt ist - einen großen Teil dieses Effekts. „Die systemische Entzündung könnte ein wichtiger Vermittler sein, der die PM2,5 -Exposition mit der Beeinträchtigung der kognitiven Funktionen in Verbindung bringt“, erklärt Dr. Benjamin Aretz, Forscher am Universitätsklinikum Bonn und Erstautor der Studie. Dies ist die erste groß angelegte Studie, die Veränderungen der weißen Blutkörperchen direkt mit den kognitiven Auswirkungen von Feinstaub in Verbindung bringt.

Entzündung: Das fehlende Glied?

Während PM2,5 direkt auf das Gehirn einwirken kann, indem es die Blut-Hirn-Schranke überwindet und lokale Entzündungen auslöst, unterstreicht diese Studie die Rolle einer umfassenderen systemischen Entzündung. „Wir nehmen an, dass die Zahl der weißen Blutkörperchen als Reaktion auf die Schadstoffe ansteigt“, erklärt Prof. Dr. rer. soc. oec. Gabriele Doblhammer, Gruppenleiterin am Deutschen Zentrum für Neurodegenerative Erkrankungen (DZNE) in Rostock. „Es ist bereits bekannt, dass Entzündungen eine wichtige Rolle bei der Entstehung neurodegenerativer Erkrankungen spielen. Die Entzündungen, die wir als Reaktion auf die Luftverschmutzung beobachten, könnten daher auch die Immunfunktionen im Gehirn stören und so indirekt die kognitive Gesundheit beeinträchtigen.

Verständnis der Mechanismen zur Entwicklung präventiver Maßnahmen

Angesichts der alternden Bevölkerung und der zunehmenden Verstädterung ist es wichtiger denn je, die Rolle der Luftverschmutzung bei neurodegenerativen Erkrankungen zu verstehen und zu bekämpfen. „Angesichts des starken Zusammenhangs zwischen Luftverschmutzung und kognitiven Defiziten sind weitere Studien unerlässlich, um herauszufinden, welche Schadstoffe und zellulären Mechanismen diesen Effekt vermitteln“, schließt Prof. Dr. med. Michael Heneka, Direktor des Luxembourg Centre for Systems Biomedicine an der Universität Luxemburg und Hauptautor der Studie. Solche Marker könnten als Grundlage für künftige gesundheitspolitische Maßnahmen dienen, die darauf abzielen, die Gesundheitsrisiken für das Gehirn durch eine langfristige Exposition gegenüber PM2,5 zu verringern.

Pressemitteilung „Die verborgene Rolle der Luftverschmutzung bei kognitiven Beeinträchtigungen“ Luxembourg Centre for Systems Biomedicine (LCSB), Universität Luxemburg, 21.10.2024 (https://www.uni.lu/lcsb-de/news/luftverschmutzung-und-kognitive-beeintraechtigungen/).

* Aretz B et al.: The role of leukocytes in cognitive impairment due to long-term exposure to fine particulate matter: A large population-based mediation analysis. Alzheimers Dement. 2024 Oct 16 (DOI 10.1002/alz.14320).

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