Mit einer Inzidenz von 3.500 Neuerkrankungen pro Jahr gehört der Typ-1-Diabetes mellitus (T1D) zu den häufigsten chronischen Stoffwechselerkrankungen im Kindes- und Jugendalter, immer häufiger sind auch Kleinkinder davon betroffen. Jetzt hat das von der Europäischen Union gesponserte, multinationale Projekt KidsAP die Ergebnisse einer randomisiert-kontrollierten Studie zu den möglichen Vorteilen eines hybriden Closed-Loop-System - also einer „künstlichen Bauchspeicheldrüse“ - gegenüber einer sensorunterstützten Pumpentherapie bei sehr jungen Kindern mit T1D vorgelegt.
In die multizentrische, randomisierte Cross-over-Studie wurden von T1D betroffene Kinder im Alter von einem bis sieben Jahren eingeschlossen. Sie wurden in zwei 16-wöchigen Perioden randomisiert behandelt, in denen das Closed-Loop-System mit der sensor-unterstützten Pumpentherapie (Kontrolle) verglichen wurde. Der primäre Endpunkt waren die TIR-Unterschiede der Behandlungen (Time in Range, prozentuale Zeit, in dem der Blutzucker im Zielbereich liegt). Die Analyse erfolgte nach dem Intention-to-treat-Prinzip. Zu den wichtigsten sekundären Endpunkten gehörte die Analyse von in Hyper- resp. Hypoglykämie verbrachter Zeit (prozentual), von HbA1c und des mittleren Sensorglukosespiegels. Auch die Sicherheit der Therapie wurde bewertet.
Insgesamt wurden 74 Teilnehmer randomisiert. Das Durchschnittsalter betrug 5,6 ± 1,6 Jahre und der HbA1c-Ausgangswert 7,3 ± 0,7%. Der TIR-Wert lag während der Closed-Loop-Periode um 8,7 Prozentpunkte (95%-Konfidenzintervall [KI]: 7,4 bis 9,9) signifikant höher als während der Kontrollperiode (p<0,001). Entsprechend reduzierten sich die mittlere adjustierte Differenz (Closed-Loop minus Kontrolle) der in Hyperglykämie verbrachten Zeit um -8,5 Prozentpunkte (95%-KI: -9,9 bis -7,1), die HbA1c-Differenz um -0,4 Prozentpunkte (95%-KI: -0,5 bis -0,3) und die Differenz des mittleren Sensorblutzuckerspiegel um -12,3 mg pro Deziliter (95 %-KI: -14,8 bis -9,8) (p<0,001 für alle Vergleiche). Die in Hypoglykämie verbrachte Zeit war bei beiden Behandlungen vergleichbar (p=0,74). Die mediane im 16-wöchigen Closed-Loop-Modus verbrachte Zeit betrug 95% (Interquartilbereich: 92 bis 97). Während der Anwendung der künstlichen Bauchspeicheldrüse trat nur in einem Fall ein schwerwiegendes unerwünschtes Ereignis im Zusammenhang mit der Behandlung auf - eine schwere Hypoglykämie.
Die Autoren schlussfolgern, dass ein hybrides Closed-Loop-System die glykämische Kontrolle bei sehr kleinen Kindern mit Typ-1-Diabetes signifikant verbessert, ohne die in Hypoglykämie verbrachte Zeit zu verlängern.
Hinweis: Mit hybriden Closed-Loop-Systemen wird die Insulin-Grundversorgung bei T1D-Patienten automatisiert sichergestellt. Mittels Insulinpumpe und einem System zur kontinuierlichen Glukosemessung (CGM-System) wird die Insulinzufuhr automatisch an den Bedarf angepasst. Lediglich bei Mahlzeiten muss noch zusätzlich Insulin gegeben werden („hybrid“). Für Eltern und Kinder bedeuten solche Systeme nach bisherigen Studienergebnissen eine erhebliche Verringerung der Krankheitslast (DOI 10.1111/pedi.12872).
Ware J et al.: N Engl J Med. 2022 Jan 20;386(3):209-219 (DOI 10.1056/NEJMoa2111673 | PMID 35045227).