Eine jetzt im NEJM publizierte, aktuelle klinische Studie zeigt, dass die Sterblichkeit nach kardiogenem Schock innerhalb von 30 Tagen nicht gesenkt werden kann durch die Verwendung mechanischer, aktiver Herz-Kreislauf-Unterstützung. Das Ergebnis wird künftig nach Meinung der Universität Leipzig ziemlich sicher Einfluss auf die Behandlungsleitlinien haben.
Ein kardiogener Schock wird durch ein Pumpversagen des Herzens und oft durch einen Herzinfarkt ausgelöst. Das Herz schafft es dann nicht mehr, den Kreislauf aufrechtzuerhalten. Nach einem akuten Herzinfarkt mit kardiogenem Schock haben Betroffene innerhalb von 30 Tagen ein Risiko von fast 50% zu versterben. Seit über zehn Jahren werden Patienten oft mit der veno-arteriellen extrakorporalen Membranoxygenierung (VA-ECMO oder ECLS) therapiert. Bei dieser mechanischen Kreislaufunterstützung werden Systeme eingesetzt, die dem erkrankten Herz dabei helfen, das Blut durch den Körper zu pumpen. Eine VA-ECMO kann theoretisch die Funktion des Herzens als auch der Lunge für eine gewisse Zeit übernehmen. Allerdings führt diese Therapieform auch zu möglichen Komplikationen, wie Blutungen oder Beinischämien, einer plötzlichen Unterbrechung der Blutversorgung im Bein, durch die großen verwendeten Kanülen.
Thiele: „Vermutlich ist weniger mehr im kardiogenen Schock
In die von Prof. Dr. med. Holger Thiele, Direktor der Universitätsklinik für Kardiologie am Herzzentrum Leipzig und Präsident der Deutschen Gesellschaft für Kardiologie, geleiteten großen klinischen Studie wurden insgesamt 420 Patienten an 44 Zentren in Deutschland und Slowenien eingeschlossen. Bei Patienten mit akutem Myokardinfarkt und anschließendem kardiogenen Schock wurde die VA-ECMO-Therapie plus der medikamentösen Therapie auf der Intensivstation mit der medikamentösen Therapie auf der Intensivstation alleine verglichen. „Die VA-ECMO senkt entgegen unserer Studienhypothese die 30-Tage-Sterblichkeit nicht. Im Gegensatz zur Standardtherapie war die Sterblichkeit mit 47,8 Prozent versus 49 Prozent statistisch nicht signifikant unterschiedlich. Die VA-ECMO Gruppe hatte sogar mehr Komplikationen wie schwere Blutungen oder Beinischämien. Wir müssen also umdenken und die durch die mechanischen Systeme induzierten Blutungen als auch den zusätzlichen Inflammationsreiz reduzieren. Vermutlich ist weniger mehr im kardiogenen Schock“, sagt Thiele.
Die Resultate konnten zusätzlich mit einer patientenbasierten Metaanalyse gesichert werden, die die Ergebnisse aller bisherigen vier Studien zur mechanischen Herz-Kreislauf-Unterstützung mit VA-ECMO versus Kontrolltherapie verglichen hat. Auch hier zeigte sich kein Überlebensvorteil durch die VA-ECMO bei gleichzeitig mehr Komplikationen.
„Die Studienergebnisse zeigen, dass wir die Häufigkeit der Therapie mit VA-ECMOs in Deutschland und international reduzieren müssen. Das werden die zukünftigen Leitlinien sicherlich auch bald aufgreifen und die Therapie mit aktiven mechanischen Herz-Kreislaufunterstützungssystemen in der Empfehlung herabstufen beziehungsweise sogar generell in der Routine nicht mehr empfehlen“, erläutert Thiele. Jetzt sind Folgestudien geplant, die unter anderem eine einjährige Nachbetrachtung umfassen, um gegebenenfalls Unterschiede im längeren zeitlichen Verlauf zu erkennen. „Auch weiterhin ist es unser Ziel, die sehr hohe Sterblichkeit im kardiogenen Schock zu senken. Das können wir nur durch innovative Studien zeigen.“
Pressemitteilung „Studie zeigt keinen Überlebensvorteil: Trotz mechanischer Herz-Kreislauf-Unterstützung hohe Sterblichkeit bei Herzversagen“. Universität Leipzig, 28.8.2023 (https://www.uni-leipzig.de/newsdetail/artikel/trotz-mechanischer-herz-kreislauf-unterstuetzung-hohe-sterblichkeit-bei-herzversagen-2023-08-28).
* Thiele H et al.: Extracorporeal Life Support in Infarct-Related Cardiogenic Shock. N Engl J Med. 2023 Aug 26 (DOI 10.1056/NEJMoa2307227).
* Zeymer U et al.: Venoarterial extracorporeal membrane oxygenation in patients with infarct-related cardiogenic shock: an individual patient data meta-analysis of randomised trials. Lancet. 2023 Aug 25:S0140-6736(23)01607-0 (DOI 10.1016/S0140-6736(23)01607-0).